Bewertung

Review: #3.06 Sir Crispin Crandall (Nr. 86)

Ein Milliardär, der seit drei Jahren eigentlich nur noch in seinem Jet lebt und dort die größten und klügsten Köpfe der Welt in Kryostasekammern gefangen hält. Ein Bankraub in Kanada, nachdem Reddington einer glücklosen Köchin ein Restaurant gekauft hat. Tom Keen im Fight Club. Samar Navabi als Lara Croft-Verschnitt. Es passiert eine Menge abstruses Zeug in dieser Episode. Das ist keineswegs uninteressant, an manchen Stellen sogar richtig spannend. Doch irgendwie wirkt die Episode auch, als hätten die Autoren sämtliche Einfälle, die sie irgendwann einmal hatten, in die Luft geworfen und irgendwie in dieser Folge verwoben.

"I’m going to bring this whole damn thing down on you, Peter. And when I do, your own people will beg me to kill you to stop the bleeding."

Zum wiederholten Mal beschäftigen wir uns mit einem Namen auf der Blacklist, der beim genauen Hinschauen dort eigentlich gar nicht drauf stehen dürfte, denn Raymond Reddington kannte ihn bis zu seinem Auffinden überhaupt nicht. Wie also landete er auf der Liste und das auch noch an Nummer 86, vor solch illustren Charakteren wie dem Mombasa Kartell oder dem guten Samariter? Wenn man glauben mag, dass Raymond Reddington sich irgendetwas bei der Blacklist gedacht hat – und sei es nur eine Liste mit potentiell ihm gefährlichen Menschen und Organisationen zu erstellen, da kann es doch nicht sein, dass immer wieder Leute auftauchen, die angeblich auf der Blacklist stehen, deren Namen oder Existenz Reddington bis jetzt gar nicht kennt. Oder hat er absichtlich ein paar Plätze frei gelassen, um die Leute nachträglich auf die Liste zu setzen. Ist sie vielleicht aktuell in Überarbeitung oder existiert sie in Wahrheit gar nicht und Reddington lieferte dem FBI einfach wahllos Leute ans Messer, weil es ihm gerade ins Konzept passte. War die Blacklist vielleicht einfach nur ein cooler Aufhänger, mit dem er sich das FBI gefügig machen konnte?

Ja, es ist natürlich redundant, sich in jeder Episode darüber zu echauffieren, dass man vergessen zu haben scheint, wie der Titel der Serie und damit auch ihre Prämisse lautet. Es fällt nur in den letzten Episoden eben extrem auf.

Nun ja, eigentlich ist es ja auch egal, wie Reddington an die Namen kommt und ob sie auf einer Liste stehen oder nicht. Er verfolgt stur seinen Plan, Liz' Namen reinzuwaschen und versucht dies anscheinend zunächst erst einmal über den Direktor. Viele Angriffe der letzten Episoden zielten darauf, den Kabal zu schwächen, nun wendet sich Reddington anscheinend wieder dem Direktor zu und versucht über ihn zu erreichen, was er will. Das Duell ist durchaus spannend inszeniert und das Gespräch zwischen Reddington und dem Direktor am Ende verspricht einen interessanten Zweikampf.

Der Direktor nutzt natürlich seine neue Position innerhalb des FBI aus, um an Reddington heranzukommen, unterschätzt Reddington jedoch immer wieder. Auch Ressler scheint er nicht wirklich auf dem Schirm zu haben, so dass er gar nicht bemerkt, dass er mit der falschen Fährte, auf das er die Task Force schickt und dem Auftauchen von Mr. Solomon an der richtigen Location, sich selbst in die Bredouille bringt.

Ressler versucht noch immer, nach den Regeln zu spielen und vertraut darauf, dass man Liz einen fairen Prozess macht, wenn man sie erst einmal in Gewahrsam hat. Navabi ist da schon wesentlich realistischer und stellt Resslers Vorgehensweise zurecht ernsthaft in Frage. Spätestens als Ressler Mr. Solomon am Tatort entdeckt und erkennt, dass der Direktor sie absichtlich hinters Licht geführt hat, da dämmert es ihm, dass es vielleicht gar nicht so gut ist, immer nach den Regeln zu spielen. Er ist jedoch noch weit davon entfernt, das wirklich zuzugeben. Stattdessen plant er nun selbst, den Direktor an die Behörden auszuliefen und zu beweisen, dass er tatsächlich für de Kabal arbeitet und die ominöse Schattenorganisation wirklich existiert. Viel Glück, Agent Ressler.

Ansonsten bleibt dem FBI mal wieder nur die Rolle des undankbaren Helferleins von Raymond Reddington, das zwar gute Arbeit leistet, doch am Ende immer wieder gegen Reddington den Kürzeren zieht. Ich befürchte auch, dass sich daran nicht allzu viel ändern wird in nächster Zeit.

