Bewertung

Review: #5.02 Respekt

Ich persönlich habe immer das Gefühl, ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, wenn mich eine Episode bei "Friday Night Lights" stört, ganz einfach, weil ich mir sogar bei Schwachpunkten bewusst bin, dass ich es mit einem Serienjuwel zu tun habe. Aber – um bei diesem Bild zu bleiben – auch die Schönheit eines Diamanten wird von lästigen Fingerabdrücken gestört. Und in Dillon bahnt sich gerade eine Geschichte an, die mir so ganz und gar nicht gefallen will…

Maura und Jess

Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht mit Football aufgewachsen bin, aber der gesamte Kult um Rally-Girls ist für mich ebenso wenig nachvollziehbar, wie das ewige Gerangel um den Quaterback. Aus diesem Grund war Maura für mich bereits bei ihrem ersten Auftritt eine Qual und zu meinem Bedauern konnte sie ihr Bild die gesamte Folge über nicht revidieren.

Dieses Mädchen bedeutet Ärger. Allein die Art, wie sie den Mund verzieht, weckt in mir eine Antipathie, die ich von "Friday Night Lights" nicht gewohnt bin. Hinzu kommt natürlich der Streit mit Jess, der mich wahnsinnig geärgert hat, bei dem man als Zuschauer logischerweise ganz klar Stellung bezieht. Vielleicht hat mich dieser Punkt auch gerade deshalb so geärgert. Eigentlich sollte man nicht einmal einem Mädchen wie Jess nachsehen, dass sie sich auf einer Toilette prügelt, aber letzten Endes rechtfertigt Maura sogar eigentlich unverzeihliche Reaktionen.

Gleiches gilt im Übrigen auch für das Kampftrinken später. Prinzipiell würde ich dem persönlich nämlich eher skeptisch gegenüber stehen, so allerdings überwiegt ganz klar das Mitleid. Obwohl Jess es eigentlich nicht notwendig hätte, steht sie nämlich ständig unter Konkurrenzdruck. Dass einen so etwas irrational und kurzsichtig werden lässt – wenn auch nur für einen unbedachten Moment – ist vollkommen nachvollziehbar und im Grunde kann man nur hoffen, dass das Rally-Girl unseres QB schnell wieder in den Hintergrund gedrängt wird.

Vince und Luke

Vince selbst ist übrigens in dieser Folge ein Traum. Zunächst natürlich im Bezug auf seine Freundin, die er nicht einmal für einen Moment vergisst und für die er überdurchschnittlich viel Verständnis aufbringt. Man könnte beinahe glauben, dass er ihr Verhalten eher charmant als übertrieben findet. Weder ist er wirklich wütend, als Jess ihm kein Rally Girl-Geschenk in seinen Spind legt, noch flüchtet er, als Jess es auf der Party mit dem Alkohol eindeutig übertreibt.

Aber Vince begeistert auch noch in einer anderen Sache, und hier wären wir wieder an einem Punkt, an dem die Serie wieder zu strahlen beginnt. Da ist dieser Junge aus schlechten Verhältnissen, der seinen Job macht und weiß, dass er nicht so schlecht darin ist. Er hängt seinen Erfolg nicht an die große Glocke, weil er nicht eine einzige Sekunde daran denken würde, dass er etwas Besonderes ist. Vince ist dankbar für Lob, aber er schreibt es nicht sich zu, sondern seinem Team.

Doch in dem Augenblick, in dem Eric ihm die Briefe der Colleges in die Hand drückt und er anscheinend zum ersten Mal realisiert, wie gut er wirklich ist, scheint für ihn ein Traum in Erfüllung zu gehen, den er bislang nicht einmal zu träumen gewagt hat. Und dieses Gesicht zu sehen ist grandios. Solche Momente rühren einen als Zuschauer so an, dass man unwillkürlich Lächeln muss. Man hat nur auch ein wenig Angst. Vince hat im Moment ein absolutes Hoch – er ist halbwegs glücklich in seiner Beziehung, er ist beliebt und er kann seiner Mutter sogar einen neuen Job verschaffen. Die Frage bleibt, ob nach dem Höhenflug nicht der tiefe Fall kommt. Zu wünschen ist es Vince auf jeden Fall nicht.

