Ms. Marvel - Review Staffel 1

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"Ms. Marvel" ist auf meiner Liste der vielversprechendsten Neustarts für das zweite Quartal 2022 gelandet und als einen sehr interessanten Faktor habe ich die weitere Steigerung der Diversität innerhalb des MCUs benannt und das wurde definitiv eingehalten. Mit Iman Vellani ist eine Jungdarstellerin für die Hauptrolle Kamala Khan engagiert worden, die dem jugendlichen Alter entsprechend agiert, so dass die Serie sich in vielen Aspekten an ein jüngeres Publikum als die meisten der anderen Projekte richtet. Zudem steht auch die kulturelle Repräsentation im Vordergrund, indem es intensiv um den muslimischen Glauben und seine Wahrnehmung nach außen geht und auch geschichtshistorisch wurde einiges geboten, da es um die Teilung Indiens geht, die durch ein konkretes Schicksal in den Blick genommen wird. Alleine dafür kann sich die Produktion von "Ms. Marvel" auf die Schulter klopfen lassen, denn es zeigt, dass hier Diversität nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt wird. Erfahrt nachfolgend, was vom neusten Streich aus dem Hause Marvel noch hängen bleibt.

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Foto: Iman Vellani, Ms. Marvel - Copyright: Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Daniel McFadden.
Iman Vellani, Ms. Marvel
© Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Daniel McFadden.

Die Auftaktepisode von "Ms. Marvel" war in meinen Augen ein optisches Feuerwerk, an das man sich erstmal gewöhnen musste, denn alles strahlte in leuchtenden Farben. Überall war grafisch und animiert etwas zu entdecken. So habe ich auch gelernt, dass wir in der Darstellung von ausgetauschten Textnachrichten einen weiteren Entwicklungsschritt durchlaufen haben. Wurde diese zunächst vorgelesen, sind sie dann in einer Textbox aufgeploppt, doch inzwischen wird mit dem Text regelrecht experimentiert und mal fliegt er durchs Bild oder mal ist er konkret in die Szenerie eingebunden. Da muss man mit den Augen schon fix sein, um alles auf einmal wirklich mitzubekommen und es auch verarbeiten zu können. Dennoch ist dieser Übereindruck an Experimenten mit der Optik im Grunde auf die erste Episode beschränkt. Hinterher wird die Serie etwas ruhiger und legt den Fokus mehr auf die inhaltlichen Elemente. Insgesamt wirkt es aber wie eine gute Wahl, denn in der ersten Episode lernen wir Kamala kennen und sie wird uns als fantasievolle Jugendliche vorgestellt, die sich selbst und andere immer in andere Welten träumt, weil sie ein großes Herz für fiktive Welten – und speziell die Superheldenwelt – hat. Die Stilistik passt da wunderbar, denn auch diese ist fantasievoll, missachtet bewusst gewisse Grenzen, so dass sich Charakter und Erzählweise hier sehr gut decken.

Die Darstellung von Kamala war für mich als Zuschauerin nicht immer einfach, da sie in unterschiedlichen Extremen dargestellt wurde. Gerade zu Beginn war sie die völlig verpeilte Jugendliche, die mit mehr Glück als Verstand durchs Leben zu stolpern scheint, während sie aber gleichzeitig wie ein Genie wirkt, die tausend Schritte im Voraus planen kann. Wenn sie dann auch noch auf Kamran (Rish Shah) trifft und wie blind verliebt agieren muss, dann treibt Vellanis Schauspiel sie schon mal in eine Ecke, die mich die Augen verdrehen lässt, weil sie eher kindlich wirkt. Andererseits habe ich mir aber auch gesagt, dass viele Jugendserien das Problem haben, dass die als jugendlichen intendierten Hauptfiguren viel zu erwachsen wirken. In dem Sinne trifft man mit Kamala und auch mit Bruno (Matthew Lintz) den Nagel auf den Kopf. Gleichzeitig gibt es auch eher reifere Passagen, die zur Geltung kommen, wenn es um die Kultur und die Historie geht, was ich auch angebracht finde, weil zu viel Ironie oder Lächerlichkeit an dieser Stelle einen seltsamen Eindruck erweckt hätte. Insgesamt ist die Figur Kamala also eine Herausforderung, aber in den sechs Episoden konnte ich mich insgesamt gut an sie gewöhnen, zumal es vom Aufbau her auch konsequent in eine positive Richtung ging.

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Foto: Matt Lintz, Ms. Marvel - Copyright: 2022 Disney/Marvel
Matt Lintz, Ms. Marvel
© 2022 Disney/Marvel

Insgesamt ist das Figurenrepertoire unterhaltsam. Neben Bruno, der der wunderbare Sidekick ist und sicherlich noch viele eigene Geheimnisse hat, ist Nakia (Yasmeen Fletcher) grandios gewählt für eine starke muslimische Frau, die ihren eigenen Weg innerhalb ihres Glaubens geht, dabei aneckt, aber auch für moderne Veränderungen steht, denen sich wohl alle Religionen dieser Welt stellen müssen. Aber auch die ganze Familie Khan kann einem nur ans Herz wachsen. Sei es zunächst die scheinbar überfürsorgliche und strenge Mutter Muneeba (Zenobia Shroff), die nachher nicht stolzer auf ihre Superheldentochter sein könnte, oder eben Vater Yusuf (Mohan Kapur), der keiner Fliege etwas zu Leide tun kann und seine kleine Tochter vergöttert. Es ist wunderbar, dass hier eine muslimische Familie beleuchtet wird, ohne sie in eine Ecke zu stellen, sondern es sind wirklich Figuren, die auf ihre Weise wachsen dürfen. Im Bereich der Antagonisten sieht es etwas schwächer aus, mag aber auch darin begründet liegen, dass es mehr darum ging, Kamalas Fähigkeiten zu ergründen und sie als pure Anfängerin auch gar nicht in der Lage gewesen wäre, es mit einem echten Gegner aufzunehmen, und doch waren die Cladestine schnell eingeführte Figuren, über die im Verlauf nicht viel mehr herausgekommen sind und die dann auch wieder verschwunden sind. Auch Damage Control, besonders personifiziert durch Agent Deever (Alysia Reiner), war als Gegner eher blass, auch wenn sich das Bild einer Behörde von rücksichtslosen Karrieristen manifestiert. Interessant war dagegen die Ausgestaltung von Kamran, der genau zwischen dem klassischen 'gut' und 'böse' einzuordnen ist und der dadurch als sporadischer Antagonist definitiv mehr Profil gewinnt als all anderen.

