Bewertung

Review: #4.01 Bleibe bei mir

Foto: Hayden Panettiere, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Hayden Panettiere, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Der Staffelauftakt lässt die langen vier Monate der Sommerpause schnell vergessen und schon ist man wieder mittendrin in den Geschichten der Charaktere, die wir in den vergangenen drei Jahren mal mehr und manchmal auch weniger Lieben gelernt haben. Das bekannte "Nashville"-Gefühl hat sich bei mir schnell wieder eingestellt. Also alles gut sollte man denken. Doch genau diese Vertrautheit mit den Figuren, aber vor allem auch mit den Geschichten, birgt auch Risiken. Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich Nashville mit dem Season-Beginn bewegt, denn eigentlich soll die erste Episode einer Staffel in meinen Augen auch die Richtung vorgeben, was uns Zuschauer in den nächsten Wochen und Monaten erwarten wird. Und wenn ich nun mit etwas Abstand auf die Folge zurückblicke, dann ist der Episodentitel auch wirklich Programm: "Can’t let go" – Nicht loslassen können. Genau das könnte zu einem Problem werden, wenn es die Autoren nicht schaffen, uns wie in Staffel drei doch häufiger geschehen, zu überraschen.

Die größte Gefahr sehe ich aktuell in sich wiederholenden Geschichten und in Entwicklungen von Charakteren, von denen ich eigentlich ausgegangen bin, dass diese bestimmte Eigenheiten und Eigenschaften inzwischen hinter sich gelassen hätten.

Allen voran steht hier die Handlung um Scarlett und Gunnar. Bereits zum Ende der dritten Staffel war mehr als klar, dass sich die beiden über das gemeinsame Musizieren hinaus auch wieder persönlich annähern. Gunnar, den es erneut völlig erwischt hat, und Scarlett, die es irgendwie nicht zugeben mag und, vielleicht auch der vergangenen gemeinsamen Erfahrung geschuldet, lieber an Caleb festhält. Ich will mir das ehrlich gesagt nicht noch länger in diesem Zustand ansehen. Ich habe ja grundsätzlich gar nichts gegen eine Beziehung der beiden, im Gegenteil. Meines Erachtens waren sie eigentlich seit Serienbeginn das glaubhafteste Paar von allen. Da muss jetzt endlich eine Entscheidung fallen, anstatt auf Teufel komm raus dieses Drama noch weiter künstlich zu verlängern. Stattdessen werde ich das Gefühl nicht los, dass Scarlett in den Augen der Autoren nun krampfhaft versuchen soll, sich ihre Zuneigung zu Caleb nach dem Zusammenziehen nun auch durch die drei Worte "ich liebe Dich"¥ zu erzwingen, obwohl sie doch im Innersten eigentlich einen andern liebt. So bitte nicht.

Ein déjà-vu Gefühl stellt sich auch bei Juliette und allen mit ihr verbundenen Geschichten und Charakteren ein. Da blitzt doch ziemlich deutlich wieder das auf die Karriere bedachte Mädchen auf, die zwar inzwischen zur jungen Frau gereift oder besser gesagt gealtert sein mag, denn von Reife kann man da eigentlich nicht sprechen. Trotz ihrer negativen Erfahrung in der eigenen Kindheit mit ihrer Mutter, schafft sie es nicht, es bei ihrer eigenen Tochter besser zu machen. Stattdessen gibt sie wieder die Zicke, die andere für sich springen lässt und nebenbei noch vermeintliche Konkurrenz, hier in Form von Layla, aus dem Weg räumen lässt. In den Mix wirft man dann noch ein wenig Verletzlichkeit, die auch früher schon immer mal aufblitzen durfte, z.B. durch ihren nächtlichen Anruf bei Rayna oder in der Szene, in der sie sich Bilder von Avery und Cadence auf ihrem Handy anschaut. Das alles hat man so oder so ähnlich bei Juliette aber schon wiederholt gesehen und man fragt sich, warum man ihren Reifeprozess jetzt unbedingt wieder über den Haufen werfen und die so schön gewachsene Beziehung mit Avery den Bach hinunter gehen lassen muss. Natürlich deuten sich auch hier schon erste Anzeichen einer Annäherung an, indem Avery sich dazu entschließt, nach Nashville zurückzukehren und eben in der genannten Szene mit Juliette und den Fotos. Dass Rayna wieder einmal bereit war, für Juliette die Mutterrolle einzunehmen, oder dass Layla erneut zwischen Naivität und fehlendem Selbstvertrauen von dem nicht mal anwesenden Jeff an der Nase herum geführt wird, waren nun auch keine innovativen Ansätze in diesem Umfeld. Da hatte ich mir etwas mehr Wandlung und Neubelebung in der Figurenentwicklung, aber auch in der Erzählung gewünscht.

