Bewertung

Review: #3.08 Tipps aus der Todeszelle

Foto: Matt Czuchry & Monica Raymund, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Matt Czuchry & Monica Raymund, Good Wife
© Paramount Pictures

Wie oft wird in den USA eigentlich jemand fälschlicherweise des Mordes angeklagt? Bei "Good Wife" kommt das gefühlt alle paar Folgen vor. Immerhin bieten die Drehbuchautoren aber jedes Mal eine abgewandelte Herangehensweise, sonst würde es wohl bald langweilig werden. Im Fokus der Handlung steht diesmal erneut ein Häftling in der Todeszelle, doch anders als bei dem Fall in Staffel 2, fiebert man diesmal weit weniger mit, ob der Kandidat tatsächlich zu seiner Strafe kommt oder nicht. Damals war der Fall sehr viel emotionaler aufgezogen und verdeutlichte, was die Todesstrafe bedeutet. Diesmal ist es das Ganze um einiges morbider: Man benötigt Informationen von dem Häftling und versucht deshalb die Todesstrafe aufzuschieben. Lockhart Gardner bzw. Alicia stehen diesmal nicht dahinter, die Todesstrafe vollkommen zu verhindern, sondern sie spielen nur etwas auf Zeit, um ihrem eigenen Mandanten zu helfen. Allein diese Herangehensweise lässt den ganzen Fall ganz anders wirken, denn Alicia ist überzeugt davon, dass der Häftling, Ricky, schuldig ist und den Tod verdient hat. Dabei wird recht deutlich, welche unterschiedlichen Meinungen es zum Thema Todesstrafe gibt. Während man meinen könnte, dass die emotionale Alicia eigentlich dagegen ist, dass man einen Menschen umbringt, egal was er getan hat, reagiert sie hier auf ganz andere Weise emotional: Sie stellt sich vor, was wäre, wenn ihre eigene Tochter das Opfer einer Vergewaltigung und eines anschließenden Mordes geworden wäre und was sie dann hätte durchstehen müssen. Sie hätte nichts dagegen, wenn der Mörder daraufhin die Todesstrafe erhielte. Justin Coyne sieht das anders und bringt Alicia dadurch vielleicht ein bisschen zum nNchdenken.

Die Diskussion wird fortgesetzt, als Alicia kurz darauf mit dem früheren Pastor von Ricky spricht. Dieser ist ebenfalls der Meinung, dass Ricky ein schlechter Mensch ist, doch dass er dafür nicht den Tod verdient hat. All diese Punkte bringen Alicia und auch den Zuschauer zum nachdenken, doch richtig überzeugt ist sie noch nicht. Sie macht sich große Sorgen um Zach und vor allem Grace, was man auch an dem Telefonat merkt, das sie später mit Grace führt. Sie möchte nicht, dass ihre Kinder alleine und damit schutz- oder hilflos sind. Ob es nun an der Großstadt liegt oder daran, dass Alicia fast alltäglich mit Mord und Gewalt konfrontiert wird - hier wird mal wieder deutlich, dass ihr Job eben auch ihr Privatleben beeinflusst, egal wie sehr sie versucht, sich professionell zu verhalten.

Man merkt ein wenig, in welche Richtung einen die "Good Wife"-Autoren hier drängen wollen. Wenn Alicia sich bis zum Ende der Episode gegen die Todesstrafe entschieden hätte, würde das aufzeigen, dass es moralisch falsch wäre, jemanden für Vergewaltigung und Mord mit dem Tod zu bestrafen. Doch man belässt es bei diesen Diskussionen, den dargestellten Standpunkten und Alicias Unbehagen Ricky gegenüber und bevormundet den Zuschauer nicht, indem man ihm eine Meinung zur Todesstrafe vorschreibt. Am Ende nimmt man die Kritik an der Todesstrafe durch Rickys Äußerungen gegenüber seiner Mutter und seinem Bruder sogar wieder ein bisschen zurück, was man auch für inkonsequent halten könnte. Aber vielleicht wollten die Autoren tatsächlich keine Meinung zu dem Thema vorschreiben, da es so viele unterschiedliche Blickwinkel darauf gibt.

Schön ist, dass man in dieser Folge wie schon vor einigen Episoden wieder die Rechtshilfe von Chicago einbindet. Nachdem Diane es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Einrichtung zu unterstützen, obwohl ihre eigene Kanzlei durch die Finanzkrise sehr mitgenommen wird, wurde es ja auch mal Zeit, dass wir das Team in Form von Justin Coyne wieder zu sehen bekommen.

Ein ganz anderes Thema dieser Episode war das langsame Anbändeln von Kalinda und Dana Lodge, Carys Kollegin bei der Staatsanwaltschaft. Von Beginn an bemerkt man eine unterschwellige sexuelle Spannung zwischen den beiden, was durch Blicke und gewisse Anmerkungen betont wird. Kalinda bekommt auf diese Weise neue Einblicke in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und muss weniger mit Cary zusammenarbeiten, was sich in der letzten Zeit immer mehr verkompliziert hatte. Die kleinen Wortgefechte mit Dana machen die Sache spannender, denn Kalinda scheint nicht die einzige mit einer guten Beobachtungsgabe oder guten Instinkten zu sein. Im Gespräch zwischen Dana und Cary wird das später auch noch mal verdeutlicht, denn keiner von ihnen möchte zugeben, dass dort mehr zwischen ihm/ihr und Kalinda ist. Doch beide wissen, dass das nicht ganz stimmt. Genau das ist das Faszinierende an Kalinda, denn sie löst irgendwas in ihrem Gegenüber aus oder weiß genau, welche Fäden sie ziehen muss, um ihr Gegenüber aus der Reserve zu locken. Kalinda arbeitet wie immer nach dem Motto "Eine Hand wäscht die andere" und erhält Informationen im Gegenzug dafür, dass sie ihre Hilfe bei einer anderen Sache anbietet. Nach all dem Geplänkel mit Dana könnte man fast meinen, dass sie tatsächlich soweit gehen würde, Will zu verpfeifen, doch Kalinda hat nicht sonderlich viele Freunde und Will zählt mit Sicherheit dazu. Sie nutzt also die Andeutungen, die Dana macht, um Will vorzuwarnen und ihn bei der Staatsanwaltschaft nicht ins offene Messer laufen zu lassen. Dass Will vielleicht Kalindas einziger Freund und Vertrauter werden könnte, wurde dann auch in dem kurzen Gespräch der beiden wieder schön deutlich. Zumindest bietet sie ihm ihre Hilfe an, was ja schon mal ein erster Schritt ist.