Foto: Mehwish Hayat, Fawad Kahn & Zion Usman, Ms. Marvel - Copyright: Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Patrick Brown
Mehwish Hayat, Fawad Kahn & Zion Usman, Ms. Marvel
© Marvel Studios 2022. All Rights Reserved.; Patrick Brown

"Ms. Marvel" steht den anderen bislang bei Disney+ veröffentlichten Marvel-Serien in nichts nach, denn es sind einfach keine Serien, die über eine einheitliche Stilistik verfügen, sondern immer wieder etwas Neues zu entdecken geben. Wenn man die weiter oben beschriebene Auftaktepisode bedenkt und dann in Bezug dazu die fünfte Episode sieht, bei der in Rückblenden Kamalas Familiengeschichte im ursprünglichen Indien erzählt wird und das durch die historische Teilung des Landes auf eine herzzerreißende Art und Weise, dann kann man kaum glauben, dass es zwei Episoden einer Serie sind. Aber diese höchst unterschiedlichen Eindrücke gehören für mich inzwischen schon dazu und sie haben durchaus auch etwas für sich. Manchmal merkt man nur, dass etwas zu sehr experimentiert wird, was dann eher für Langeweile sorgt, aber ich finde, dass "Ms. Marvel" eine durchgängig unterhaltsame erste Staffel bietet. Gleichzeitig ist aber auch zu erkennen, dass die Serie vieles nicht ausschöpft, was möglich ist. Im Vorfeld war bereits bekannt, dass Kamala als Ms. Marvel für "The Marvels" angekündigt ist und wer weiß, ob nicht auch eine zweite Staffel noch drin ist, denn es zeigt sich doch deutlich, dass das Serienformat es ermöglicht, besser in die Tiefe zu gehen. Das wird der Vorteil gegenüber den großen Blockbustern bleiben. Bei "Ms. Marvel" hat man jetzt auch gesehen, was beispielsweise mit einer Figur wie Nakia möglich ist, die beweist, dass die Superheld*innen keinen Anzug tragen müssen. Solche Figuren haben es auf der großen Leinwand aber eher schwer, weswegen ich schwer hoffe, dass diese Serienwelt noch weiter ausgebaut wird.

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Foto: Yasmeen Fletcher, Ms. Marvel - Copyright: 2022 Disney/Marvel
Yasmeen Fletcher, Ms. Marvel
© 2022 Disney/Marvel

Abschließend sollen noch einmal ein paar Worten zur thematischen Diversität fallen. Die Familie Khan war zum Glück ohne große Klischees dargestellt und ich fand es großartig, dass wir mit Kamala Pakistan erkunden durften, wo ihre kulturellen Wurzeln liegen. Das war auf jeden Fall sehr hilfreich, denn so hat man auch das Hier und das Früher gezeigt bekommen, ist tief in den Schmerz der Menschen eingetaucht, die eigentlich als Inder geboren wurden, aber wegen ihres muslimischen Glaubens ausgewiesen wurden, um Pakistani zu werden. Doch eigentlich sind sie dadurch Menschen geworden, die zwischen den Welten leben und damit ein Stück weit Heimat genommen bekommen haben. Aber auch die Darstellung des muslimischen Glaubens, dem wir im Fernsehen oft eher negativ behaftet begegnen, ist ein Kontrastprogramm mit Aha-Effekt. Nakia als mutiges weibliches Gesicht habe ich nun schon mehrfach angesprochen, aber auch Scheich Abdullah (Laith Nakli) ist ein Charakter, der in Erinnerung bleibt, weil er beschützend seine Hand über seine Gemeinde legt und das oft mit einem Schalk im Nacken, der sympathisch im Kopf bleibt. Auch wenn eben durch Nakia auch kritische Töne anklingen, insgesamt ist es positive Umsetzung, die umgekehrt darstellt, mit welchen ungerechtfertigten Vorurteilen sich Muslime konfrontiert sehen. Als starke Botschaft wird einfach die Macht der Gemeinschaft gegenüber gestellt und das funktioniert hier wirklich überzeugend.

Fazit

"Ms. Marvel" ist eine ganze neue Seite des MCUs, weil es wirklich eine Jugendserie ist, die aber sich gleichzeitig auch nicht vor wichtigen Themen scheut. Sie ist lustig genauso wie in die Tiefe gehend und zeichnet sich durch sehr unterschiedliche Stilistik aus. Manchmal ist sie etwas wild und an einigen Stellen wird mehr experimentiert als stringent erzählt, aber ich fand es alles in allem eine erfrischende Unterhaltung, die gerne in die Verlängerung gehen darf und nicht nur durch "The Marvels".

Die Serie "Ms. Marvel" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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