Bewertung

Review: #3.20 Sündenbock mit Freunden

Foto: Hugh Laurie, Dr. House - Copyright: 2006 Fox Broadcasting Co.; Andrew MacPherson/FOX
Hugh Laurie, Dr. House
© 2006 Fox Broadcasting Co.; Andrew MacPherson/FOX

Ein Ende, wie es diese Folge von "Dr. House" bietet, ist auch heute noch sehr selten. Man ist es gewohnt, dass das Team von Superärzten jeden Fall knacken kann und sie letztlich am Ende der 42 Minuten als Helden in den Feierabend gehen. Umso schockierter bin ich vom Ende dieser Episode, die nicht nur Foreman, sondern auch die Fans der Serie auf den Boden der Tatsachen zurückholt: House und seine Mitarbeiter sind nicht unfehlbar. Sie sind Menschen, denen Fehler unterlaufen. Wenngleich es diesmal ein ungeheurer, schockierender und vor allem vermeidbarer Fehler gewesen ist.

Staphylococcus Aureus

Eine kleine Wunde am Rücken, ein ganz gewöhnliches Bakterium und eine Gruppe von Ärzten, die dieses Mal zu viel riskiert hat. Dies drei Dinge sind letzlich dafür verantwortlich, dass eine junge Frau ihr Leben lassen musste. Wie Foreman schon so treffen sagte: ihr Tod war kein Unfall, es gab keine 50/50-Chance zu überleben, sie mussten sich nicht einer seltenen oder unheilbaren Erkrankung geschlagen geben. Der Tod der jungen Frau war vermeidbar, wenn man sich bei der Diagnose nur ein wenig mehr Zeit gelassen hätte und nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen geschossen hätte.

Irgendwie war es vorherzusehen, dass die hohe Risikobereitschaft von House und seinem Team sich irgendwann einmal gegen sie wenden würde. Bisher hatte House meist im richtigen Augenblick noch die richtige Eingebung. Unnötige Operationen, falsche Medikamente, zu hohe Dosierungen - alles konnte stets im letzen Augenblick gestoppt werden. Der Patient kam mit dem Schrecken davon, konnte jedoch in den meisten Fällen nur wenige Tage später das Krankenhaus verlassen. Dieses Mal scheitern House und sein Team an einem kleinen Bakterium, das so häufig in Krankenhäusern gefunden wird, dass eigentlich gar keine Gefahr mehr von ihm ausgehen sollte. Ein simples Antibiotikum hätte die Frau retten können, hätte man nicht zuvor ihr gesamtes Immunsystem augrund einer wackeligen Diagnose zerstört.

Foreman

Foreman hat nun verständlicherweise starke Gewissensbisse, denn immerhin war es seine Entscheidung, die zum Tod der jungen Frau geführt hatte. Wie er im Laufe der verbleibenden Staffel damit umgehen wird, muss sich noch zeigen. Die letzte Szene mit seiner Mutter zeigt jedoch, dass ein solcher Fall sich nicht so leicht wegstecken lässt. Ich hoffe nicht, dass mit dem Ende der Folge die ganze Problematik der fahrlässigen Schuld am Tod eines Menschen sich in Luft aufgelöst hat. Aber das wird sich wohl erst in den nächsten Folgen zeigen. Bei "Dr. House" habe ich jedoch nicht die Befürchtung, dass man derartige einschneidende Erlebnisse einfach unter den Teppich kehrt und die Protagonisten zum Alltag zurückkehren lässt.

Der vom medizinischen Standpunkt aus nur wenig spektakuläre Fall lässt den Autoren in dieser Folge etwas mehr Spielraum, um sich intensiver mit den Charakteren auseinander zu setzen. Im Mittelpunkt steht dieses Mal ganz klar Foreman. Wir erfahren, dass seine Mutter unter Alzheimer leidet, er deswegen jegliche Besuche bei seiner Familie meidet und sich am liebsten in die Einsamkeit flüchtet. Für den engagierten, stets ehrgeizigen Arzt ist dieser Fall ein herber Rückschlag.

