Die verstörendsten Momente 2009/2010
Platz 2: #4.12 The Getaway (Dexter)

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"Dexter" ist eine Crime-Serie der erstaunlichsten Art. Sie rückt den Serienkiller in den Mittelpunkt und macht ihn zum Hauptcharakter, den man ins Herz schließt, mit dem man mitleidet und sympathisiert. Die Serie ist eben auch ein Charakterdrama, und diese Seite ist die, welche mir die wichtigere ist. Logiklöcher in der Crime-Storyline hat es in dieser Staffel definitiv gegeben, aber die Entwicklung der Hauptcharaktere ist stringent und nachvollziehbar.

"It doesn't matter what I do, what I choose, I'm what's wrong!"

Foto: Julie Benz, Dexter - Copyright: Paramount Pictures
Julie Benz, Dexter
© Paramount Pictures

Dexter lebt nun mit seiner fünfköpfigen Familie zusammen und wird, ob er es will oder nicht, immer menschlicher, ob er es sich selber eingesteht oder nicht. Rita, die anfangs noch verstörte und zurückhaltende Frau, kommt zur Ruhe und wird mehr und mehr zur gelangweilten desperate housewife, die Dexter mit einem Verlangen nach Nähe auf die Nerven geht, das er nie erwartet hat, was aber früher oder später kommen musste. Dies führte zu einigen unterhaltsamen Szenen, da Dexter sich mit menschlichen Dingen befassen musste, wie Ritas Wunsch nach offener Aussprache. Auch wenn Ritas Rolle in dem Ganzen weniger ansprechend war, so gefiel mir doch immer, was es bei Dexter auslöste. Wieviele Leute würden laufen gehen oder einen Streit vom Zaun brechen, wenn der Partner Dinge von ihnen will, die sie nicht geben wollen oder können. Dexter aber bemühte sich, das Richtige zu tun, auch wenn es nicht in seiner Natur steckt. Und dieser innere Konflikt ist doch das, was wir von Dexter sehen wollen.

Die Schlussszene des Staffelfinales, nachdem man sich einige Minuten in Sicherheit wähnte, dürfte nun die Grundlage dafür sein, dass Dexters innerer Konflikt für die kommende Staffel gesichert ist. Dexter betritt sein leeres Haus, alles wirkt friedlich und deshalb muss etwas faul sein. Er hört sein Baby schreien und geht dem nach. Da sieht er den kleinen Jungen inmitten einer riesigen Blutlache auf dem Badezimmerboden sitzen, was Dexter in Gedanken sofort in seine eigene Kindheit zurückkatapultiert, als er selber in einer Blutlache saß und weinte. Damals stammte das Blut von seiner Mutter, die getötet worden war. Und obwohl man sich als Zuschauer schon denken kann, was man als nächstes sehen wird, schreit alles in einem "Das kann doch nicht wahr sein"! Rita liegt ermordet in der Wanne, sie ist Trinitys letztes Opfer geworden. Dexters Gesicht spiegelt alle seine -absolut menschlichen- Emotionen wider. Fassungslosigkeit, Erschütterung, Schuld, Bedauern, Mitleid – Trauer! Als Zuschauer ist man ähnlich fassungslos und fühlt sich plötzlich völlig leer. Ein Gedankenfetzen, den man greifen kann, ist die Frage, was das jetzt für Auswirkungen auf Dexter haben soll. Ein anderer, ob das weinende Baby dort mitten in der blutigen Farbe keinen Schaden an den Dreharbeiten dieser Szenen genommen hat.

Als Charakter wird man Rita nicht unbedingt vermissen. Es gab in dieser Staffel durch ihr Drängen aber interessante Persönlichkeitsmomente von Dexter, wie er mit sich rang, weil er einerseits gern jemandem sagen würde, was mit ihm los ist, es andererseits aber nicht sagen kann und eigentlich auch gar nicht will. Besonders schön war da ein Moment, als er dem Nachbarn eine reingehauen hatte, Rita dann ein bisschen stolz auf ihn ist und er sich selber freut, dass er so gut aus der Sache rausgekommen ist. Diese stimmungsmäßig leichten Szenen, in denen Dexter sich über sein manchmal unverschämtes Glück wundert, sind eine der Stärken der Serie. Fraglich ist nun, ob es diese weiterhin noch geben kann, nachdem durch sein Mitverschulden seine Ehefrau und Mutter dreier Kinder, unter anderem seines eigenen Sohnes, getötet wurde.

Nicole Oebel - myFanbase

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