Bewertung
David Cronenberg

Maps to the Stars

"I think you are a little crazy."

Foto: Copyright: MFA+ FilmDistribution e.K.
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Inhalt

Auf den ersten Blick müsste die in Los Angeles ansässige Weiss-Familie ein glückliches und ausgefülltes Leben führen: Vater Stafford (John Cusack) ist ein angesagter Motivationstrainer und Therapeut und der Sohn Benjie (Evan Bird) ist ein 13-jähriger Kinderstar mit Millionengage, dessen Karriere von seiner Mutter Christina (Olivia Williams) verwaltet wird. Doch dann ist da auch noch die verstoßene Tochter Agatha (Mia Wasikowska), die kürzlich aus einer psychatrischen Klinik entlassen wurde und nun nach Jahren und einem folgenschweren Ereignis in der Kindheit wieder in Los Angeles auftaucht und bei der verbissenen, um ihre Karriere kämpfenden Schauspielerin Havana (Julianne Moore) anheuert. Diese versucht mit allen Mitteln, die Hauptrolle in der Neuverfilmung eines Filmklassikers zu ergattern, in der einst ihre Mutter brillieren konnte. Nach und nach offenbaren sich große Risse im Leben der glänzenden Hollywoodwelt, die alles zu verschlingen drohen.

Kritik

Die Traumfabrik Hollywood, Sehnsuchtsort für angehende Filmschaffende und ambitionierte Schauspieler und Schauspielerinnen und Projektionsfläche für Abermillionen von Ruhm und Erfolg träumenden Individuen. Dass diese Glitzerwelt nur vordergründig paradiesische Züge trägt und Hollywood schon immer mehr Schein als Sein darstellte, zeigten in der Filmgeschichte bereits verschiedene Hollywoodproduktionen, die selbstreflexiv die bitteren und selbstzerstörerischen Seiten der Traumfabrik offenbarten. Ein bekannter Klassiker in dieser Hinsicht ist sicher "Sunset Boulevard" von Billy Wilder oder auch David Lynchs verstörendes Meisterwerk "Mulholland Drive". Nun versucht sich auch der kanadische Kultregisseur David Cronenberg an einer filmischen Auseinandersetzung mit der (Alp)Traumwelt Hollywood, bedient sich dabei auf narrativer Ebene dem Muster des Familiendramas und erschafft dabei eine überzeichnete Groteske voller Grausamkeiten und tiefer Abgründe, brillant gespielt, mutig inszeniert, aber teilweise zu distanziert-überzeichnet und ohne große, neue erzählerische Innovationen.

Im Zentrum stehen verschiedene Figuren, die irgendwann alle mal gegenseitig die Wege kreuzen und miteinander verbunden sind. Zunächst wäre da der 13-jährige Kinderstar Benji, der durch eine einfach gestrickte Teenager-Komödie zu viel Ruhm und vor allem Reichtum gekommen ist und in jungen Jahren bereits den ersten Drogenentzug hinter sich hat und sein Umfeld gnadenlos herumkommandiert. Seine Karriere vorantreiben tut seine ehrgeizige Mutter, die verheiratet ist mit einem Lebensberater und Motiovationsguru, der in seiner ganz eigenen Welt zu leben scheint und seinerseits versucht, seine Karriere weiterzuentwickeln. Schnell wird klar, dass Cronenberg hier zwar mit überzeichneten Karikaturen arbeitet, die von der Realität schlussendlich aber wohl weit weniger entfernt sind, als zunächst vermutet.

Cronenbergs Blick auf diese Welt ist dann auch ein ungeschönt-direkter: Da wird gezeigt wie Kinderstar Benji aus Imagegründen an das Krankenbett eines todkranken Kindes geht und ihm lapidar ein iPad verspricht, ohne sich um das wirkliche Leid des Kindes wirklich zu kümmern. Es sind Ich-bezogene, eitle, aber gleichzeitig in ihrer eigens für sie konstruierten und aufrechterhaltenen Scheinwelt langsam zu Grunde gehende Menschen. Dies trifft auch auf die alternde und von Julianne Moore mit viel Mut zur Uneitelkeit gespielte Schauspieldiva Havana Segrand zu, die alles dafür in Bewegung setzt, um in einem Remake eines Films ihrer Mutter die Hauptolle zu ergattern. Die rumreichen Zeiten der eigenen Elterngenerationen spuken dabei geisterhaft durch den Film und führen immer weiter in den Abgrund.

Moore spielt die sich krampfhaft im Konkurrenzkampf Hollywoods zu behaupten versuchende Diva, die nicht nur mit ihrem Alter zu kämpfen hat, ungeschönt und voller grauenhafter Explizität. Der Wahn im Filmgeschäft auch mit fortschreitendem Alter eine gewichtige Rolle zu spielen und die Sucht nach Anerkennung und geteilter Wertschätzung bekommen hier ein grausiges Gesicht. In jeder Szene zeichnet Cronenberg das Bild einer schwer dysfunktionalen Familie und einer Welt, die horrorartige Züge trägt. Dabei wird zwar wenig Neues über die moralischen Untiefen Hollywoods erzählt, trotzdem funktioniert der Film aufgrund der stilsicheren Inszenierung Cronenbergs und des groß aufspielenden Schauspielscasts, zu dem neben Julianne Moore auch die wunderbare Mia Wasikowska gehört, die mit einer aufgesetzt psychotischen Unschuld agiert und wieder einmal zeigt, dass sie zu den größten Nachwuchshoffnungen zählt. Dazu sind in weiteren Rollen auch noch John Cusack, Olivia Williams und Robert Pattinson in einer kleinen, aber nicht unbedeutenden Rolle zu sehen, die den Film zu einer spannenden, grotesken und verstörenden Erfahrung werden lassen.

Fazit

David Cronenbergs neuer Film "Maps to the Stars" ist eine intensive filmische Auseinandersetzung mit der Scheinwelt Hollywoods und der darin lebenden und arbeitenden Individuen. Das mit Elementen des Horrorgenres angereicherte Psychodrama zieht seine Stärke dabei vor allem aus dem großartigen Schauspielensemble, welches angeführt wird von einer oscarreifen Julianne Moore, die den inhaltlich selten innovativen Film veredelt.

Moritz Stock - myFanbase
12.09.2014

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