Cameron & Chase

Natürlich darf auch dieses Mal ein kleiner Seitenhieb auf die gescheiterte Beziehung zwischen Chase und Cameron nicht fehlern. Chase hat noch immer nicht aufgegeben, sein Glück bei Cameron zu versuchen. Ihn scheint es sehr erwischt zu haben, denn er lässt einfach nicht locker, auch wenn er sich einen Korb nach dem anderen abholt. Ich bin gespannt, ob Cameron es sich noch anders überlegt und sich auf eine richtige Beziehung mit Chase einlässt.

Chase hat sich während der laufenden Staffel definitv verändert. Er ist freundlicher geworden, wesentlich offener und umgänglicher. Er vertritt zwar immer noch bewusst seine eigene Meinung, bietet seinen Kollegen in schweren Zeiten jedoch auch eine Schulter zum Ausweinen. Chase ist nicht länger das arrogante Arschloch, dass auf jeden herabblickt, der nicht seinem Ideal entspricht. Er ist reifer geworden und nimmt sich selbst auch mal zurück. Das ist ein netter Charakterzug, den ich an Chase bislang vermisst hatte und der nun immer öfter zum Vorschein kommt.

House & Wilson & Cuddy

Es schockiert mich fast ein wenig, doch insgesamt treten diese drei Charaktere, die sonst jede Episode tragen und zu etwas besonderem werden lassen, für eine Folge lang in den Hintergrund. Die ganze Geschichte um Wilsons Date mit Cuddy, sowie House' Treffen mit Wilsons Ex, waren amüsant, jedoch im Vergleich zu dem ungewöhnlichen Fall eher Randerscheinungen.

Was Wilson plötzlich an Cuddy findet, will mir nicht recht in den Kopf gehen. Hat er Gesellschaft wirklich so nötig oder will er wirklich nur Cuddy, die wohl auch nicht viel Privatleben hat, zu ein wenig Ablenkung vom tristen Alltag verhelfen? Meinetwegen könnte die Konstellation Wilson-Cuddy mit dieser Folge für beendet erklärt werden, denn sie reißt mich nicht sonderlich vom Hocker.

House ist wieder mal neugierig, mischt sich in Angelegenheiten ein, die ihn eigentlich nicht interessieren sollten und besitzt am Ende nicht die Fähigkeit, den niedergeschlagenen Foreman aufzubauen. Etwas anderes erwartet man von Gregory House auch nicht.

Eins wird durch den Fall klar: House sieht in seinen Patienten nur blanke Fälle und Rätsel, die es zu lösen gilt. Stirbt einer seiner Patienten, so ist ihm nicht wichtig, dass er gestorben ist, sondern nur warum er das Zeitliche segnen musste. Er macht sich keine Gedanken um die Hinterbliebenen, sondern nur darum, warum er das Rätsel nicht lösen konnte. Das macht House in einem gewissen Maße zu einem gefühlskalten Egoisten, was vor allem das Gespräch am Ende mit Foreman ein wenig untermauert. Die Frage ist nun, was Foreman mehr gebrauchen kann: einen Chef, der seinen Fehler einsieht, ihn abhakt und dann weiter macht. Oder ein Chef, der sich anhört, was sein Schützling zu sagen hat und versucht, ihm beizustehen. Letzteres wäre wirklich untypisch für House, wenngleich er wenigstens versucht hat, Foreman klar zu machen, dass Fehler passieren können und Ärzte auch nur Menschen sind. Leider hat er dazu nicht die richtigen Worte gefunden. Aber das war ja noch nie House' große Stärke.

Fazit

House muss sich einem kleinen Bakterium geschlagen geben, dass ihn nie besiegt hätte, wenn er und Foreman nicht vorschnell gehandelt hätten. Foreman muss sich mit einem starken Gewissenskonflikt auseinander sezten und der Rest des Krankenhauses macht einfach weiter wie bisher. Dies war eine ungewöhnliche, mutige Folge, die man so wohl nicht sehr häufig zu Gesicht bekommen wird.

Melanie Brandt - myFanbase

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