Bewertung

Review: #2.15 Leben ohne Lügen

Eine faustdicke Überraschung, ein Country Star auf Lady Gaga’s Pfaden, ein neues Country Trio formiert sich und eine nicht ganz unerwartete Affäre: das sind die Zutaten des Cocktails aus Drama, Musik und Soap. Nach den Enttäuschungen der letzten Woche geht es wieder bergauf mit der neuesten Episode von “Nashville“.

"Oh Tandy please, he was a murderer. Isn’t that what you said?"

In meiner letzten Review äußerte ich noch starke Zweifel daran, dass Teddy Lamar wirklich dem Tod überlassen würde. Nun wurde ich eines Besseren belehrt. Das nenne ich mal eine unerwartete Wendung. Mit Lamars Ableben hat die Serie nicht nur einen Familienpatriarchen, sondern auch noch den einzig richtigen "Villain" verloren. Und wenn ich es mir recht überlege, so hat Rayna mit ihrer noch recht gefassten, unemotionalen und frei von Trauer geäußerten Meinung gegenüber Tandy sogar Recht. Lamar war nun einmal ein skrupelloser Mann, der seine persönlichen Ziele zumeist vor familiäre Angelegenheiten stellte. Seine Beziehung zu Rayna war schon immer schwierig und trotz der jüngsten Annäherungen, gelang es ihm nicht, sich letztendlich doch für seine Familie zu entscheiden. Im Grunde zieht Rayna also nur ihre Einstellung zu Lamar konsequent durch, während es Tandy ist, die Unentschlossenheit zeigt. Sie hat lange zu ihrem Vater gestanden, sich dann durch das FBI verunsichern lassen und zog letztendlich mehr aus Angst vor Lamar von ihrem Vorhaben zurück, diesen für den Tod ihrer Mutter büßen zu lassen. Tandy nun am Boden zerstört zu sehen, hinterlässt daher bei mir durchaus zwiespältige Gefühle im Hinblick auf ihre Figur.

"Sometimes people do the wrong things for the right reasons. But they don’t intend to harm you. They try to make the best of a bad situation."

Gut gefielen mir die Gespräche von Rayna und Deacon. Überhaupt hatten die beiden zusammen schon immer sehr starke Szenen, die von der langjährigen Vertrautheit der beiden Charaktere leben. Beiden ist beim Anblick des jeweils Anderen sofort bewusst, dass etwas nicht in Ordnung ist. In dieser Situation ist es wieder einmal an Deacon, der Rayna auf ihre Verfassung an- beziehungsweise ihr widerspricht. "I’m fine." – "You’re not fine." Die kurze Dialogzeile haben wir nicht zum ersten Mal von den beiden gehört und verstärkt die Beziehung der beiden noch einmal. Es spricht außerdem für Deacon, dass er Rayna zu verdeutlichen versucht, dass ihre Familie ihr eine wichtige Stütze ist und gerade Tandy in diesem Fall lediglich versucht hatte, Lamars Beteiligung am Tod ihrer Mutter nur zu ihrem Besten vorzuenthalten. Es stellt sich wirklich die Frage, ob man einen geliebten Menschen mit einer solchen Wahrheit konfrontieren sollte. Vor allem weil ich wirklich der Überzeugung bin, dass Tandy damit ihre Schwester und nicht Lamar schützen wollte. Man könnte Deacons Worte auch durchaus in Verbindung mit Lamar bringen. Letztendlich sehe ich aber doch keine Rechtfertigung für Lamars Handeln, die Rayna auch nur ansatzweise verständlich zu machen wäre, geschweige denn sie trösten könnte.

"All the lying has to stop."

Letztendlich haben Deacons Worte dann doch bei Rayna gefruchtet. Sie scheint akzeptiert zu haben, dass Tandy sie vor der Wahrheit schützen wollte. Dennoch ist sie der vielen Geheimnisse und Lügen in der Familie überdrüssig. In einer emotional packenden Szene fällt Raynas fast schon coole Fassade angesichts des Todes ihres Vaters in sich zusammen. Sie kann ihre aufgestaute Wut nicht mehr zurückhalten, es bricht aus ihr heraus. Der Glaswurf zeugt noch von ihrem Ärger, doch am Ende bleibt von Rayna nur noch ein Häufchen Elend. Sie sitzt vor den Scherben ihrer Familie. Tandy will sie als Stütze eigentlich nicht verlieren, Teddy ist als Vater ihrer Kinder auch nach der Scheidung ein Teil ihres Lebens und mit Lamar hat sie nun auch das letzte Elternteil verloren. Das geht trotz aller Ressentiments ihm gegenüber auch an Rayna nicht spurlos vorbei. Die Phase der Trauer hat nun auch bei ihr eingesetzt und zur Bewältigung benötigt sie die Hilfe ihrer Familie.

