Bewertung
Gary Shore

Dracula Untold

Manchmal braucht die Welt keinen weiteren Helden. Manchmal braucht sie ein Monster.

Foto: Copyright: 2014 Universal Pictures International All Rights Reserve
© 2014 Universal Pictures International All Rights Reserve

Inhalt

Die Zeiten, in denen Fürst Vlad Dracul von Transsylvanien (Luke Evans) die friedvollen Tage mit seiner geliebten Gemahlin Mirena (Sarah Gadon) und dem gemeinsamen Sohn Ingeras (Art Parkinson) genoss, sind Geschichte. Obwohl Vlad einst Seite an Seite mit dem nun herrschenden Sultan Mehmed (Dominic Cooper) für die türkische Armee kämpfte, reagiert er schockiert auf den Befehl seines ehemaligen Freundes: Vlad soll 1.000 Jünglinge seines Volkes für die bevorstehenden Kriege der Türken opfern. Er jedoch widersetzt sich. Schließlich wurde er einst selbst zum gehorsamen Kämpfer ausgebildet, mit einer für ihn tragischen Bilanz: Mit seinen grausamen Taten auf dem Schlachtfeld machte er sich einen Namen als "der Pfähler". Solch ein barbarisches Schicksal möchte er seinem Volk, und insbesondere Ingeras, nicht aufbürden. Zudem gab er seiner Gemahlin vor der Hochzeit ein Versprechen, das er zu brechen ebenso wenig bereit ist.

Doch wie soll es Vlad mit der herannahenden Streitmacht Mehmeds aufnehmen? In seiner Verzweiflung treibt es ihn schließlich in die Berge, wo er einen blutdürstigen Dämon (Charles Dance) um Unterstützung bittet. Fortan bleiben dem übermächtig gewordenen Vlad genau drei Tage. In diesen muss er seine Feinde besiegen und zugleich dem Blutdurst widerstehen. Scheitert er, verliert er seine Menschlichkeit.

Kritik

Er ist scheinbar nicht totzukriegen, der prominenteste Vampir der Literaturgeschichte. Obwohl der irische Schriftsteller Bram Stoker den Antichristen Graf Dracula bereits im Jahre 1897 fiktional zum Leben erweckte, fasziniert der Mythos um seine Person bis in die heutige Zeit. Etliche "Dracula"-Filme, darunter die gelungene Literaturverfilmung um "Bram Stokers Dracula" (1992), inszeniert von Francis Ford Coppola, symbolisieren da wohl eine eindeutige Sprache. Und weil das nicht genügte, folgte erst im letzten Herbst eine NBC-Serie mit Jonathan Rhys Meyers in der Rolle des charismatischen Blutsaugers. Ruhe in Frieden wird es für diese Kultfigur sobald also nicht heißen. Aktuell lockt nämlich zusätzlich "Dracula Untold" in die Kinos und darin kehrt Regisseur Gary Shore zu den historischen Wurzeln des dunklen Prinzen zurück.

Düster, gnadenlos und opferreich präsentieren sich sogleich die ersten Bilder. Denn zumindest in Bezug auf den Filmtitel hält "Dracula Untold" sein Versprechen. Will heißen: Obgleich sich das Drehbuch an den Romanfiguren von Bram Stokers "Dracula" orientiert, besinnen sich die Macher von "Dracula Untold" auf die Ursprünge des Mythos – historische Fakten verschmelzen mit fiktionalen Gegebenheiten. Im Mittelpunkt steht somit der walachische Fürst Vlad Tepes III (Beiname: Dracuela), in den Geschichtsbüchern auch bekannt als Vlad, der Pfähler, dessen blutrünstige Historie Bram Stoker einst als Inspirationsquelle für seinen Roman diente. Wie wurde aus dem sterblichen Vlad der unsterbliche Dracula? In dieser Hinsicht erntet das Drehbuch schon recht kreative Ansätze, die sich durchaus als bis dato unbeschriebene Seite in Draculas Biographie anrechnen lassen. Es folgt ein episch angehauchtes Dark-Fantasy-Abenteuer um Familie, Liebe, Aufopferung und der Suche nach Erlösung.

