Bewertung

Review: #5.05 Ein neuer Ansatz

Foto: Dylan O'Brien, Teen Wolf - Copyright: MTV/Jaimie Trueblood
Dylan O'Brien, Teen Wolf
© MTV/Jaimie Trueblood

Wohnzimmer abgedunkelt, Kopfhörer auf, "Teen Wolf" beginnt, und die Welt um einen herum hört auf zu existieren. Stattdessen befinden wir uns mitten in dem durch Mark und Bein gehenden Schrei, mit dem die Episode der letzten Woche geendet hatte. Stiles kämpft! Um sein Leben, seinen Verstand, sein Gewissen. In einer (Teen-)Serienwelt, in der die Kamera selten mehr als wenige Sekunden auf einem Darsteller verweilt, widmet "Teen Wolf" die gesamte erste Viertelstunde dieser Episode beinahe ausschließlich Dylan O'Brien. Stiles im Zweikampf und dann - noch beeindruckender - im Kampf mit sich selbst. In diesen Szenen, wie schon in der Kellerszene in 3B, in denen Dylan O'Brien kein Gegenüber hat, niemanden, mit dem er die Emotionen gemeinsam aufbauen kann, kommt sein Naturtalent zu voller Geltung. Er ist ein Juwel und die Serie weiß es ihm mit einem solchen Showcase zu danken.

"Everything that's happened. Everything that's gonna happen. It's our fault."

So wie die vierte Staffel durch Kate und Peter eng mit der ersten verknüpft war, fußt die aktuelle Staffel auf der dritten. Nicht nur hinsichtlich des Selbstopfers von Scott, Allison und Stiles, durch welches der Nemeton wieder dazu aktiviert wurde, übernatürliche Wesen wie die Dread Doctors nach Beacon Hills zu locken, sondern vor allem auch in Bezug auf Stiles' Entwicklung und seinen Umgang mit dem Töten. Er hat selbst erlebt, wie es ist, nicht die Kontrolle über sein Handeln zu haben und hilflos mit ansehen zu müssen, wie die eigene Hand Chaos und Zerstörung bringt. Jetzt hat er selbst jemanden getötet. Und obwohl er vom Verstand her weiß, dass es nicht nur Selbstverteidigung, sondern darüber hinaus noch ein Unfall war, dass die Stange Donovan durchbohrte, er kann beim Anblick der silbrigen Flüssigkeit, die Donovans Leiche verlässt, nicht umhin eine Parallele zu sich selbst zu erkennen. Zu VoidStiles, der dazu gezwungen war, Böses zu tun. Stiles ist innerlich so erschüttert und zerrissen, dass er nicht bedenkt, dass Donovan schon vor der Zahnbehandlung durch die Doktoren alles andere als ein Unschuldslamm war.

Stiles hat nun im wahrsten Sinne des Wortes Blut an den Händen, und er weiß wie Scott dazu steht. Die Chimären sind für Scott die Opfer, die Unschuldigen, die es zu beschützen gilt. Aber die Umstände bei Donovan lagen anders. Scott hätte Stiles vielleicht gar nicht verurteilt, aber Stiles ruft seinen besten Freund in diesem Moment nicht an. Und das ist das Entscheidende. Als Scott das Undenkbare tat und Liam biss, rief er Stiles sofort an. Die beiden sind immer der erste Ansprechpartner für einander. Stiles wird hier jedoch so von Schuld, Angst und Unsicherheit erdrückt, dass er Scott verheimlicht, was geschehen ist. Er vertraut nicht mehr darauf, dass Scott auf jeden Fall auf seiner Seite ist. Oder er fühlt sich Scott aufgrund von dessen Moralvorstellungen nicht mehr nahe genug. In jedem Fall bricht es mir das Herz zu sehen, wie hier ein Riss entsteht, der auch noch so nachvollziehbar ist. Ein Geheimnis vor dem besten Freund zu haben, spiegelt nunmal letztlich vor allem die eigene Unsicherheit wider. Und der kurze Blick in den Rückspiegel seines Autos zeigt sehr eindrucksvoll, dass Stiles momentan so wenig Schimmer hat, wer er eigentlich ist, dass er nichtmals mehr dem eigenen Blick standhalten kann.

The Dread Doctors

Ein großer Teil dieser Episode zur Staffelmitte diente der Erläuterung. Wir wissen nun sehr viel mehr über die Doktoren. Sie sind im Grunde Doc Brown im Dreierpack mit coolerem Outfit: Wissenschaftler, die an sich selbst herum experimentiert haben. Durch allerlei elektromagnetischen Firlefanz haben sie sich unsterblich gemacht, die Fähigkeit entwickelt für allgemeine Amnesie zu sorgen und Teenager ins Fadenkreuz genommen. So weit, so gut. Nur warum das alles? Es erklärt jedenfalls, wieso sich bis auf unseren Dr. Lecter von Beacon Hills in seiner Eichen-House-Zelle und nun anscheinend auch Lydia niemand bewusst an sie erinnert. Es wäre auch ein Ansatz einer Erklärung der Verbindung zwischen ihnen und Theo. Haben sie ihn und seine Eltern bei ihrem letzten Besuch in Beacon Hills einkassiert und manipuliert? Im Zusammenhang mit den Teenagern drängt sich auch ein weiteres Mal Noshikos Geschichte von den Seelenjägern aus dem Staffelauftakt auf. Es bleibt spannend.