Der Fall an sich war recht interessant. Ein Milliardär versucht gegen die Ausrottung der Menschheit vorzugehen, indem er die hellsten und klügsten Köpfe der Welt entführt und paarweise in sein Kryokammern in einem fliegenden Labor sperrt, in der Hoffnung später einmal, nach der Apokalypse, eine neue Welt aufzubauen. Größenwahnsinn? Blanker Irrsinn, wie Reddington so schön in der Konfrontation mit Sir Crispin Crandall klarstellt. Realistisch ist hier nichts. Der ganze Fall war aber ja auch nur sekundär interessant, da es Team Red nur darum ging, an die Daumen eines bestimmten Mannes zu gelangen, mit dessen Abdrücken sich ein Bankschließfach öffnen ließ, in dem Beweise dafür lagerten, dass der Direktor bereits seinen Abflug aus dem Kabal vorbereitet.

Natürlich ist die Auflösung mit dem Bankraub zu den Klängen von Radar Love mal wieder toll inszeniert, doch irgendwie wirkt das alles immer viel Lärm um Nichts, denn wirklich weiter hat es Red nicht gebracht. Aber immerhin hat er einen Trumpf gegen den Direktor nun in der Hand.

"I didn't come here to fight. I came here for the Russian."

Auch wenn die Geschichte nur einen kleinen Teil der Episode einnimmt, so muss ich doch mittlerweile ein paar Worte über Tom Keen verlieren. Die ganze Fight-Club-Sache ist an den Haaren herbei gezogen und vollkommen überdreht. Es zeigt, dass er keinerlei Plan hat, kommt dann aber doch binnen weniger Episoden an den gesuchten Karakurt.

Harold Cooper ist noch immer zur Untätigkeit verdammt und macht Tom klar, dass er sich auf einen gefährlichen Pfad begibt, wenn er sich mit der russischen Mafia anlegt, kommt aber selbst nicht mit einem einzigen brauchbaren Vorschlag um die Ecke, wie man Karakurt auffinden könnte. Wie dem auch sei, Tom gelingt es am Ende nicht nur, ihn aufzuspüren, er schleift seinen Hintern buchstäblich durch den Dreck nach Washington DC. Das ging mir alles ein wenig zu reibungslos. Dennoch bin ich gespannt, wie Karakurt nun Cooper oder irgendjemand sonst helfen kann, Liz' Namen reinzuwaschen. Vor allem wenn eigentlich sowieso niemand in der Regierung glaubt, dass der Kabal existiert und alles nur für eine interessante, aber am Ende unglaubwürdige Verschwörungstheorie hält.

Was mich stutzig macht ist die Tatsache, dass Ashers Freundin Gwenn immer wieder so präsent in die Episoden integriert wird. Während ihr Verlobter dieses Mal das Zeitliche segnet, schafft sie es zu entkommen. Ist es ein Zufall oder spielt sie vielleicht noch eine größere Rolle in dem Ganzen. Kann sie eventuell Tom noch gefährlich werden? Gehört sie dem Kabal an? Oder war es einfach nur Zufall, dass sie immer wieder auftaucht und sogar ein oder zwei bedeutungsvolle Sätze sagen darf? Man muss wohl abwarten.

Randnotizen

  • Samar Navabis Auftritt als Lara Croft Verschnitt, als sie das Krzoyentrum von Crispin Crandall betritt, ist zum Brüllen komisch. Warum sie unbedingt so leicht bekleidet auftauchen musste, das wird wohl das Geheimnis der Autoren bleiben.
  • Sollte der an den Rollstuhl gefesselte Mathematiker eine Referenz auf Stephen Hawking sein?
  • James Spader ist das Herz und die Seele der Serie. Ich könnte ihn stundenlang über Gott und die Welt referieren hören. Jede Geste sitzt, jede Floskel nimmt man ihm ab. Ein grandioser Darsteller mit enormer Leinwandpräsenz. Ohne ihn wäre "The Blacklist" weit weniger leicht zu ertragen manchmal.

Fazit

Mir fällt es abschließend schwer, die Episode zu bewerten, gerade wegen den eindrucksvollen Auftritten von James Spader und Ryan Eggold am Ende. Dennoch fallen immer wieder Ungereimtheiten auf, die ein bisschen den Spaß an der Geschichte trüben. Vielleicht muss man einfach Geduld haben und abwarten, auf was das alles hinaus laufen wird. Schlecht ist die Serie momentan nicht, doch vom tollen Staffelauftakt ist man qualitativ momentan doch recht weit entfernt.

Melanie Wolff - myFanbase

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