Bewertung

Review: #8.01 180 Tage

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Claire Danes, Homeland
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

2011 war es soweit und mit "Homeland" kehrte die von mir seit "Willkommen im Leben" geliebte Claire Danes auf die TV-Bildschirme zurück. Neun Jahre später präsentiert "Homeland" mit Staffel 8 die finale Staffel der Serie und im Vorfeld wurde bereits deutlich, dass man einen runden Abschluss schaffen wollte, der dieser besonderen Serie würdig war.

Der Auftakt in Staffel 8 hält in meinen Augen, was man sich vorab davon versprochen hat. Wir erfahren, wie es Carrie Mathison seit ihrer Gefangenschaft ergangen ist und welche Konsequenzen diese Zeit für ihre Zukunft haben könnten, es wird auf einige Ereignisse und Personen aus vergangenen Staffeln eingegangen und alle Figuren scheinen schnell wieder in ihrem Element zu sein. Doch eins nach dem anderen.

Seit Beginn von "Homeland" wissen wir, dass Carrie durch und durch eine CIA-Agentin ist. Sie steckt viel Herzblut in ihren Job und hat dieses gewisse Bauchgefühl, das sie in ihrem Job herausstechen lässt. Aus diesem Grund wurde ihr über die Jahre auch viel durchgehen gelassen, denn sie treibt es immer wieder auf die Spitze. Letztendlich dient ihr Verhalten jedoch immer dem höheren Ziel, die USA sicherer zu machen oder vor externen Einflüssen zu schützen. Doch Carrie war auch oft ihre eigene Feindin, denn ihre bipolare Störung und der teilweise gewollte Entzug ihrer Medikamente haben nicht nur ihre Brillanz zum Vorschein gebracht, sondern sie auch immer wieder in ein tiefes Loch fallen lassen, in dem sie von Wahnvorstellungen geplagt wurde und ihren eigenen Sinnen nicht vertrauen konnte. Nachdem sie also im Finale der siebten Staffel von russischen Geheimagenten gefangen genommen wurde, war klar, dass sie erneut eine sehr schwere Zeit durchmachen würde, und die letzten Sekunden, die sie nach monatelanger Gefangenschaft wieder in Freiheit zeigten, zeigten ein verstörendes Bild von einer komplett verwirrten Frau. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Carrie sich aus jedem Loch wieder raus zu kämpfen weiß und so auch aus diesem. Wenige Wochen nach ihrer Gefangenschaft wird Carrie zwar noch von Albträumen und bruchstückhaften Erinnerungen daran geplagt, doch mithilfe von Medikamenten, Sport und vielen Therapiestunden scheint sie langsam wieder in die Normalität zu finden und den Wunsch zu verspüren, wieder für die CIA zu arbeiten. Dabei nagt jedoch ein Zweifel an ihr, der anfangs vor allem extern durch die Gegenspionage geschürt wird, später aber auch sie selbst durcheinanderbringt: Hat sie während ihrer Gefangenschaft sicherheitsrelevante Informationen mit den Russen geteilt? Ist sie womöglich eine Doppelagentin, die durch ihre manische Phase so sehr manipuliert werden konnte, dass sie sich selbst nicht mehr daran erinnern kann? Mit diesen Fragen werden wir ab den ersten Minuten dieser achten Staffel konfrontiert.

Deshalb ist es umso verwunderlicher, dass Saul Berenson nicht zögert, Carries Heilungsprozess zu unterbrechen, die Zweifel an ihrer Integrität hintenanzustellen, und sie nun für einen neuen Einsatz in Kabul zurückzuholen. Es scheint, als wäre sie die einzige Person im gesamten Spionage- und Diplomatie-Apparat der USA, die für diesen Einsatz geeignet ist. Doch Saul weiß, zu was Carrie fähig ist, und er benötigt ihre Verbindungen und Kontakte, um sein Ziel zu erreichen, den amtierenden Vizepräsidenten Afghanistans zu einem Rückzug zu bewegen. Schon oft genug ist er mit ihr ein Risiko eingegangen, schon oft genug hat sie ihn enttäuscht, aber auch ebenso oft hat sie mit ihrem Verhalten und ihrem Können ein riesiges Unglück verhindert. Da Saul nicht viel Handlungsspielraum bleibt, setzt er also auf eine Person, von der er weiß, dass sie alles für ihr Land tun würde.