Die Inszenierung der Doktoren spricht mich weiterhin ungemein an. Die zischenden Insektengeräusche, Edgar Wallace' "Der Frosch mit der Maske"-Effekt, dass man keine Augen sieht, die musikalische Untermalung irgendwo zwischen Rammstein und U2s "Numb", und mal ganz ehrlich, würden sie sich nicht in Slow Motion bewegen, hätten Scott, Kira und Dr. Fenris ganz schön in der Tinte gesessen. Schließlich lagen da höchstens 3 Meter zwischen ihnen und den Doktoren. Ein Glück, dass diese dafür gefühlte 3 Minuten brauchten! Und gleichzeitig noch Dr. Fenris' "Ich bin dann mal weg" – ich lag am Boden vor Lachen! Aber Spaß beiseite, das Emotionszentrum vieler Menschen löst beim Anblick gewisser Dinge ein Alarmsignal aus. Für manche sind es Zähne, für andere Fingernägel, für mich sind es Augen. Bei dem Plopp, als die Doktoren mit ihrer verkehrten Tischtennisball-Kanone das Auge aus Dr. Valacks Kopf saugten, lief es mir kalt den Rücken herunter. Hatten sie Valack das Auge damals eingepflanzt? Warum wollen sie es jetzt zurück?

"He paid attention. He listened to her. He remembered."

Eine absolut herausragende Szene findet sich in dem Gespräch zwischen Scott und Kira über Stiles und Lydia. Scott zollt seinen menschlichen Freunden hier nicht nur Respekt dafür, dass sie die bisherigen Turbulenzen überlebt haben, was eigentlich die Grundlage dafür ist, das Ergebnis aus Stiles' Selbstverteidigung zu gegebener Zeit akzeptieren zu können. Es wird hier über vergangene Beziehungsstrukturen gesprochen und dadurch die Entwicklung einer aktuellen Beziehung in Gang gebracht. Dadurch dass Scott laut ausspricht, warum Stiles und Lydia so gut miteinander harmonieren, nämlich weil Stiles von Anfang an so gut auf Lydia eingehen konnte, merkt er, dass er bislang nicht besonders gut auf Kira eingegangen ist. Überraschend kommt die Bestätigung seiner Liebeserklärung jedoch schon ein wenig, nachdem er sie hinsichtlich ihres Fuchsfeuers belogen und seine Sorge darüber nur mit Stiles geteilt hat.

Lydia und Stiles sind in dieser Episode hingegen unschlagbar. Stiles' phantastische Retourkutsche "And we're both still alive. See? Teamwork!" zeigt eindeutig, dass die beiden zusammengehören. Ihre Freundschaft hält sie buchstäblich am Leben und bedeutet in der aktuellen Situation fraglos mehr als junge Liebe. Denn was auch immer durch das mangelnde Vertrauen gegenüber Malia in der letzten Episode geschehen ist, es trennt die beiden voneinander. So weit sogar, dass Malia keine Einwände dagegen zu haben scheint, sich von einem engelsgleichen Werwolf bezirzen zu lassen. Theo scheint weiterhin nach Schwachstellen in Scotts Rudel zu suchen, um sich einzuhaken. Dadurch, dass er Lydias Leben gerettet hat, gewann er zumindest schonmal Scotts und Malias Vertrauen. Nun hat er auch noch Malias Leben gerettet. "Redemption Song" läuft vor meinem inneren Ohr auf Endlos-Repeat! Die Offenbarung, dass der Desert Wolf, Malias leibliche Mutter, den Unfall ihrer Familie verursacht hat, und Malia somit gar nicht für deren Tod verantwortlich ist, schließt nun den Kreis der Episode. Somit ist Stiles nun wirklich der einzige in unserem Rudel, der jemanden getötet hat.

Randnotizen

  • Parrish ist also der Tatortreiniger? Leichen zum Nemeton zu tragen, ist ja eine Sache, die Schulbibliothek von Blutspritzern und ähnlichem zu befreien, eine ganz andere. Creepy Parrish macht seine Sache gar nicht mal so schlecht. Ich bin angemessen verwirrt.
  • Hier war es also, das Monster, das per Wettbewerb von einem Fan erschaffen wurde: Sluagh. Stiles sah Donovan in ihm und Dr. Valack erklärte, Sluaghs nehmen die Form einer verlorenen Seele an. Ein weiteres Argument dafür, dass Noshikos "Seelenjäger"-Geschichte nochmal an Bedeutung gewinnen wird.
  • Oh Stiles… unser schlauer, gewitzter, allerbester Stiles. Sherlock/ Buddha/ HappyStiles. Er hat wirklich nicht viel Zeit zum Fernsehen, oder? Er macht in der Anfangsszene wirklich alle Horrormovie-Fehler, wie sie im Buche stehen!
  • Warum mussten die Kids ihre Taschen beim creepy Eichen-House-Wärter entleeren und die Dread Doctors nicht?

Fazit

Ein unwahrscheinlich gut aufgelegter Hauptcast, Stiles mit richtig guten moves, Stiles-und-Lydia-Teamwork, ein heroischer Scott und ein Theo, der ohne Mühe gleichzeitig creepy und verführerisch wirken kann, dazu viele neue Infos und Action – eine gelungene "Teen Wolf"-Episode.

Nicole Oebel - myFanbase

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