Bewertung

Review: #4.01 Das große Erwachen

Die erste Folge der vierten Staffel schließt direkt an den dramatischen Cliffhanger der dritten an und zeigt die Konsequenzen des Unfalls, den Rachel ausgelöst hat. Doch auch diejenigen, die nicht in den Unfall verwickelt sind, haben allerhand Altlasten aus der dritten Staffel zu verarbeiten: Brooke sieht keine Perspektive für ihre Beziehung mit Lucas, Deb und Dan werden von ihren Mordanschlägen verfolgt und Karen ist nicht die einzige mit einem positiven Schwangerschaftstest.

Today, for the first time in a long time, it doesn't feel like anything's going to be okay.

Nathan und Haley haben mir in dieser Folge so leid getan, vor allem weil die Rückblicke kurz vor dem Unfall, in denen man die beiden nach ihrer Hochzeit so glücklich sieht, den krassen Unterschied der Stimmungen nur umso deutlicher machen. Nun haben sie also eine hohe Krankenhausrechnung zu begleichen und Nathan scheint die Ereignisse unter Wasser emotional noch nicht verarbeiten zu können. Das belastet auch die Beziehung der beiden, weil er nicht mal mit Haley über seine Probleme reden kann aber für sie deutlich sichtbar darunter leidet. Am deutlichsten wird die Distanz zwischen den beiden, als Nathan sich nachts aus dem Bett stiehlt, um zum Fluss zu gehen, und man sieht, dass Haley zwar nicht schläft, aber nichts zu Nathan sagt und ihm auch nicht zu erkennen gibt, dass sie wach ist. Ich hoffe wirklich, dass diese Distanz nur eine kurzfristige Reaktion auf den dramatischen Unfall ist und die beiden bald wieder zu ihrer gewohnten Nähe finden, denn nicht nur Nathan sollte dringend über das reden, was im Fluss passiert ist, sondern auch Haley scheint ein Geheimnis zu haben – schließlich teilt die Ärztin ihr und Brooke mit, dass eine der beiden schwanger ist.

I should have said something, anything.

Eines der traurigsten Ereignisse dieser Folge ist für mich das Beziehungsende von Brooke und Lucas gewesen. Irgendwie kam es mir so plötzlich vor, aber rückblickend betrachtet hat es sich schon seit #3.17 Liebe besiegt Trauer angedeutet, als Lucas sich nach Keiths Tod immer mehr von Brooke zurückzieht und schließlich tagelang mit seiner Mutter wegfährt und Brooke nicht ein einziges Mal anruft. Brooke streitet zwar ab, dass der Kuss zwischen Peyton und Lucas der Grund für das Ende der Beziehung ist, aber ich denke schon, dass die ganze Auseinandersetzung mit Peyton zumindest der Auslöser war, dass sie sich so viele Gedanken über ihre Beziehung macht – vor allem als Peyton mal wieder als erste bei Lucas im Krankenhaus ist. Brookes Erklärung, warum sie keine Zukunft mehr für sich und Lucas sieht, ist mit Abstand das Traurigste, was ich in so einer Situation je gehört habe, denn sie verdeutlicht Brookes innere Zerrissenheit, dass sie ähnlich wie zu Beginn der dritten Staffel Lucas zwar liebt, aber die Angst, wieder von ihm verletzt zu werden so groß ist, dass das Ende der Beziehung für sie die bessere Alternative ist:

Brooke: I love you, Lucas, and I probably always will. But we go days without having a meaningful conversation and I used to miss you so much when that happened. But it never seemed like you missed me. And I guess because of it I stopped missing you.