Wer Mandy Patinkins Interviews in den vergangenen Jahren verfolgt hat, weiß, dass er kein Schauspieler ist, der gerne Schwarz-Weiß-Malerei betreibt. Er spielt in "Homeland" zwar einen hochrangigen CIA-Agenten und späteren Sicherheitsberater des Präsidenten, doch man merkt, dass auch sein Kampf gegen den Terror oder die Manipulation der USA immer von einer ganzheitlichen Betrachtungsweise geprägt ist. Er bekämpft das Böse auf der Welt, doch er weiß, dass in jedem mindestens auch ein Funke Gutes steckt und dass man mit dem richtigen Fingerspitzengefühl daran appellieren kann. Für ihn ist es wichtig, seinen Verhandlungspartner zu kennen, nicht nur seine Stärken und Schwächen, sondern auch welche Ziele die Person hat. Das merkt man in der Auseinandersetzung mit Tasneem Qureshi oder im Gespräch mit dem Taliban-Führer und das selbe Ziel verfolgt er nun mit Carries Einsatz bei Abdul G'ulom, gegen den er ein Druckmittel benötigt, damit der gesamte Friedensprozess nicht zum Scheitern verurteilt ist. Saul muss also ein riesiges Konstrukt an Wechselwirkungen bedenken und wirkt wie ein Schachgroßmeister, der überall seine Finger im Spiel hat und an zig Strippen gleichzeitig ziehen muss.

Denn nicht nur in Doha oder in Bezug auf Carrie denkt Saul bereits zwei Schritte voraus. Auch Max Piotrowskis Einsatz in Afghanistan zählt zu den Manövern, die unter Sauls Regie stehen. Max inmitten eines Kampfgebietes zu sehen, ist so unwirklich, und seine Angst ist ihm ins Gesicht geschrieben, weshalb es auch nicht verwunderlich ist, dass ihn die Soldaten nicht ernst nehmen. Doch für Max ist dieser Einsatz nicht einfach nur Pflichterfüllung. Wer sich an Staffel 4 zurückerinnert, das Massaker in der Botschaft von Islamabad vor Augen hat und weiß, wie mit Fara Sherazis Tod für Max eine Welt zusammengebrochen ist, der weiß sofort, welche Bedeutung es hat, dass er hier eine Abhöreinrichtung repariert, die ihm ermöglicht zu erfahren, was Haissam Haqqani plant. Dieser Moment, als er den Soldaten klarmacht, warum er nicht einfach nur der "Cable Guy" ist, beschert einem Gänsehaut und ist nur einer dieser vielen Momente, wo "Homeland" bereits in dieser Auftaktepisode auf die zurückliegenden Staffeln zurückblickt.

Abseits von den Figuren, von denen ich mir hoffe, dass sie in dieser finalen Staffel noch mal zur Höchstform auflaufen und einen würdigen Abschluss bekommen, gefällt mir auch die Thematik von Staffel 8. Mit dem Krieg in Afghanistan nimmt man den Ursprung des Gedankens dieser Serie in den Fokus. Schließlich wurde nach dem 11. September 2001 und dem darauffolgenden Einmarsch der amerikanischen Truppen in Afghanistan der Grundstein für die Homeland Security in den USA gelegt und der Kampf gegen den Terror noch mal auf eine neue Stufe gehoben. Dass man hier nun also den Friedensprozess begleitet, die verschiedenen Aspekte für die Region und die USA betrachtet und daraus noch mal eine spannende Thriller-Serie macht, passt also perfekt für das große Finale. Gleichzeitig kommt "Homeland" damit auch wieder dem Ruf nach, unglaublich nah am Zeitgeschehen zu sein, was vor allem dem geschuldet ist, dass die Serie so gut gemacht ist, dass die Produktion zum Ende hin, eng mit Beratern aus dem Weißen Haus und den Militärstäben der USA zusammen gearbeitet hat, um mögliche neue Themenkomplexe auszuloten. In den letzten Jahren hatte man sich da eher auf innenpolitische Konflikte, ausgelöst durch die US-Wahl, konzentriert, mit Staffel 7 dann aber auch wieder den Bogen zur Außenpolitik und der Wahlmanipulation seitens Russland geschlagen. Nun also wird auch in der Realität an einem Frieden zwischen Afghanistan und den Taliban gearbeitet und auch hier geht es um die Freilassung gefangener Taliban-Kämpfer. Es ist also mal wieder spannend und gruselig zugleich, wie nah "Homeland" die Realität abbildet, gleichzeitig aber auch mit soviel Fiktion unterfüttert, dass man sich fragt, was eigentlich tatsächlich auf der Welt passiert, damit ein solcher Frieden zustande kommt. Die Mystik der Geheimdienste wird damit also weiter beschworen.

Fazit

"Homeland" startet stark in die finale Staffel und macht einem trotz der ruhigen Erzählweise gleich deutlich, was uns in den kommenden Folgen erwarten wird. Ohne viel Umschweife sind die Hauptfiguren gleich wieder in ihrem Element und das große Ziel ist klar: Frieden in Afghanistan, so dass sich die Amerikaner geordnet zurückziehen können. Doch welche Opfer sind nötig, um dieses Ziel zu erreichen?

Catherine Bühnsack - myFanbase

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