Leider fällt die Charakterzeichnung des Fürsten höchst kompakt aus. Ein kurzweiliges Intro muss genügen, um die Vorgeschichte des "skrupellosen" Antihelden zu untermauern, in der unter anderem Vlads Pfählkunst brachial in Szene gesetzt wird. Dabei hat gerade seine Jugend als formbarer Sklave unter der Herrschaft des türkischen Sultans – augenscheinlich – seinen Charakter geprägt. Doch diesbezüglich bietet der Film bedauerlicherweise lediglich einen Bruchteil einer Ahnung, indem nun Vlads düstere Vergangenheit gegen die transsylvanischen Burgmauern hämmert und die friedliche Familienidylle mit Gattin Mirena und Sohn Ingeras bedroht. Temporeiche Spannung ist durch diesen Konfliktaufbau zwar garantiert, Tiefgang und glaubhafte Nebenfiguren (wohl eher Statisten) fallen hingegen der mageren Spielfilmzeit von circa 92 Minuten zum Opfer. Sogar der Antagonist, in Form des furchtlosen Sultan Mehmed, gespielt von Dominic Cooper aus "Need for Speed", wirkt folglich wie eine stumpfe Randfigur. Man mag kaum glauben, dass einst eine Freundschaft zwischen beiden Männern existiert haben soll. Eindeutig verschenktes Potential!

Für Lichtblicke in der filmischen Dunkelheit sorgt erfreulicherweise Luke Evans in Gestalt des heroischen Schattenwandlers. Nach erfolgreichen Nebenrollen in "Fast & Furious 6" und "Der Hobbit: Smaugs Einöde" erweist sich der facettenreiche Brite als unterhaltsamer Titelheld. Das ist nicht zuletzt seiner starken Leinwandpräsenz geschuldet. Wenngleich ihm das Skript nur wenige emotionale Momente zugesteht, gelingt es Evans, Vlads Kampf mit den inneren Dämonen überzeugend darzustellen – sei es die Familie betreffend oder den verzweifelten Pakt mit dem "Teufel". Sarah Gadon, die derzeit parallel in einer Nebenrolle in dem Hollywood-Drama "Maps to the Stars" zu sehen ist, macht als Vlads Ehefrau Mirena ebenfalls keine schlechte Figur, sodass die tragisch anmutende Liebesgeschichte optisch durchaus nett anzuschauen ist.

Auch in puncto Spezialeffekte setzt "Dracula Untold" eher kleine, bildgewaltige Akzente. Ein Highlight: Wenn der erzürnte Fürst, einem Dirigenten gleich, unzählige Fledermäuse auf das feindliche Herr des Sultans niedersausen lässt oder seine übermenschlich erlangten Fähigkeiten auf dem Schlachtfeld demonstriert. Fürs Auge wird gewiss einiges geboten, der erwartete WOW-Effekt bleibt aber hauptsächlich aus. Dafür wird die Handlung in entscheidenden Momenten zu stark in Fledermaus-Geschwindigkeit abgespult. Insofern wird "Dracula Untold" in der Wall of Fame zahlreicher Vampirfilme gewiss keine Unsterblichkeit erlangen, für unterhaltsames Popcornkino ist aber zumindest kurzweilig gesorgt.

Fazit

Dem episch anmutenden Fantasyabenteuer um den wohl prominentesten Vampir der Literatur- und Filmgeschichte fehlt es zuweilen an Biss und Tiefgang. Dennoch macht Regisseur Gary Shore durchaus Appetit auf mehr (nicht nur aufgrund des Schlussaktes), während Luke Evans einen überzeugenden Helden der Nacht abgibt. Mehr Spielraum hätte in diesem Fall allerdings den Schlüssel zur filmischen Unsterblichkeit bedeuten können.

Doreen B. - myFanbase
05.10.2014

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