Bewertung

Review: #1.06 Waffenbrüder

In dieser Episode lernen wir Irisas Onkel Eddie kennen. Natürlich ist er nicht wirklich ihr Onkel, sondern ein Armeekamerad von Nolan, doch da Eddie gleich zweimal seine Freiheit geopfert hat, damit Nolan sich weiterhin um Irisa kümmern kann und die beiden unbehelligt bleiben, denke ich genau wie Nolan, dass Eddie es sich verdient hat, als Irisas Onkel bezeichnet zu werden.

Ein weiterer neuer Charakter, der in dieser Episode sein Debüt gibt und möglicherweise noch öfter auftauchen wird, ist Connor Lang, der für die Republik Erde arbeitet und eine gemeinsame Vergangenheit mit Amanda hat. Obwohl wir keine Details erfahren, spricht vieles dafür, dass Connor die verlorene Liebe Amandas ist, über die Nolan in der Episode zuvor spekuliert hat. Ganz offensichtlich hat die schurkische, einmal verwitwete und einmal geschiedene Botschafterin Olfin Tennety bei ihren Recherchen über Amanda herausgefunden, dass Connor ein möglicher Schwachpunkt der kampfeslustigen Bürgermeisterin ist.

In dieser Folge wird erstmals explizit gesagt, dass ein erneuter Krieg zwischen der menschlichen Regierung, besser bekannt als Republik Erde, und dem Votan-Kollektiv, das wiederum die außerirdischen Rassen vertritt, vor der Tür steht. Beide Seiten versuchen die neueste Waffentechnologie in ihre Finger zu bekommen, um sich Vorteile zu verschaffen, die entscheidend sein können. Das erinnert nicht zufällig an das Wettrüsten zwischen den USA und der Sowjetunion während des Kalten Krieges. Es ist ein spannendes Szenario, dass Defiance als unabhängige Stadt zunehmend zwischen die Fronten gerät und zum Spielball der rivalisierenden Mächte wird, ohne überhaupt in die Spielregeln eingeweiht worden zu sein.

Nolans tödlicher Schuss auf den Waffenentwickler Pol Madis, den sowohl die Republik als auch das Kollektiv anwerben wollten, ist einer der kontroversesten und überraschendsten Momente im bisherigen Serienverlauf. An sich kann man von einer ziemlich brutalen Tat sprechen, denn Nolan schießt hier ohne jeder Vorwarnung einen unbewaffneten, wehrlosen Mann nieder, von dem zu diesem Zeitpunkt keinerlei Gefahr ausging. In einem größeren Zusammenhang gesehen, hat Nolan mit seinem Schuss aber möglicherweise viele Leben gerettet und den Ausbruch eines Krieges verhindert oder zumindest verzögert. Pol Madis' Spezialität war die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen, der er sich nicht nur völlig gewissenlos, sondern sogar mit Spass am Töten gewidmet hat. Für welche Seite auch immer er letztlich gearbeitet hätte, zurückgehalten hätte er sich nicht. Ist Nolans Tat also gerechtfertigt? Diese Frage lässt sich von vielen verschiedenen Seiten aus betrachten - juristisch, ethisch, moralisch -, aber kaum eindeutig beantworten. Das macht es ja so faszinierend.

Stichwort Ethik. Pol Madis deutet an, dass Doc Yewll während des Krieges an sehr fragwürdigen Experimenten beteiligt war, von denen ihre Mitbürger und Patienten besser nichts erfahren sollten. Auch hier zeichnet sich eine spannende, kontroverse Entwicklung ab, die ich nicht habe kommen sehen. Doc Yewll war bisher nur eine Randfigur, die durch ihre spöttische Art für Amusement gesorgt hat, doch nun wird man sie als Zuschauer mit einer nervösen Neugier beobachten. War sie eine Art Josef Mengele und hat schauerliche Menschenversuche durchgeführt? Wenn ja, wie weit würde sie gehen, um dies zu verschleiern?

Ein Charakter, von dem wir uns verabschieden müssen, ohne ihn wirklich gekannt zu haben, ist Mr. Birch. Seine skrupellose Suche nach dem mysteriösen Artefakt endet damit, dass er zu Tode gewürgt und in den Minen entsorgt wird. Verantwortlich dafür ist mit Quentin ein Charakter, der bisher zu den friedlichsten und vernünftigsten gehört hat. Das Artefakt aus Lukes Besitz, das wohl auch jenes ist, hinter dem Mr. Birch und Nicolette Riordon her sind, beeinflusst Quentin. Er sieht plötzlich den verstorbenen Luke, der ihn dazu anstiftet, alles zu tun, um das Artefakt zu behalten und zu schützen. Ich glaube nicht, dass es sich wirklich um Lukes Geist handelt. Vielmehr scheint dieser Gegenstand auf den Verstand einzuwirken und Halluzinationen zu verursachen, wodurch sich erst recht die Frage stellt, was dieses Ding ist und warum einige Menschen bereit sind, Massenmorde zu begehen, um es zu bekommen.

Es ist wahrscheinlich fies, aber man kann nicht umhin, auch irgendwie Spass daran zu haben, dass Datak von Pol Madis durch eine gemeine Magensonde gequält wird und daraufhin so nett ist, das Nolan Verdacht schöpft und zu seiner Rettung eilt. Es zeichnet sich eine Lieblingsfeindschaft zwischen Nolan und Datak ab, ein verschrobenes, potentiell tödliches Gegenstück zu einer Freundschaft.

Ich tendiere alles in allem dazu, diese Episode als die bisher beste der jungen Serie zu betrachten. Es gab schon Folgen mit mehr Action und auch schon Folgen mit stärkeren emotionalen Momenten, aber als Gesamtpaket ist diese Episode einen Tick stimmiger und spannender als alle bisherigen zuvor.

Maret Hosemann - myFanbase

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