Kung Fu - Review des Piloten

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Dass der The CW-Neustart "Kung Fu" im Dunstkreis der medialen Rassismusdiskussion "Stop Asian Hate" losgegangen ist, war nun wahrlich nicht beabsichtigt, passt aber natürlich wie die Faust aufs Auge. Denn in US-amerikanischen Produktionen sucht man asiatischstämmige Darsteller*innen oft vergeblich oder trifft sie nur in Nebenrollen an, dabei sind die sogenannten Asian Americans nach den Hispanics und Afroamerikanern die drittgrößte Einwanderungsgruppe in den USA. In dieser Woche ist zu dieser Thematik passend ein Interview von Vulture mit dem ehemaligen "Hawaii Five-0"-Darsteller Daniel Dae Kim erschienen, der über seine Gehaltsverhandlungen sowie die seiner ebenfalls asiatischstämmigen Schauspielkollegin Grace Park sprach, die die CBS-Serie nach sieben Staffel verlassen haben, nachdem diese Verhandlungen geplatzt waren. Auch wenn in diesem Interview die ethnische Herkunft nicht konkret angesprochen wird, so ist es definitiv mit einem Beigeschmack zu sehen, dass es in einer Ensemble-Serie wie "Hawaii Five-0" überhaupt einen Versuch geben musste, ähnlich wie die beiden Kollegen Alex O'Loughlin und Scott Caan bezahlt zu werden. Nach dieser etwas ausgeuferten Einführung ist es aber dennoch wichtig zu betonen, dass es immer schon Bemühungen gegeben hat, Asian Americans als wichtigen Bestandteil vom US-amerikanischen Fernsehen zu etablieren, schaut man nur mal auf die ehemalige Comedyserie "Fresh Off the Boat" von ABC. "Kung Fu" ist nun bis auf eine einzige Hauptrolle ausschließlich mit Asian Americans besetzt, was sicherlich ein starkes Statement ist. Aber starke Statements alleine machen letztlich nicht den Unterhaltungsfaktor einer Show aus. Daher: Weiß "Kung Fu" auch inhaltlich zu überzeugen?

Foto: Olivia Liang, Kung Fu - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Olivia Liang, Kung Fu
© Warner Bros. Entertainment Inc.

"Kung Fu" ist eine Neuinterpretation einer gleichnamigen Serie von ABC, die von 1972 bis 1975 lief. Diese habe ich zwar nicht gesehen und bin daher im Grunde nicht die erste Ansprechpartnerin für einen Vergleich, aber dennoch ist alleine vom Papier zu erkennen, dass der Begriff Neuinterpretation es wohl tatsächlich am besten trifft, um die Verbindung dieser beiden Serien zu charakterisieren. Denn bis auf die Ausbildung in Martial Arts in einem Kloster in China ist offenbar keine Gemeinsamkeit gegeben. Wer also in alten Erinnerungen schwelgen will, der wird wenig von dem von David Carradine dargestelltem Kwai Chang Caine und seinen Abenteuern wiedererkennen. Weiterhin kommt hinzu, dass "Kung Fu" nicht umsonst bei The CW gelandet ist, da der Inhalt tendenziell für ein jüngeres Publikum entwickelt worden ist. Konkret geht es nun um Nicky (Olivia Liang), die drei Jahre in dem Kloster gelebt hat und dort ausgebildet wurde, bis ihre Mentorin (Vanessa Kai) wegen eines mächtigen Schwertes getötet worden ist. Zurück in San Francisco, wo ihre Familie lebt, sucht sie nach Antworten, merkt aber auch, dass vor Ort das Verbrechen regiert, so dass ihr stetig neue Herausforderungen begegnen, bei denen ihre Martial-Arts-Kenntnisse von besonderem Wert sind.