An diesem Punkt kommt man beinahe automatisch auf Luke. Da möchte man nämlich beinahe aus der Haut fahren. Trotz seiner Pflichten zuhause, legt der Junge ein grandioses Spiel ab und wird genau dafür mit vorgeschobenen Argumenten bestraft. Während man Vince die Hand schüttelt, wird er ignoriert. Während er auf der Bank sitzt, wird Hastings als neuer Wunderknabe gefeiert. Wen verwundert es da, dass es zu leichten Reibereien zwischen ihm und dem "Neuen" gibt? Hinzu kommt, dass er sich bei Becky komplett blamiert, auch wenn diese vermutlich auf den Alkohol vollständig die Schuld an dieser Situation gibt. Trotzdem – sowohl in Sachen Hastings, als auch in Sachen Becky stehen wohl Diskussionen an, die man Luke eigentlich in seiner derzeitigen Lage nicht gerade wünscht.

Der alte Coach, der neue Coach und ihre Familien

Eric möchte man am liebsten drücken. Wirklich. Weil er sich wie ein kleines Kind verhält, dass das falsche Geschenk zu Weihnachten bekommen hat. Er ist genervt, er schmollt und trotzdem schafft er es dabei, sich nichts anmerken zu lassen und sein Team auf Linie zu halten. Der Streit mit der Aufsicht ist meiner Meinung nach zwar überflüssig, da das fehlende Ranking allein vermutlich zu ähnlichen Reaktionen geführt hätte, aber letzten Endes will damit wahrscheinlich nur gezeigt werden, dass man auf einen Gegner, der am Boden liegt, gut und gern noch ein zweites Mal drauftreten kann. Ob man das wirklich zeigen muss, dass sei dahin gestellt.

Ein ähnliches Gefühl kommt auch bei Tami auf. Zwar bin ich immer noch ein riesengroßer Fan von ihr, doch ich weiß nicht, ob ich ihren Einsatz bei Epyck jetzt gut finden soll oder nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, man erzählt mir Tyras Geschichte von vorne, und obwohl Epyck sich natürlich auch in eine andere Richtung entwickeln kann, bezweifle ich ebendies ziemlich stark. Tami mit den anderen Lehrern interagieren zu sehen, ist recht nett und auch recht spannend, aber wieder ein Problemkind vom Niemandsland in die Zukunft zu führen, wirkt auf mich recht langweilig. So gesehen muss man aufpassen, dass ein starker Charakter wie Tami nicht durch einen miesen Handlungsbogen in die Mittelmäßigkeit abdriftet.

Billy und Julie stehen beide erst am Anfang einer neuen Geschichte. Beide Handlungsstränge sind zunächst einmal glaubwürdig und interessant, man wird aber erst noch sehen müssen, wo sie hinführen. Bis dahin kann man einfach sagen, dass Billy als "Supercoach" und "Ersatzfamilie" für Becky beinahe niedlich wirkt und Julie recht gelassen auf den ganz normalen Wahnsinn einer Universität trifft. Die Zukunft wird zeigen, was man sich erwarten darf und wie viel Potential letztendlich in den neuen Rollen der beiden steckt.

Fazit

"Friday Nicht Lights" bezaubert und spätestens, wenn Eric in Großbuchstaben "STATE" auf seine Tafel schreibt, bleibt die Zeit stehen und man merkt, wie stark und einzigartig hier eine Geschichte erzählt wird. Nichtsdestotrotz hat auch diese Serie ihre Schwächen und als Zuschauer kann man im Endeffekt nur hoffen, dass diese nicht zu tief greifen, um wirklich ins Gewicht zu fallen.

Eva Kügerl – myFanbase

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