Die Blutspritzeranalyse

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Dexter Morgan arbeitet als forensischer Ermittler, der sich auf die Analyse von Blutspritzern spezialisiert hat. Was genau tut er da eigentlich und warum ist gerade seine Arbeit so wichtig, wenn es um die Analyse von Tatorten oder Fundorten von Leichen geht?

Blut – Flüssiger Lebensspender

Etwa fünf bis sechs Liter der roten Flüssigkeit fließen durch die kilometerlangen Adern eines Menschen und versorgen auch die abgelegensten Zellen im Körper mit Nährstoffen und Sauerstoff. Blut besteht zu mehr als der Hälfte aus Blutplasma, in dem sich allerhand zelluläre Bestandteile tummeln. Rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen, Blutplättchen und noch so einige andere gelöste Stoffe und Gase machen Blut zu einem einzigartigen, flüssigen Organ, das jedes Lebewesen auf der Welt am Leben erhält.

Ab einem Blutverlust von ca. 30 Prozent (was in etwa 1,5 Liter Blut entspricht) muss der Mensch mit deutlichen Anzeichen eines drohenden Schocks rechnen: die Herzfrequenz steigt, der Blutdruck und die Körpertemperatur sinken, der Patient fällt in eine Ohnmacht. Ohne Blut funktioniert die Atmung nicht mehr richtig, der Körper und allen voran das Gehirn gerät in eine gefährliche Sauerstoffunterversorgung, Abfallstoffe von Leber, Niere und Galle können nicht mehr abtransportiert werden. Kurzum: ohne Blut kein Leben.

Sobald Blut außerhalb des Körpers gelangt, beginnt es binnen weniger Minuten zu gerinnen. Die Viskosität ändert sich schlagartig, das Blut wird dickflüssiger und trocknet schließlich fast genau dort ein, wo es gerade ist. Für die Forensik geradezu optimal, denn dadurch wird Blut zu einem ungemein wichtigen "Werkzeug", um Verbrechen aufzuklären. Natürlich ist die Analyse von Blutspritzern nicht neu, doch neben der DNA-Analyse ist sie noch immer ein wichtiges Mittel, um einen Tathergang zu rekonstruieren.

Die Blutspritzeranalyse

Anhand von Blutstropfen eine Aussage machen zu können, von woher ein Angreifer sich seinem Opfer genähert hatte, erfordert nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem Blutfleck als solchen, sondern auch enormes Wissen über Biologie, Chemie, Mathematik und Physik. Im Zusammenspiel der Wissenschaften entsteht so ein effektives Werkzeug für den forensischen Ermittler. Natürlich ist nicht jedes Resultat so genau definierbar, wie es uns manche forensische Krimiserie weißmachen will, doch immerhin kann man allerhand von Blutspritzern ableiten.

Es können Aussagen über die Tropf- oder Spritzrichtung gemacht werden, Ursprungsorte ermittelt werden, eine Aussage über die Art der Waffe getroffen oder auch eventuelle Objekte entdeckt werden, die bei der Tat vielleicht im Weg gestanden haben. Zusammengenommen lässt dies in den besten Fällen auf einen Tathergang schließen.

Nicht jeder Tatortermittler oder Polizist ist ausgebildet, um das genaue Ausmaß der Blutspritzeranalyse zu beherrschen, weswegen die Ermittler eine spezielle Ausbildung durchlaufen müssen, die aus Konferenzen, Seminaren und auch Kursen in Mathematik und Physik bestehen. Natürlich darf auch ein praktisches Training nicht fehlen.

Die Analysetechniken

Neben der genauen Betrachtung der Tropfengröße, der Blutspur und der Durchmesser der Tropfen ist es unabdingbar, den Tatort zu fotografieren. Sobald der Tatort freigegeben und gereinigt wurde, sind alle physikalischen Beweise zunichte gemacht und das Foto ist die einzige Möglichkeit eines Ermittlers, sich mit dem Tatort noch einmal zu beschäftigen.

Eine handelsübliche Digitalkamera reicht dafür meist nicht aus, weswegen unterschiedliche Apparate von der Handkamera bis hin zur 35mm-Kamera zum Einsatz kommen. Zunächst werden Bilder aus großer Entfernung geschossen, die den Tatort als Gesamtbild zeigen. Anschließend werden Bilder mit einem normalen Objektiv aufgenommen, das es ermöglicht, sich mehr auf das Muster der Spritzer und Blutstropfen zu konzentrieren.