Auf Lady Gaga’s Spuren

Juliettes Geschichte gefiel mir diese Woche nicht besonders. Grundsätzlich war es dennoch schön zu sehen, dass ihr Auftritt in der Grand Ole Opry von den Kritikern Anerkennung fand und Juliette damit auch endlich einmal wieder musikalisch einen Erfolg feiern durfte. Das gestiegene Interesse an ihr schlug dann allerdings in eine Richtung um, die mich in mehrerlei Hinsicht Schlimmstes befürchten ließ. Die von dem Produzenten Howie V präsentierte Version von "Don’t Put Dirt On My Grave Just Yet" war mir viel zu glatt gebügelt und zu pompös inszeniert. Das dazugehörige Styling für das Foto- und Videoshooting ließ mich dann ehrlich gesagt auch eher an Lady Gaga denken. Mit dem auf die Country Music Szene ausgerichteten "Nashville" hatte das auf jeden Fall nicht mehr viel zu tun. Und mit meinem Missmut stand ich auch nicht alleine da, denn auch Glenn schien mir davon wenig begeistert, zumal er sich bei all dem Einfluss von Howie V und dessen Team wohl ziemlich überflüssig vorkam. Dass es infolgedessen auch noch zu einer Trennung von Juliette und Glenn kommen sollte, war der nächste Tiefschlag. "Nashville" und Juliette ohne Glenn, wollte ich mir einfach nicht vorstellen. Immerhin führte dies noch zu einer emotional ergreifenden Szene zwischen ihm und seinem Schützling, die mit Juliettes "Dad"-Bezeichnung für Glenn noch einmal den Stellenwert zementierte, den er für sie in all den Jahren eingenommen hat. Zum Glück besann sich Juliette am Ende noch einmal eines besseren und ich konnte beruhigt durchatmen als sie Averys Produktion ihres Songs bevorzugte und zu Glenn zurückkehrte. Ich bin Juliette wirklich dankbar, dass sie sich nicht für möglichen Ruhm und gesteigerte Aufmerksamkeit verkauft hat. Natürlich zählt der große Erfolg auch weiterhin für sie, aber nicht um jeden Preis und schon gar nicht wenn sie dafür die eigenen Interessen und Vorstellungen aufgeben muss.

Solo, Trio und Quartett

Ein weiterer Auftritt von Liam sorgte bei mir für gemischte Gefühle. Die Kombination aus ihm und Scarlett gefiel mir ja in #2.13 It’s All Wrong, But It’s Allright noch gut. In Gesprächen offenbarte sich ihre Gemeinsamkeit des ständigen allein-unterwegs-Seins, den damit verbundenen Stress und die fehlenden emotionalen Bindungen zu Freunden und Familie. So durften wir nun auch bei Liam erstmals ein wenig in sein Innerstes blicken. Trotz dreier Häuser, hat er niemanden, der in einem davon auf ihn warten würde. Eine traurige Situation wenn ich das richtig bedenke. Hinzu kommt sein Wunsch, auch endlich wieder einmal selbst Musik machen zu können, als nur die von anderen zu produzieren. Gemischte Gefühle hinterließ dann allerdings sein Versuch, Scarlett zu küssen. Ich kann noch bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, dass er damit seine Einsamkeit kompensieren wollte, aber im Angesicht seiner durchaus auch emotional verbundenen Vergangenheit mit Rayna, hätte ich mir einfach gewünscht, dass man ihn diesen Schritt mit Raynas Schützling lieber nicht hätte gehen lassen. Sicher haftet ihm das Womanizer-Image an, aber nach den schönen Szenen von ihm und Scarlett, hätte ich darauf gut verzichten können.

