Bewertung
Wes Anderson

Grand Budapest Hotel

"This is Madame D's last will and testament. 'To M. Gustave H, I bequeath a painting known as Boy with Apple.'"

Foto: Copyright: 2013 Twentieth Century Fox
© 2013 Twentieth Century Fox

Inhalt

Gustave H (Ralph Fiennes) ist der berühmt-berüchtigte Concierge des Grand Budapest Hotels und nicht nur für seine Zuvorkommenheit und seinen makellosen Service bekannt, sondern auch für seine Vorliebe für ältere Damen, die nicht zuletzt wegen ihm im Hotel nächtigen. Als eine dieser Damen, Gustaves langjährige Geliebte Madame D (Tilda Swinton), plötzlich verstirbt, wird Gustave unverhofft Erbe eines unschätzbar wertvollen Gemäldes. Doch Madame Ds Kinder, allen voran Dmitri (Adrien Brody), haben es auf das Gemälde abgesehen und so gerät Gustave bald in die Bredouille. Gut, dass er sich auf seinen Lobby Boy Zero (Tony Revolori) verlassen kann, der dem Concierge stets treu zur Seite steht...

Kritik

Man würde am liebsten einmal reinschauen in das Gehirn dieses Wes Anderson. Es ist wahrscheinlich wie eine rasante Achterbahnfahrt durch ein farbenfrohes Schlaraffenland, in dem Bill Murray und Jason Schwartzman auf rosa Wiesen Golf mit Bonbons spielen, Owen Wilson und Adrien Brody bei einer Tasse Darjeeling-Tee über Kunst philosophieren, und Angelica Houston mit Tilda Swinton und Edward Norton in einem Meer aus weißen Lilien badet. So, oder so ähnlich, oder wahrscheinlich noch ausgefallener dürfte es zugehen im Kopf des Regisseurs und Drehbuchschreibers, der uns mit herausragenden Werken wie "Die Royal Tenenbaums" (2001), "Darjeeling Limited" (2007) und "Moonrise Kingdom" (2012) in den vergangenen Jahren zum Lachen, Weinen und Träumen brachte, und der nun mit "Grand Budapest Hotel" wieder einen Film vorlegt, dem man nichts anderes als das Prädikat wertvoll verpassen kann.

Schon mit seinem wunderbaren Kurzfilm "Hotel Chevalier", der 2007 als Prolog zu "Darjeeling Limited" veröffentlicht wurde, zeigte Anderson seine Affinität für diesen Mikrokosmos, diese ganz eigene Welt, die sich hinter den Zimmertüren der Gäste entfaltet. War "Hotel Chevalier" vor allem noch die Story über eine verlorene Liebe, die sich wirklich ausschließlich in einem Hotelzimmer abspielte, so entführt uns "Grand Budapest Hotel" in die vor Energie nur so übersprudelnde, herrlich verrückte und farbenfreudige Welt eines renommierten Hotels, das sich irgendwo in den Bergen des imaginären osteuropäischen Zwergstaats Zubrowka befindet. Wie gewohnt sind Andersons kreativen Spielereien dabei keine Grenzen gesetzt, alles ist unglaublich ästhetisch, übertrieben, märchenhaft, und doch entbehrt der Film durch die Einbindung der Kriegsthematik (die Anspielungen an den Zweiten Weltkrieg sind überaus offensichtlich) dabei nicht einer gewissen Tragik und Melancholie.

Doch im Zentrum steht nicht der Krieg, im Zentrum stehen der von Ralph Fiennes erwartungsgemäß großartig dargestellte Gustave H, der legendäre Concierge des Grand Budapest Hotels, und sein Lobby Boy Zero, die bei dem Versuch, Madame Ds Erbe zu sichern, allerlei Abenteuer erleben. Die enge Freundschaft, die Gustave und Zero zueinander entwickeln, ist dabei das emotionale Zentrum der Geschichte, die herrlich verschachtelt ist und mit verschiedenen Erzählebenen spielt. Wie man es von Anderson kennt, ist nicht nur das Storytelling überaus clever, humorvoll und intelligent, auch die Dialoge sprühen nur so vor Originalität und Wortwitz, und dass Anderson für die schauspielerische Umsetzung derselben gleich eine ganze Schar an Talenten verpflichten konnte, schadet dabei natürlich nicht. In "Grand Budapest Hotel" geben sich die Stars die Klinke in die Hand und neben den üblichen Verdächtigen (Murray, Schwartzman, Brody, Wilson, Norton) ist der Film sowohl in den größeren (Law, Abraham, Ronan) als auch kleineren Nebenrollen (Amalric, Goldblum, Dafoe, Keitel, Seydoux, Wilkinson) exzellent besetzt. Newcomer Tony Revolori empfiehlt sich mit seiner sympathisch-authentischen Darstellung des Zero ebenfalls für weitere Rollen.

Doch das A und O von "Grand Budapest Hotel" ist die unglaubliche Liebe zum Detail, die sich in jeder Szene, in jeder Einstellung widerspiegelt. Anderson ist bekanntlich ein Meister seines Handwerks, sowohl als Drehbuchautor als auch als Regisseur. Während er als Autor dafür sorgt, dass seine Protagonisten echt und greifbar wirken und die Story trotz aller Verspielt- und Verschrobenheit (fast) nie ihre Richtung und ihr Ziel aus den Augen verliert, inszeniert er als Regisseur seine Geschichte mit absoluter Präzision. Das Set des Grand Budapest Hotels ist atemberaubend glamourös, gleichzeitig sorgen die bewusst einfach gehaltenen Landschaftsaufnahmen, die teilweise an Theaterkulissen erinnern, für diesen ganz typisch märchenhaften Anderson'schen Touch. Farben und Formen, Kostüme und Requisiten, dazu noch Alexandre Desplats wunderbarer Score, alles passt zueinander. Und so lässt man sich als Zuschauer nur zu gerne mitnehmen in dieses Wunderland, das Anderson für uns parat hält.

Fazit

"Grand Budapest Hotel" enttäuscht die Erwartungen nicht und ist ein weiteres wundervolles Werk Wes Andersons, das mit seiner originellen Geschichte, seinen liebenswerten Protagonisten und der unglaublichen Liebe zum Detail zu einem filmischen Erlebnis wird, bei dem viel gelacht werden darf. Auch wenn die emotionale Resonanz womöglich nicht ganz an etwa die von "Darjeeling Limited" oder "Moonrise Kingdom" heranreicht, so ist "Grand Budapest Hotel" zweifellos wieder ein Paradebeispiel für Andersons überbordende Kreativität und sein großes Talent, und verdient definitiv das Prädikat wertvoll.

Maria Gruber - myFanbase
09.03.2014

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