Foto: Vanessa Kai, Kung Fu - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Vanessa Kai, Kung Fu
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Was der Serie sehr gut gelingt, ist sicherlich die Darstellung der asiatischen Kultur. Sei es nun in China selbst, wo Nicky vollends in ihr kulturelles Erbe eintaucht oder sei es im Schoß ihrer Familie, die innerhalb einer asiatischen Community lebt, hier wird sich definitiv um eine authentische Darstellung bemüht. Die Familie Shen mag vollends in den USA integriert sein, aber dennoch leben sie in einer eigenen kleinen Welt, die den Spagat zwischen neuem und altem Heimatland stets neu versuchen muss. Weiterhin ist mit dem Schwert ein Eintauchen in die alte chinesische Mystik zu beobachten, die durch übernatürliche Elemente ergänzt wird. Das mag nun Geschmackssache sein, ich hätte es nicht unbedingt gebraucht, aber ich habe bislang nicht den Eindruck, dass die Serie bald von Fantasywesen überflutet wird oder dass Nicky und der Rest zu Superhelden werden. Dennoch wäre es schön, wenn man sich eng an die chinesische Mystik halten würde und nur punktuell übernatürliche Ergänzungen vornimmt. Interessant war sicherlich auch, dass "Kung Fu", um die Mystik rund um das Schwert zu erläutern, auf ein viel genutztes Stilelement von Disney zurückgegriffen hat. Dort wird auch oft eine animationsähnliche Stilistik genutzt, um mit wenigen Bildern in eine Geschichte einzuführen, die für die Haupthandlung wichtig wird. Bei Disney passt das natürlich sehr gut, da der Hauptbestandteil des Programms eh aus Animationen besteht, aber hier bei "Kung Fu" wirkte es eher wie ein Bruch. Vielleicht sollte es aber eine Hommage an Animes oder Mangas sein, die bekanntlich asiatischen Ursprungs sind.

Ein wichtiger Bestandteil der Serie sind eben auch die Martial Arts, bei denen ich mich nicht als Expertin hervorheben kann, weswegen ich die Umsetzung nicht verlässlich bewerten kann. Mein Eindruck ist aber, dass die Nahkampfmomente deutlich besser gelingen als die Momente, in denen sich der übernatürliche Faktor bemerkbar macht. Und obwohl ich auch für Action-Szenen generell keine Expertin bin, finde ich die längeren Kampfszenen, die über die erste Episode gleichmäßig verteilt sind, gut choreographiert. In der ansonsten eher nüchternen Atmosphäre ist es jedenfalls ein Ausrufezeichen!

Foto: Gavin Stenhouse, Kung Fu - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Gavin Stenhouse, Kung Fu
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Ansonsten ist "Kung Fu" schnell als typische The CW-Serie zu erkennen. Neben zahlreichen gutaussehenden Darstellern wird gleich mal ein Liebesdreieck zwischen Nicky und ihrer alten Liebe Evan (Gavin Stenhouse) sowie der neuen Bekanntschaft Henry (Eddie Liu) angedeutet. Ein bisschen Diversität wird durch die Homosexualität von Bruder Ryan (Jon Prasida) ins Spiel gebracht und die eigentliche Prinzessin Althea (Shannon Dang) ist natürlich eine Badass-Hackerin. Neben diesen typischen Elementen ist aber auch die klassisch überhastete Erzählweise zu erkennen. Nickys Zeit in China ist mit einem Fingerschnipsen abgehakt und die Familienstreitigkeiten in San Francisco sind nach einer Episode nahezu alle wieder erledigt. Das will ich "Kung Fu" aber nicht zu sehr zu Lasten legen, denn die klassische Pilot-Krankheit ereilt weit mehr als die Hälfte aller Serien. Dennoch macht diese Mischung aus starken und eher schwächeren Elementen es verdammt schwierig einzuschätzen, was für die Zukunft der Serie zu erwarten. Wird es eine stetige Mischung zwischen Familiendramatik, realen Konflikten in der asiatischen Community und Weiterentwicklungen rund um das Schwert gehen? Oder schlägt die Serie noch eindeutig eine Seite ein? Die Antwort kann natürlich nur die Zukunft liefern, aber ich würde "Kung Fu" von Herzen wünschen, dass sich die Serie von den noch vorhandenen Stereotypen lösen kann. Und wenn sie beibehalten werden, dass sie nicht in der Oberflächlichkeit verharren, sondern in die Tiefe gehen.

Fazit

"Kung Fu" hat wenig mit seiner Namenscousine aus den 70ern gemeinsam. Neben einem modernen Anstrich ist es eben auch eine klassische The CW-Serie, die auf viel zwischenmenschliches Drama und leider auch Stereotype setzt. Dazu ist ein übernatürlicher Touch zu erkennen, der seine sinnvolle Verwendung erst noch beweisen muss. Aber was auf den ersten Blick nicht so gut klingt, sollte definitiv einen zweiten Blick wert sein, vor allem weil sich erst über den Verlauf einer Staffel hinweg der wahre Charakter zeigen wird. Aber ohne Frage trifft "Kung Fu" in vielen Punkten einen Zeitgeist und bemüht sich um authentische kulturelle Darstellung. Zudem ist Liang als zentrale Protagonistin Nicky wirklich gut gecastet, denn bei ihr liegt die Ruhe in der Kraft und sie dürfte das Gewicht der Serie schultern können.

Die Serie "Kung Fu" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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