Anschließend werden meist auch noch Nahaufnahmen mit Makro-Objektiven gemacht, die die größte Detailgenauigkeit aufweisen. Vor allem für sehr kleine Blutspritzer, deren Durchmesser nur ein bis drei Millimeter groß sind, sind solche Nahaufnahmen unerlässlich, weil sie meist jeden individuellen Tropfen erfassen können.

Es gibt drei Arten von Blutspritzern – passive Spritzer, projizierte Blutspritzer und Blutspritzer, die durch Kontakt übertragen wurden.

Passive Blutspritzer enstehen immer dann, wenn die Schwerkraft ihre Wirkung auf das Blut zeigt. Dazu gehören einzelne Blutspritzer, die durch bloßes Heruntertropfen aus einer Wunde entstehen, Blutlachen, deren Form durch die Schwerkraft verändert wurde, weil eine Leiche bewegt wurde, oder kontinuierlich heruntertropfendes Blut, das auf die Liegedauer der Leiche schließen lässt.

Projizierte Blutzspritzer entstehen folglich immer dann, wenn das Blut irgendwie beschleunigt wurde. Hierzu gehören vor allem die Blutspritzer, die entstehen, wenn Waffen in das Gewebe eindringen, das Opfer sich nach einer Verletzung wehrt oder wenn das Opfer gar Blut spuckt. Durch die Art der Tropfen kann oftmals auf die Richtung und auf die Geschwindigkeit der Tropfen geschlossen werden, denn je nachdem wie groß die Blutstropfen sind und wie weit sie auseinander gezogen wurden, kann eine Aussage gemacht werden, ob etwa ein Messer oder eine Schusswaffe als Tatwerkzeug in Frage kommt. Tropfen, die nur eine geringe Beschleunigung erfuhren, sind in der Regel bis zu drei Millimeter dick, während Blutstropfen mit mittlerer Beschleunigung, wie etwa nach Schlägereien, einen Durchmesser von einem bis drei Millimeter zeigen. Spritzer, die nach dem Eindringen von Schusswaffen entstehen, aber auch Blut, das ausgehustet wird, weisen einen meist wesentlich kleineren Durchmesser auf.

Die dritte Art von Spritzern bilden diejenigen, die nicht vom Opfer selbst stammen, sondern von einem Objekt, das mit Blut in Berührung gekommen ist. Dazu gehören vor allem Blutschmieren, wenn beispielsweise ein Objekt durch eine Blutlache gezogen wird oder auch Blut, das von einem Objekt, wie etwa einem Messer, tropft, das zuvor mit Blut in Berührung gekommen war und anschließend noch durch den Raum getragen wurde.

Diese Einteilung der Blutspritzer ist nicht fest. Es gibt fließende Übergänge, die eine detaillierte Untersuchung aus unterschiedlichen Blickrichtungen notwendig machen, um eine vor Gericht bestehende Aussage treffen zu können.

Obwohl vielmals von Blutstropfen die Rede ist, haben Experimente gezeigt, dass das Blut im Fall eher eine sphärische Form als eine Tropfenform einnimmt, was sich durch physikalische Größen wie die Oberflächenspannung erklären lässt. Diese Tatsache wird vor allem dann nötig, wenn die Richtung ermittelt werden soll, aus der das Blut stammte. Hierzu sind komplexe Berechnungen von Austritts- und Auftreffwinkeln notwendig, die nicht immer so einfach von der Hand gehen, wie es uns Serien wie "CSI" glauben lassen wollen.

Grenzen der Blutspritzeranalyse

Ein einzelner Blutspritzer genügt meist nicht aus, um eine genaue Aussage über die Herkunft des Blutes machen zu können, geschweige denn eine Tatwaffe oder einen Tathergang zu ermitteln. Meist kann nur eine grobe Richtung ausgemacht werden, aus der das Blut gefallen ist oder beschleunigt wurde.

Viele der Berechnungen werden Software-unterstützt getätigt, dem Tatortermittler bleibt so nur wenig Spielraum für eigene Interpretationen. Ob aus der Analyse der Blutspritzer letztlich ein fundierter Beweis entsteht, der die Ermittler zu den Tätern führt, hängt somit von vielen, unterschiedlichen Faktoren ab. Dazu gehören nicht nur Opfer und Täter, sondern eben der Ermittler, sein Sinn fürs Detail und dem allgemeinen Kenntnisstand über Blut.

Leider gerät die Analyse heutzutage oftmals ins Hintertreffen, da immer mehr Fälle durch die wesentlich genauere DNA-Analyse gelöst werden. Da diese jedoch meist einige Tage und Wochen in Anspruch nimmt, bietet die Blutspritzeranalyse eine gute Möglichkeit, früh eine Aussage über mögliche Tathergänge zu liefern.

Melanie Brandt - myFanbase