Dazu passend und trotz des traurigen Hintergrundes gut gefiel mir aber, wie man Scarlett in ihrer Einsamkeit in den Kontrast zu Deacon und seinen Mitstreitern Gunnar, Avery und Zoey stellte, deren gemeinsamer Auftritt zu einem Erfolg wurde. Ausgerechnet von den Personen, die ihr einst so nahe standen, fühlt sich Scarlett nun gerade entfernter denn je. Dafür kommen sich ihre Ex-Freunde umso näher und können gerade auch zu Beginn der Folge mit einem tollen Song überzeugen, der mit seinen Harmonien und der Mehrstimmigkeit sehr Lady Antebellum-like daher kommt und direkt ins Ohr geht. Das überzeugte letztendlich nicht nur Deacon, sondern auch mich. Davon gerne mehr und es schaut auch ganz danach aus, als die drei am Ende der Episode über die Gründung einer Band sprechen. Dabei hätte ich mir insgesamt aber noch etwas mehr Augenmerk auf einen möglichen Konflikt von Gunnar und Zoey gewünscht. Ihre Gesangsambitionen scheinen mir von Gunnar nicht wirklich ernst genommen zu werden. Dass seine Kommentare und sein Verhalten Zoey gegenüber weder bei ihr noch bei Avery gut ankommen, bemerkt er nicht einmal. Erschreckend, wie wenig er sich eigentlich doch mit ihr auseinandersetzt, obwohl die beiden inzwischen doch schon eine ganze Weile ein Paar sind.

Dies und das

Erwähnenswert, wenn auch etwas überflüssig in dieser Folge, war für mich noch Teddys Geständnis gegenüber Megan, dass er Lamar in seinem Büro hat sterben lassen. Sein schlechtes Gewissen schien zu groß zu sein, als es für sich behalten zu können und Megan zog er ja nicht das erste Mal in sein Vertrauen. Dagegen war es doch enttäuschend, dass Megan gegenüber Deacon ihr Treffen mit Teddy verschwiegen hat. Hier scheint sich neues Unheil anzukünden, dass durchaus vermeidbar wäre.

Gefehlt hat mir im Zusammenhang mit dem Tod von Lamar auch ein Gespräch von Deacon und Maddie, die in ihrer Trauer sicher auch Beistand von ihrem leiblichen Vater gewollt hätte.

Auch wenn Will in dieser Folge leider keine Rolle spielte, ist das für mich eher positiv zu werten, weil die Autoren offenbar langsam ein Gespür dafür zu entwickeln scheinen, dass zuletzt einfach zu viele Themen pro Folge behandelt wurden. Auch die Handlungsstränge untereinander waren in dieser Episode sehr gut miteinander verknüpft, was ja vor allem in Staffel eins noch ein großer Kritikpunkt von mir war.

Zu guter Letzt sei auch noch gesagt, dass der Musikanteil dieses Mal wieder erfreulich hoch war und sich auch gut auf die verschiedenen Charaktere mit unterschiedlichsten Ausprägungen der Country Musik verteilte. Das darf gerne beibehalten werden.

Fazit

Lamars Tod war für mich wirklich eine große Überraschung. Daraus wurde meines Erachtens in der Folge aber dann doch zu wenig gemacht. Raynas Gleichgültigkeit und Tandys übertriebene Trauer waren mir einfach zu extrem. Juliettes Ausflug in die Popmusik versetzte mir mit der Trennung von Glenn einen kleinen, zum Glück schnell wieder vorübergehenden Schock, während mir die gegensätzliche Inszenierung von Scarlett und ihren ehemaligen Freunden und Vertrauten sehr gut gefiel. Insgesamt ergaben sich in dieser von viel Musik geprägten Folge viele kleine Ansätze, die für die weitere Entwicklung Potential bieten, das jetzt nur noch genutzt werden muss.

Jan H. – myfanbase

Die Serie "Nashville" ansehen:

myFanbase integriert in diesem Artikel Links zu Partnerprogrammen (bspw. Amazon, Apple TV, WOW, RTL+ oder Joyn). Kommt es nach dem Aufruf dieser Links zu qualifizierten Käufen der Produkte, erhält myFanbase eine Provision. Damit unterstützt ihr unsere redaktionelle Arbeit. Welche Cookies dabei gesetzt werden und welche Daten die jeweiligen Partner dabei verarbeiten, erfahrt ihr in unserer Datenschutzerklärung.


Vorherige Review:
#2.14 Kein Weg zurück
Alle ReviewsNächste Review:
#2.16 Alles im Fluss

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Nashville" über die Folge #2.15 Leben ohne Lügen diskutieren.