Die besten Charaktere 2008/2009
Platz 7: Tara (Taras Welten)

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Tara (Toni Collette) leidet unter Dissoziativer Identitätsstörung, weitläufig bekannt als Multiple Persönlichkeitsstörung, und hat verschiedene Persönlichkeiten in sich, die in verschiedenen Stressmomenten zum Vorschein kommen. Eine dieser ist Alice, eine traditionelle, religiöse Hausfrau, T, ein ausgeflipptes Teenagermädchen, das sich gerne freizügig kleidet und auch Rauschmitteln nicht abgeneigt ist, und schließlich Buck, ein Kriegsveteran, der sich gerne mal prügelt und im Gegensatz zu Tara und ihren anderen Persönlichkeiten Linkshänder ist. Tara ist verheiratet mit Max (John Corbett), mit dem sie zwei Kinder hat, die pubertierende Kate (Brie Larson) und den schüchternen Marshall (Keir Gilchrist), der sich mit den Problemen eines Homosexuellen an der Schwelle zum Teenagerdasein herumschlägt.

Viele Persönlichkeiten – dasselbe Gesicht

Tara hat über lange Jahre Medikamente genommen, die sie ruhig und ihre Persönlichkeiten im Zaum gehalten haben. Wir lernen Tara zu dem Zeitpunkt kennen, da sie mit aller Not versucht, sich an die neue Gefühlswelt zu gewöhnen, in der sie, durch Stressmomente ausgelöst, die Macht über sich verliert und eine ihrer verschiedenen Persönlichkeiten zum Vorschein kommt. Sie führt ein Videotagebuch, um selber diese Persönlichkeiten kennenzulernen, da sie nebenher nur die Möglichkeit hat, von ihrer Familie zu erfahren, was in den Phasen geschieht, wenn eine andere Persönlichkeit das Ruder übernommen hat. Die Serie beginnt mit einer solchen Szene aus einer Videoaufzeichnung und sofort wird man sich bewusst, dass man es bei "Taras Welten" nicht mit einer Comedy-Serie im herkömmlichen Sinne zu tun hat, denn Tara zeigt uns hier, phantastisch von Toni Colette gespielt, direkt die ganze Bandbreite an Emotionen. Sie ist verzweifelt, weil sie glaubt, als Mutter unzulänglich zu sein, sie legt Hoffnung auf die Kunst, die sie beruflich betreibt, und sie schöpft Kraft aus der Beziehung mit ihrem Mann Max, der sie unterstützt, so gut er nur kann.

Macht sich das Gefühl der Unzulänglichkeit in Tara allzu breit, durchläuft sie den Wechsel in eine der Persönlichkeiten, die mit Taras Naturell rein gar nicht gemeinsam haben und für die jeweilige Anforderung besser gerüstet sind. Zunächst sind diese Persönlichkeiten vollkommen klischeebehaftet und bilden die Grundlage des Komödiencharakters der Serie, da Toni Colette in all diese Rollen schlüpft, stereotype Kleidung trägt, ihre Stimme verstellt und im Falle Bucks sogar mit Dialekt spricht. Alice, T und Buck wirken lustig, besonders wenn man Taras "Erwachen" nach einem Wechsel beobachtet, da ihr das Verhalten der Persönlichkeiten auf liebenswerte Weise furchtbar fremd und peinlich ist.

Nach und nach aber wird freigelegt, dass die Persönlichkeiten Taras Innerstes zum Ausdruck bringen. Sie sind fest mit ihr verwurzelt und handeln auf eine Weise, die Taras ureigenste Gefühle widerspiegeln. Findet Tara nicht den richtigen Zugang zu ihrer frühreifen Tochter, gewinnt die Teenagergöre T die Oberhand. Sie ist frech, kleidet sich ausgeflippt, nimmt niemals ein Blatt vor den Mund und provoziert. So beispielweise auch Jason, den Schwarm Marshalls, bei dem dieser sich Hoffnungen macht, da er ihn einmal zurückgeküsst hat. T aber bringt auf den Punkt, dass Jason nicht wirklich homosexuell ist und Marshall am ausgestreckten Arm verhungern lässt.

Fühlt Tara sich ihrer häuslichen und erzieherischen Pflichten nicht gewachsen, ergreift die perfekte fünfziger Jahre Hausfrau Alice das Zepter. Kommt es schließlich zu Situationen, in denen Tara sich physisch unzulänglich fühlt, sei es in einer Auseinandersetzung mit dem Freund ihrer Tochter oder gegenüber einer geplanten Liebesnacht mit ihrem Mann, so kommt der Macho Buck zum Vorschein, der am liebsten mit Max Bier trinkt und Pornos anschaut.

Was Tara allerdings in größte Angstzustände versetzt, ist die Ursachenforschung, die Max vornimmt, da er, um seiner Frau zu helfen, versucht, den Auslöser für ihre Störung herauszufinden. Es besteht die Möglichkeit, dass eine Vergewaltigung zu Collegezeiten Taras Zustand hervorgerufen hat. Von der Sorge geplagt, für Max als Frau nicht mehr begehrenswert zu sein, kommt eine weitere Persönlichkeit ans Tageslicht, Gimmie, eine Gestalt ohne Sozialverhalten, die nur Taras unterbewusste, unverarbeitete Emotionen zu verkörpern scheint.

Persönlichkeiten unterschiedlichen Alters und Geschlechts, Rechtshänder / Linkshänder, verschiedene Stimmen, all dies sind tatsächliche Symptome bei Multipler Persönlichkeitsstörung. Toni Collette stellt diese hier äußerst realistisch dar, und dieser Tatsache ist es zu verdanken, dass "Taras Welten" weit mehr ist, als eine herkömmliche Comedy. Tara ist ein vielschichtiger Charakter, dessen Seiten sich in der Wandlung zu verschiedenen Persönlichkeiten sichtbar werden. Und wir haben gerade erst angefangen, Taras Vergangenheit, ihre Möglichkeiten und Abgründe kennenzulernen.

Nicole Oebel - myFanbase

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