Mrs Wilson - Review der Miniserie

Was tut man, wenn das ganze Leben auf einer Lüge aufgebaut wurde und man es nicht einmal weiß? Die dreiteilige britische Miniserie "Mrs Wilson" präsentiert uns eine wahre Geschichte, die unglaublich erscheint, sich aber so oder so ähnlich tatsächlich zugetragen hat. Wer beim Vorspann schmunzeln muss, dass ausgerechnet Ruth Wilson die Hauptrolle spielt, die sich also den gleichen Nachnamen mit der Titelfigur teilt, gerät ins Staunen, wenn er oder sie sich mit dem Hintergrund der Serie beschäftigt. Wilson erzählt hier nämlich ihre eigene Familiengeschichte – genauer gesagt, die ihrer Großmutter - nach, weshalb sie neben der Titelrolle auch als ausführende Produzentin tätig wurde.
"Mrs Wilson" spielt im Jahr 1963, als Alison Wilsons Leben von einem auf den anderen Moment aus der Bahn gerät. Ihr geliebter Ehemann, der Romanautor und ehemalige MI6-Agent Alexander 'Alec' Wilson (Iain Glen), verstirbt unerwartet an einem Herzinfarkt. Während Alison diesen Schock verarbeiten muss, versucht sie auch ihren beiden Söhnen Gordon (Calam Lynch) und Nigel (Otto Farrant) Trost zu spenden. Doch dann steht plötzlich eine Frau vor ihrer Tür, die sich als Alecs Ehefrau Gladys (Elizabeth Rider) ausgibt, was eine Reihe von Ereignissen in Gang setzt, die Alison nie für möglich gehalten hätte. In Rückblenden wird ihr gemeinsames Leben mit Alec erzählt, vom Kennenlernen während des Zweiten Weltkriegs bis zu ihrer Zeit als junges Ehepaar mit zwei kleinen Kindern und großen Geldnöten, die durch Alecs vermeintliche Undercover-Einsätze erschwert wurde. Währenddessen deckt die Witwe Alison immer mehr Geheimnisse auf, die sie in Frage stellen lassen, ob Alec wirklich derjenige war, für den er sich ihr gegenüber in den 22 gemeinsamen Jahren ausgegeben hat.
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Während sich diese Geschichte vor einem ausbreitet und man genau wie Alison Schritt für Schritt mehr über Alec und seine Geheimnisse erfährt, kommt man nicht umhin, tiefes Mitgefühl für diese Frau zu empfinden. Wie muss es sich anfühlen, innerhalb so kurzer Zeit den Boden unter den Füßen weggerissen zu bekommen? Man beginnt doch zweifellos an der eigenen Menschenkenntnis zu zweifeln und fragt sich, wie man für eine so lange Zeit jemandem so blind vertrauen konnte? Doch die Liebe hat schon vieles hervorgebracht und nicht immer ist es so rosarot, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Hier haben wir wirklich einen sehr bitteren Fall, denn man kann durchaus verstehen, warum Alison Alec so geliebt hat. Er kam direkt von Beginn an so unglaublich charmant herüber. Vielleicht hat er sich zu Beginn auch nichts weiter dabei gedacht, immerhin wusste sie von seiner Ehe mit Gladys, als sie sich bei der Arbeit kennenlernten. Doch durch die Wirren des Krieges, seine Probleme im Job und vielleicht auch seinem intrinsischen Wunsch weniger einsam zu sein oder als Held zu agieren, hat er sich sein Leben so geschaffen, wie er es für am besten hielt. Was genau er sich bei all dem gedacht hat, wieviele seiner Lügen der Arbeit wegen geschahen und welche ihm einfach gelegen kamen, dass wissen wir nicht – man kann ihn schließlich nicht mehr fragen. Und ich denke, genau das ist es, was es auch für Alison so schwer gemacht hat. Nach und nach aufzudecken, dass ihre Ehe auf gefälschten Scheidungspapieren aufgebaut wurde, Alec weiterhin Kontakt zu seiner vermeintlichen Exfrau und zu seinem Sohn hatte und er dieses Doppelleben geführt hat, von dem sie nie etwas geahnt hat, ist eine Sache. Dann aber von einer weiteren Frau und einem weiteren Sohn zu erfahren, von seiner ehemaligen Handlerin Coleman (Fiona Shaw) zu hören, dass Alec seit 1942 kein Geheimagent mehr war und er tatsächlich komplett mittellos war, nicht nur zum Schein, das sind einfach Schritt für Schritt mehr Informationen, die wohl jede/n verzweifeln lassen – wenn nicht sogar in den Wahnsinn treiben – würden. Alison wählt jedoch einen anderen Weg.
