Die Dämonenjagd beginnt - Review Staffel 1

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Relativ lange ist es jetzt her, dass auf ProSieben die letzte Folge der ersten Staffel von "Supernatural" auf den Bildschirmen lief. Die Sommerpause verwährt uns in der Zwischenzeit die Folgen der zweiten Staffel. Genau der richtige Moment also, sein Gedächtnis aufzufrischen, um sich zu erinnern, warum man im Herbst unbedingt wieder einschalten sollte.

Die Winchesters

Wenn man Fans danach fragt, warum sie "Supernatural" lieben, wird ein Großteil von ihnen mit zwei Namen antworten: Sam und Dean. Die zwei Winchester-Brüder sind das Herz und die Seele der Serie und das vollkommen zu Recht. Die Charaktere sind nicht nur ausgezeichnet gespielt, sondern auch überdurchschnittlich gut geschrieben, weil sie sich deutlich, wenn auch nur langsam, weiterentwickeln, ohne sich selbst zu verlieren.

Foto: Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Jared Padalecki & Jensen Ackles, Supernatural
© Warner Bros. Entertainment Inc.

So schlossen wir Dean von Anfang an ins Herz wegen seines Humors, seiner Entschlossenheit und der Loyalität seiner Familie gegenüber. Dennoch gewinnt Jensen Ackles' Charakter von Folge zu Folge an Stärke. Er widersetzt sich plötzlich seinem Vater, selbst wenn er emotional stark abhängig von ihm bleibt. Er öffnet sich langsam seinem Bruder, statt nur für ihn die Schulter zu spielen. Spannt man also einen durchgehenden Bogen von #1.01 Die Frau in Weiß zu #1.22 Teufelsfalle, dann schleift sich Dean selbst, definiert sich dabei aber nicht neu, sondern einfach genauer, was das Bild, das man als Zuschauer von ihm hat, immer schärfer werden lässt.

Und ebenso verhält es sich mit Sam. Jared Padalecki spielt den jüngeren Winchester immer feiner, immer ausgefeilter. Sam wird vom "Aussteiger" der Familie zum unverzichtbaren Teil. Mir fiel es am Anfang schwer, Sam bei "Supernatural" einzuordnen, während Dean von Anfang an ins Bild passte. Mit der Zeit wurde aber auch der ehemalige Student zuerst selbstverständlich, wenig später zur zweiten Stütze der Serie. Und genau das musste vermittelt werden, um in gewisser Weise den Charakter selbst zu verstehen, der sich ja genauso zu fühlen hatte, um in seine neue Rolle hineinzuwachsen. Und genau durch diese Prozesse lernt man mit der Zeit in beiden Brüdern zu lesen wie in offenen Büchern.

Sam und Dean wären vom Prinzip her genug des Guten für eine Mysteryserie. Der ziemlich komplex geschriebene Charakter des Vaters, John Winchester, komplettiert aber die Familie zu einem eigenen Handlungsstrang, der mindestens genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, ist als die Fälle, mit denen sich die Jungs herumschlagen müssen.

Die Fälle

Wobei wir schon bei dem Mysteryfaktor der Serie angelangt wären. Die Gänsehaut hat mich persönlich zwar selten erreicht, ich bin aber kein Standard in der Hinsicht. Für andere war "Supernatural" teilweise richtig schaurig, regelrecht gruselig, und das ist sogar für mich nachvollziehbar. Von der "Weißen Frau" über "Bloody Mary", verrückt spielende Geister und Amok laufende Dämonen bis hin zu den klischeehaft durchgeknallten Inzest-Hinterwäldlern wird man mit jedem Alptraummaterial gekonnt konfrontiert. Die große Kunst dabei ist, dass selten so weit übertrieben wird, dass man bei den Biestern schmunzeln muss, weil sie übertrieben, kitschig oder schlecht animiert sind. Das ist selten bei dem Genre und sicher auch dem Durchhaltevermögen der Serienmacher zu verdanken, die gekonnt einen Drahtseilakt hinlegen, ohne durch das Sicherheitsnetz in bodenlosen Kitsch zu stürzen.

Und die Serie hat ein Zugpferd – der Tod der Mutter und der Mord an Sams Freundin. Ein roter Faden, das ultimative Böse als Endgegner und der Weg zu diesem Gegner, hübsch garniert mit netten Geschichten um kleinere Monster, die möglichst schnell von der Welt sollen.

Die Geheimnisse

Das angedeutete Zugpferd hat im Übrigen mehr zu bieten als einen gelbäugigen Dämonen. Mit ihm kommen Geheimnisse in die erste Staffel. Wo ist der Vater? Was steckt wirklich hinter dem Tod der Frauen in der Familie? Was wollen die Dämonen? Und natürlich: Was wollen die Dämonen von oder mit Sam? Diese Fragen werden Stück für Stück entblättert und gleichzeitig aufgebaut, was einen dazu zwingt, in der Folgewoche wieder einzuschalten. Spekulationen sind erlaubt und erwünscht und obwohl im Nachhinein die Geschichte sehr durchschaubar wird, bleibt die Auflösung der Fragen während des Zusehens oft im Dunkeln.

Die Schwächen

Alles in allem hat "Supernatural" wenige Schwächen. Die Darsteller, selbst die Nebendarsteller, liefern ausgezeichnete Arbeit ab, die Drehbücher sind gut und flüssig geschrieben, die Produktion weist kaum Mängel auf und die Regie holt aus allen das Beste heraus. Wo also bleiben die Schwächen?

"Supernatural" bietet konstant gute Leistung und gerade deshalb wird es bei Ausrutschern wirklich enttäuschend. Wenn der rote Faden verloren geht und hinzu kommt, dass vielleicht auch noch der Fall nicht überzeugt, wird man als Fan regelrecht frustriert. Das liegt aber einzig und allein an den hohen Maßstäben, die das Team sich selbst setzt und die eben das ein oder andere Mal nicht ganz erreicht werden.

Dennoch sind solche Episoden Ausnahmen und selbst bei den schlechten Folgen findet man genug Gutes, um die Endbewertung hochzuhalten. Und das verhindert, dass man irgendwann einfach nicht mehr einschalten möchte, hat man doch im Hinterkopf, dass es immer, wirklich immer, wieder besser wird.

Fazit

Warum muss man "Supernatural" lieben? Weil die Serie anders ist. Wir haben keine fertig gezeichneten Charaktere, die von B-Klasse-Schauspielern verkörpert werden, sondern zwei hinreißende Brüder, die sich immer wieder weiterentwickeln und zwei ebenso hinreißende Schauspieler, die zusammen mit ihren Kollegen vollkommen mit ihrem Talent bestechen. Wir haben keine trashigen, schlecht animierten Monster, sondern "klassische" Monster in neuem Licht. Wir werden mit Wesen konfrontiert, vor denen jedes Kind und einige Erwachsene Angst haben und die deshalb den nötigen Effekt erzielen. Zudem liefert man uns einen hochkarätigen Erzfeind, der oft für Geheimnisse, Überraschungen und den roten Faden sorgt.

Und, das muss gesagt werden, wir haben ein engagiertes Team, das Spaß hat an seiner Arbeit, ohne die Fans und ihre Meinung zu vergessen. Kaum eine Folge wirkt unmotiviert, die gesamte Serie wirkt durchdacht und ist das Produkt harter Arbeit aller Beteiligten. Das sieht man, das spürt man vor allem und genau das macht "Supernatural" im Herbst wieder zur heiligen Pflicht für alle Fans. Und vielleicht für die, die es noch werden wollen.

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Eva K. - myFanbase