Die Reaktionen von Lucas auf Brookes Verhalten fand ich die ganze Folge über sehr seltsam: er weiß genau, dass Brooke ein Problem mit Peyton hat und auch wenn er nicht genau weiß, aus welchem Grund, so muss ihm doch klar sein, dass sein Geständnis wegen des Kusses die Sache nicht besser macht. Und trotzdem fällt ihm genau in dieser Situation ein, dass er wieder mehr Zeit mit Peyton verbringen will! Dass Brooke daraufhin erst recht einen Schlussstrich zieht (und zwar unter beide Beziehungen) ist für mich durchaus verständlich. Auch die Szene, als Lucas Brooke wegen der möglichen Schwangerschaft fragt, ist bei weitem nicht so intensiv wie in #1.19 Schwanger oder nicht. Genau wegen dieser Folge glaube ich übrigens nicht, dass Brooke schwanger ist, weil sie Lucas in der Hinsicht bestimmt nicht noch einmal anlügen würde – wobei ich es mir ja fast wünschen würde, damit die beiden sich doch noch mal zusammen raufen müssen, denn auch wenn die Trennung angedeutet war, vollzog sie sich doch sehr abrupt und überstürzt.

Dass Lucas anfängt zu schreiben finde ich nebenbei bemerkt eine sehr interessante Entwicklung, in der ich vor allem durch die Voice Over viel Potential sehe, die Geschehnisse in Tree Hill noch besser zu reflektieren, als es bisher schon durch die diversen Romanzitate gemacht wurde. Lucas' Liebe zur Literatur hat sich durch alle Staffeln gezogen und es ist nach seiner Äußerung in #3.21 Das Märchen von Haley und Nathan, dass er gerne Literatur studieren will, nur konsequent, Lucas selbst als Schriftsteller zu konzipieren und ihm somit eine alternative Zukunft zu einer Basketball-Karriere aufzubauen.

Do you think people can change, Brooke?

Die mit Abstand stärksten Szenen dieser Folge hatte zweifellos Brooke, die nicht nur die Beziehung zu ihrem Freund, sondern auch zu ihrer besten Freundin beendet hat. Nicht, dass ich das in diesem Extrem unbedingt befürworten würde, aber alle Szenen besonders zwischen Brooke und Peyton waren wahnsinnig emotional und intensiv und deshalb richtig gut! Auch wenn Brookes Reaktion etwas übertrieben scheint, muss man doch bedenken, dass diese Situation sie an den vermutlich schlimmsten Vertrauensbruch erinnert, den sie in ihren siebzehn Jahren erlebt hat und den sie während der ganzen Beziehung mit Lucas nicht richtig abschütteln konnte.

Peyton, die ich ansonsten echt mag, fand ich in dieser Folge wie auch schon im Finale der dritten Staffel einfach nur furchtbar und ihr Verhalten völlig daneben. Wie Brooke gesagt hat: wenn sie nicht vorhat, ihren Gefühlen gegenüber Lucas nachzugeben, wieso erzählt sie es dann überhaupt? Hat sie vergessen, wie verletzt Brooke war und wie lange es gedauert hat, ihr Vertrauen wieder zu gewinnen? Meiner Meinung nach ist es nicht Brooke, die die Freundschaft wegwirft, sondern Peyton und ihre Vorwürfe gegen Brooke sind einfach nur scheinheilig. Sie kann sich ja anscheinend selbst nicht entscheiden, ob sie Brooke weiterhin als Freundin haben will oder doch lieber zurückzickt – allein das "Gespräch", als Brooke zu Lucas ins Zimmer kommt und Peyton sieht, zeigt meiner Meinung nach, dass Peyton nicht so viel an der Freundschaft liegt, wie sie vorgibt, sonst würde sie Brooke wohl kaum so provozieren.

Deshalb finde ich die Entwicklung zwischen Rachel und Brooke sehr schön, denn ich glaube nicht, dass Brooke nur einen Ersatz für Peyton finden will. Sie hat sich schon auf der Party für Nathan und Haley Rachel gegenüber sehr verständnisvoll gezeigt, und das war noch vor Peytons Geständnis. Außerdem fand ich es gut, dass sich auch jemand um Rachel kümmert: auch wenn ich Haleys Wut absolut nachvollziehen kann, wird meiner Meinung nach doch deutlich, wie sehr Rachel unter den Folgen des Unfalls zu leiden hat und wie leid es ihr tut.