Neben dieser großen Storyline rund um den Fall der Woche gingen ein paar lustige Nebenhandlungen fast unter. Aber nur fast. Elis Tochter Marissa ist in der Kanzlei und langweilt sich, bis sie Zach trifft, der mal wieder Alicias Computer reparieren soll. Zum einen ist Zachs Spruch, dass sich eine solche Kanzlei keine ordentliche IT leisten kann, genial, zeigt er doch, dass die Autoren sich hier ein wenig selbst auf die Schippe nehmen - denn sie brauchen ja irgendeinen Grund Zach plötzlich ständig in der Kanzlei auftauchen zu lassen. Zum anderen ist es herrlich zu sehen, wie Eli darauf reagiert, dass er aus Marissas Gespräch mit Zach - mal wieder ein Freund mit einem einsilbigen Namen? - ausgeschlossen wird. Ob er da schon eine Krise im Anmarsch sieht? Seine Blicke sind auf jeden Fall umwerfend. Das Treffen von Marissa und Zach leitet dazu über, dass er sie mit nach Hause nimmt, um ihr angeblich zu erklären, wie man Elis Computer reparieren kann. Da taucht plötzlich Jackie auf und das löst eine Kette von komischen Momenten aus, bei denen ich tatsächlich laut auflachen musste. Nachdem Jackie es einigermaßen verkraftet hat, dass Zach mit einem Mädchen mehr oder weniger alleine zuhause ist, trifft auch schon Grace neue Tutorin Jennifer in bunten Klamotten und komplett bunt geschminkt ein. Jackie, die normalerweise immer einen höflichen und zugleich abfälligen Kommentar parat hat, bleibt hier jedoch einfach nur sprachlos stehen. Der konservativen Jackie gefällt es natürlich nicht, wie sich die Kinder ohne ihren Einfluss nach der Trennung der Eltern entwickelt haben. Dass sie daraufhin aber gleich mal Alicias Wäsche durchsucht, um dabei vielleicht Nachweise für eine Affäre zu finden, halte ich schon für arg übertrieben. Sie hat sich zwar schon immer in Alicias Leben und ihre Erziehung eingemischt, aber das geht nun wirklich zu weit. Eigentlich dürfte sie die Wohnung nicht mal mehr einfach so mit ihrem Schlüssel betreten - tut es aber doch immer wieder - und jetzt das? Sollte Alicia davon erfahren, würde sie Jackie sicherlich rausschmeißen und die Schlösser wechseln lassen… Während man sich einerseits also ziemlich darüber aufregen kann, was man da sieht, ist es andererseits auch urkomisch, weil Jackies Gesichtsausdruck als sie die Dessous sieht einfach zu genial ist. Diese ganze Aktion wird dann getoppt, als sie sich Alicias Laptop vornimmt, ihn mühevoll aufklappt und dann nicht weiß, wie man das Gerät anstellt. Tja, das ist für die gute Jackie dann doch einfach zuviel des Guten.

Und hat man sich gerade von dieser lustigen Szene erholt, bekommt man einen tollen Moment zwischen Cary und Kalinda geliefert. Cary konfrontiert sie mit ihren Spielchen und macht Kalinda damit wütend - es ist ganz ungewohnt ihre Gefühle zu sehen. Bevor das Gespräch aber ins Detail gehen kann, wird geschossen und die beiden müssen sich in Sicherheit bringen bzw. Cary bringt Kalinda in Sicherheit und wirft sich schützend über sie. Sehr überraschender aber auch toller Moment, denn die beiden bedeuten sich wohl doch mehr, als sie immer vorgeben. Das wird einem später noch mal deutlich vor Augen geführt, aber sie sind wohl beide nicht bereit dafür oder wissen ihre Gefühle nicht zu deuten. Das bleibt also ein spannendes Thema für die weiteren Folgen.

Fazit

Eine Episode, die viel Diskussionspotential geboten hat, stellenweise vielleicht auch etwas zu vollgestopft war. Dies war sicher keine herausragende Episode von "Good Wife", aber sie bot definitiv einige Highlights (Jackies Schnüffelei, das Gespräch zwischen Will und Kalinda) und tolle Charakterentwicklungen. Grundsätzliche Storylines wurden teilweise nur mit wenigen Sätzen vorangetrieben (Will & Alicia, Eli & seine Exfrau, Grace & ihre Tutorin) und andere dafür vertieft (Kalinda & Cary). Man möchte danach definitiv wissen, wie es weitergeht, denn durch die diversen kleinen Andeutungen blieben doch viele Fragen offen.

Catherine Bühnsack - myFanbase

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