Etwas mehr Wagemut oder zumindest einmal einen direkteren Einstieg in die Auflösung des Cliffhangers um die lebensnotwendige Operation von Deacon hätte ich mir ebenfalls gewünscht. Mal ehrlich, wer hat ernsthaft an einen Tod von Deacon geglaubt? Eine der absoluten Favoriten unter den Hauptfiguren wird man zu diesem Serienzeitpunkt wohl kaum gehen lassen. Anstatt mit einem möglichen Tod der lebensrettenden Organspenderin Beverly wenigstens etwas Dramatik aufkommen zu lassen, hat man sich diesen Schritt jedoch nicht getraut und nun droht stattdessen möglicherweise eine Wiederauflage ihrer Missgunst gegenüber Rayna und Deacon. Ich hoffe doch sehr, dass uns dies erspart bleiben wird. Dass man zum Episodenbeginn nicht gleich damit herausrücken will, dass Deacon dank der Spende überlebt hat und man lieber einen Zeitsprung einbaute und falsche Fährten mit der leeren Betthälfte in Raynas Schlafzimmer legte, war auch ein eher künstlich erzeugter Spannungsaufbau und völlig unnötig. Immerhin brachte die Handlung uns aber eine schöne Akustik-Gesangseinlage von Deacon an Beverlys Krankenbett. Für mich das musikalische Highlight der Folge. Da half auch der kleine Auftritt von Aerosmiths Steven Tyler nicht, um sein Duett mit Juliette an die Spitze der Gesangsdarbietungen zu setzen.

Interessanterweise hätte für mich ausgerechnet die sonst bei mir so unbeliebte Story um Teddy ein wenig Innovation in die Handlung der Auftaktfolge bringen können, die im letzten "Staffelfinale" endlich interessant wurde. Stattdessen hat man dieses Thema nahezu komplett unter den Tisch fallen lassen, wenn man einmal von den unterschiedlichen Reaktionen von Raynas Töchtern auf seine Briefe aus der Haft absieht. Ein wenig unter ging auch die Situation bei Raynas Label Highway 65. Die prekäre Lage zeigte sich in vollem Umfang erst zum Folgenende, als Rayna allein in den Räumlichkeiten stand. Für mich war aber noch unklar, inwiefern Teddys Verhaftung und die Verstrickung von Geldern aus Tandys früheren Machenschaften dabei bereits auch schon eine Rolle spielten oder es sich nahezu allein auf den Weggang von Juliette zurückführen lässt. Da sehe ich jedenfalls noch Potential für einen interessanten Handlungsstrang.

Etwas zwiegespalten bin ich noch in Bezug auf Wills Verhalten in dieser Folge. Nachdem nun ein Monat seit seinem Outing vergangen ist, hatte ich mir doch etwas mehr Fortschritt hinsichtlich seines Selbstvertrauens mit seiner Homosexualität gewünscht. Im Prinzip verhält er sich nun genauso, wie er es vor seinem Bekenntnis in der Öffentlichkeit gemacht hat. Er versteckt sein wahres ich und stößt damit andere vor den Kopf und hier natürlich ganz besonders Kevin, der wirklich sehr geduldig mit ihm umzugehen scheint. Ich hoffe doch sehr, dass diese Geduld nicht überstrapaziert wird und die beiden sich nicht bald schon wieder trennen. Ich will aber auch nicht ganz so kritisch mit Wills Verhalten sein, denn eigentlich ist es nur eine konsequente Fortführung der Erzählweise seiner Charakterentwicklung. Man hat sich seit der Einführung von Will schon immer sehr viel Zeit gelassen, bis es endlich zum Outing kam und nun braucht er eben auch Zeit, um sich an sein "neues Leben" zu gewöhnen. Ich bin mir sicher, oder hoffe es zumindest, die beiden können auch noch eine glückliche Beziehung in der Öffentlichkeit führen.

Fazit

Wir halten fest: das heimelige Nashville-Gefühl ist mit dem Staffelauftakt direkt zurückgekehrt, doch noch ist nicht alles Gold was glänzt. Die mitunter deutliche Kritik an den vielen sich wiederholenden Elementen bei Handlungen und Charakteren mag vielleicht noch etwas zu verfrüht sein. Dennoch fühlte ich mich gut unterhalten, lasse mich nächste Woche gerne vom Gegenteil überzeugen und bin gespannt, mit welchen Entwicklungen uns die Autoren hoffentlich auch in Staffel vier noch überraschen werden.

Jan H. – myFanbase

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