Ich hatte mich schon gefragt, wo Brooke jetzt wohnen will, nachdem sie mit Lucas Schluss gemacht hat und ihre alte Wohnung wieder an Nathan und Haley abgetreten hat, und die Lösung mit einer Rachel/Brooke-WG gefällt mir da sehr gut! Völlig ohne Reibereien wird die Beziehung zwischen den beiden bestimmt nicht auskommen, dafür sind sich die beiden zu ähnlich, aber ich hoffe einfach mal, dass diese Reibereien sich auf einem netteren Niveau abspielen als bisher zwischen den beiden und vor allem nicht so giftig wie zwischen Brooke und Peyton – oder auch Deb und Dan!

I guess you caught me red-handed.

Zwischen diesen beiden ist nach Debs Geständnis der lange schwelende Konflikt endgültig ausgebrochen und das auf einer ganz anderen Ebene als während Dans Wahlkampf. Gegen Dans Drohung in dieser Folge waren die gemeinen Streiche damals noch relativ harmlos und das weiß auch Deb, die nicht umsonst aus Tree Hill geflüchtet ist, als sie erfahren hat, dass Dan nicht daran glaubt, dass das Feuer im Autohaus ein Unfall gewesen ist. Dan hat zu Beginn der dritten Staffel geschworen, sich an demjenigen zu rächen, der ihn umbringen wollte, und wie ernst es ihm damit war hat der Mord an Keith gezeigt. Er war sogar in der Lage, aus lauter Hass seinen eigenen Bruder umzubringen – warum dann nicht seine Frau, mit der er schon lange nur noch durch Nathan verbunden ist? Debs Angst kann ich also gut nachvollziehen, doch ihre Wandlung in nur einer Folge hat mich dann doch erstaunt: auf der Hochzeit bietet sie Dan noch selbstbewusst die Stirn, obwohl sie sich denken kann, dass Dan so eine Information nicht einfach nur hinnehmen wird, und dann ist sie von seiner Drohung so verängstigt, dass sie sich sofort wieder auf ihre Pillen stürzt – das war mir etwas zu unstimmig.

Doch Dan kann sich sowieso nicht voll und ganz auf seine Rache konzentrieren, sondern muss sich mit seiner eigenen Schuld auseinandersetzen: er muss nicht nur die Nachricht verarbeiten, seinen Bruder "umsonst" umgebracht zu haben, sondern bekommt durch die Schrift an seiner Wand auch die Information, dass jemand die Wahrheit über Keiths Tod kennt. Es ist mal wieder herrlich, wie paradox Dan in dieser Folge handelt: einerseits versucht er, die Schuld an Keiths Tod wieder gut zu machen, indem er sich um Karen und das Kind seines Bruders kümmern will (wobei er mir dabei irgendwie nicht ganz geheuer ist und ich finde es erstaunlich, dass Karen kaum misstrauisch ist) und auf der anderen Seite plant er schon den nächsten Mord, obwohl ihm klar ist, dass schon jemand von seinem ersten weiß! Ich bin mal gespannt, welches Gefühl bei ihm in dieser Situation die Oberhand gewinnt: die Sorge um Karen (wenn sie denn ernst gemeint ist), der Hass auf Deb oder die Angst vor dem unbekannten Mitwisser...

Fazit

Ein toller Staffelauftakt, der die Atmosphäre der letzten Minuten der dritten Staffel perfekt aufgenommen und noch weiter verdichtet hat. Die Folge ist zwar alles andere als optimistisch, aber dafür richtig intensiv und so voller Probleme, dass die nächsten Episoden bestimmt nicht langweilig werden!

Lena Stadelmann - myFanbase

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