Ich fand es so beeindruckend, wie sie trotz all der Lügen und all der Rückschläge schließlich den Entschluss fasst, Alec zu verzeihen und fest daran zu glauben, dass er sie und ihre Söhne tatsächlich geliebt hat und all die Lügen nur dafür da waren, ihr das Leben schöner zu machen... sie nicht mit seinen Sorgen zu belasten... Dass alles, was passiert ist, Folgen einiger falscher Entscheidungen zu Beginn ihrer Ehe waren, die er nicht mehr offenlegen konnte, doch dass ein Großteil ihrer gemeinsamen 22 Jahre auf gegenseitiger Liebe und Vertrauen aufgebaut wurden. So zumindest habe ich das interpretiert, als sie dieses Kapitel für sich abschließen konnte und wieder etwas hoffnungsvoller auf ihren Alltag blickte. Doch dann der nächste Schock: Es gab noch eine Frau... und noch einen Sohn... deutlich jünger als 22 Jahre. Es muss sich wie eine Ohnmacht anfühlen, wenn man sich gerade aus einem tiefen Loch gekämpft hat, in dem man Wochen oder vielleicht sogar Monate verweilt hat, in dem man sich mit den abscheulichsten Selbstzweifeln geplagt hat, und dann steht da an einem sonnigen Tag dieses fremde Kind in der Einfahrt und fragt nach seinem Vater. Das kann man sich nicht ausdenken. Umso unfassbarer, dass dies wirklich so oder so ähnlich passiert ist. Denn die Frauen und Söhne, die Alec Wilson hatte, haben alle tatsächlich existiert. Und die Schauspielerin Ruth Wilson ist eine seiner Nachfahrinnen.
Was tut man also, wenn das ganze Leben auf Lügen aufgebaut ist? Alison findet im Glauben ihren Frieden. Ursprünglich zählte sie zu diesen Anglikanerinnen, die, wenn überhaupt, sonntags mal in die Kirche gingen, in deren Alltag der Glaube aber keine Rolle spielte. Doch durch Alecs Tod und den engen Kontakt mit dessen katholischen Pfarrer, der ihr bei all ihren Sinnkrisen immer mit einem offenen Ohr und dem ein oder anderen guten Ratschlag zur Seite steht, schließt sie sich schließlich einem Konvent an. Um aber Nonne zu werden, muss sie mit ihrem alten Leben abschließen und dazu zählt es auch, Alec zu verzeihen. Wie sie dafür noch mal Kontakt zu seinem ältesten Sohn aufnimmt oder das ehemalige Militärkrankenhaus besucht, in dem er das Schreiben begann, bringen diese Geschichte zu einem runden und versöhnlichen Ende. Auch wenn man nichts darüber weiß, was Alec dazu bewogen hat, sein Leben und damit auch das seiner Frauen und Kinder auf so vielen Lügen aufzubauen, so kann man sich zweier Sachen doch gewiss sein: Er hat seine Söhne immer geliebt und er hatte schon immer eine große Fantasie, die sich teils in seinen Romanen, teils in seinen Lebenslügen manifestiert hat.
Fazit
"Mrs Wilson" ist ein beeindruckendes Porträt einer Frau, die ihren Namen mit vielen weiteren teilen musste – ohne es zu wissen. Wenn man sehen möchte, wie sich Resilienz manifestiert, dann kann man das wohl an dieser Person festmachen. Nach dem Tod ihres Mannes zu erfahren, dass ihre 22 gemeinsamen Ehejahre nicht nur auf Lügen aufgebaut, sondern auch von Lügen durchzogen waren, würde wohl so manche/n aus der Bahn werfen. Mrs Alison Wilson besaß jedoch die Stärke all das zu überstehen.
Die Serie "Mrs Wilson" ansehen:
Kommentare
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Aktuelle Kommentare
25.11.2025 19:51 von chili.vanilli
Malice: Malice
Hab die Serie jetzt beeendet und schon lange keinen so... mehr


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28.11.2025 00:19 von Sonia
F.B.I.: F.B.I.
Es wird immer abstruser... Jetzt sehe ich, dass die FBI... mehr