Bewertung
Jean-Marc Vallée

Der große Trip – Wild

"Wenn dein Mut sich dir verweigert, geh über deinen Mut hinweg."

Foto: Copyright: 2014 Twentieth Century Fox
© 2014 Twentieth Century Fox

Inhalt

Basierend auf dem autobiographischen Bestseller von Cheryl Strayed, das Drehbuch geschrieben von Nick Hornby (" An Education", " A Long Way Down"), erzählt "Wild" von Cheryls ( Reese Witherspoon) 1800 Kilometer langer Wanderung auf dem Pacific Crest Trail, auf dem sie sich, verfolgt von den Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter (Laura Dern) und den vermeintlichen Fehlern im Laufe ihres Lebens, auf die Suche nach sich selbst begibt. Angefangen in Südkalifornien entwickelt sich die Wanderung zu einem Auf und Ab der Emotionen, einem Kampf ums Überleben und stellt immer wieder die Frage, ob wir manchmal vielleicht einfach aufgeben sollten.

Kritik

"Du kannst jederzeit aufgeben."

In seinem neuesten Film bringt Regisseur Jean-Marc Vallée (" Dallas Buyers Club", " The Young Victoria") Reese Witherspoon in einer Rolle auf die Leinwand, die alle Erinnerungen aus " Natürlich Blond!"-Zeiten mit einem Mal verblassen lässt. Schon gleich zu Beginn werden die Schwierigkeiten, die mit der Wanderung auf dem Pacific Crest Trail verbunden sind, nicht schön geredet oder mystifiziert; Cheryl hat sich dank zu kleiner Wanderschuhe die Füße blutig gelaufen und schreit kurzerhand all ihren Frust in die weite Berglandschaft hinaus. Witherspoon portraitiert auf erstaunlich klare und ungeschminkte Weise die Verzweiflung Cheryls über den plötzlichen Tod ihrer Mutter und ihr eigenes Leben, welches gehörig aus den Fugen geraten ist. Die Darstellung der abenteuerlichen Suche nach sich selbst wirkt dabei niemals gespielt, der Zuschauer fühlt sich als Teil der Wanderung, als Teil der Geschichte – alles scheint zum Greifen nah und echt.

In Flashbacks werden Bruchteile aus Cheryls Leben gezeigt, die zu ihrer Entscheidung geführt haben, sich auf den Pacific Crest Trail zu begeben. Neben Erinnerungen an die Zeit mit ihrer Mutter bestehen diese Flashbacks vorwiegend aus Bildern ihrer Ehe und dem, was diese zerstört hat. Durch den Tod ihrer Mutter verlor sie den Halt in ihrem Leben und begann die Trauer zu betäuben, wodurch schlussendlich auch ihre Ehe zu Bruch ging. In einem Moment voller Verzweiflung sieht Cheryl einen Wanderführer zum Pacific Crest Trail und beschließt, sich auf dir Reise zu begeben - nicht einmal mit einem großen Ziel, sondern ganz allein mit dem intuitiven Wissen, dass sie diesen Weg für sich gehen muss. Immer wieder wird aber auch deutlich, wie unvorbereitet Cheryl auf die Reise gegangen ist; einmal ist es das falsche Benzin für ihren Campingkocher, dann geht ihr mitten auf der Strecke zwischen zwei Städten der Proviant aus. Die schon erwähnten zu kleinen Wanderschuhe stürzen zeitweilen einen Abhang hinunter und Cheryl tritt die weitere Strecke mit getapten Sandalen an – Not macht ja erfahrungsgemäß erfinderisch. Zwischen diesen kleineren und größeren Rückschlägen befindet sich Cheryl jedoch auch auf einer wunderschönen Wanderroute und lässt sich auch durch hohen Schnee auf Teilen des Weges nicht davon abhalten, ihr Ziel zu erreichen.

Auf dem Pacific Crest Trail befinden sich entlang der kompletten Strecke bis nach Oregon immer wieder Stationen, an denen die Wanderer ihre zuvor geschickten Proviantpakete abholen können und eine Notiz im Gästebuch als Nachricht für andere Wanderer, die auf der Route unterwegs sind, hinterlassen können. Cheryl gibt ihren Mitstreitern hauptsächlich Zitate mit auf den Weg, nicht zuletzt aus den Büchern, die ihre Mutter so geliebt hat. Auch dem Zuschauer wird in diesen Momenten immer wieder Hoffnung und Inspiration für den Alltag mitgegeben, was das Filmerlebnis zusätzlich vertieft und eine starke Identifikation mit der Hauptfigur fördert.

"Es gibt einen Sonnenaufgang und einen Sonnenuntergang an jedem einzelnen Tag, und sie sind absolut kostenlos. Verpassen Sie nicht so viele von ihnen."

Fazit

Bei "Der große Trip – Wild" ist der Weg mit Sicherheit das Ziel, denn der Zuschauer sieht nicht nur Cheryls Geschichte auf der Leinwand, sondern wird mit auf die Reise genommen, das Leben zu hinterfragen, sich aber auch immer den kleinen Funken Hoffnung zu erhalten. Reese Witherspoon portraitiert Cheryls Kampf um die eigene Persönlichkeit und die Suche nach dem richtigen Weg unheimlich authentisch und verdient meiner Meinung nach, genau wie Laura Dern in der Rolle von Cheryls Mutter, definitiv den Oscar für diese grandiose Darbietung.

Jeanne Plaumann - myFanbase
17.01.2015

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