Bewertung

Review: #3.05 Brenn, Hexe, brenn!

Foto: Jessica Lange, American Horror Story: Coven - Copyright: Frank Ockenfels/FX
Jessica Lange, American Horror Story: Coven
© Frank Ockenfels/FX

Horrorproduktionen rufen bei mir ganz unterschiedliche Reaktionen hervor, leider des Öfteren auch Enttäuschung, aber sie üben ausgesprochen selten Druck auf meine Tränendrüsen aus. Diese Folge von "American Horror Story" aber tut dies. Als Fiona im Krankenhaus eine Patientin dazu bringt, deren totgeborenes Baby in den Arm zu nehmen und mit ihm zu sprechen, um schließlich das Baby zum Leben zu erwecken, kann man vor geballten Emotionen kaum schlucken. Jessica Langes Schauspielkünste sind eine Waffe! Eine große Tragik ergibt sich in dieser Szene natürlich auch daraus, dass Fiona ihrem eigenen Kind nicht helfen kann: Cordelia hat durch den Säureangriff ihr Augenlicht verloren.

Surpreme gesucht

Sehr bewegend ist auch Madame LaLauries Auseinandersetzung mit ihrem Versagen als Mutter, wobei Versagen noch sehr wohlmeinend ausgedrückt ist, denn diese Frau hatte wirklich sehr brutale und grausame Erziehungsmethoden, die nur etwas gnädiger waren als das, was sie ihren Sklaven angetan hat. Dass die Madame es bedauert, keine bessere Mutter gewesen zu sein, wurde bereits in Episode #3.02 Der perfekte Freund angeklungen. Die Begegnung mit ihren zombifizierten Töchtern zwingt Madame LL, sich dieser offenen Wunde zu stellen. Sie kann ihre Töchter nur noch davon erlösen, als mörderische Marionetten in einem Krieg der Hexen benutzt zu werden, mehr nicht. Damit rettet sie zugleich Queenie das Leben.

Queenie scheint immer mehr zu einer Ersatztochter für Madame LL zu werden, was selbstverständlich der Inbegriff von Ironie ist. Man möchte in der Madame gerne eine geläuterte Frau sehen, die den Weg der Buße geht, denn es fühlt sich verdammt richtig an, dass eine Person, die so viel Schreckliches getan hat, bitter bereut. Das wäre ein positives Ausrufezeichen für die Menschlichkeit, aber Skepsis und Misstrauen bezüglich dessen, wozu sie immer noch fähig ist, bleiben angebracht. Wir sprechen hier immerhin von einer Frau, die Menschen bei lebendigem Leibe die Augen ausgerissen hat, um die authentischste Halloween-Party der Stadt zu bieten.

Queenie könnte eine sorgende Mutterfigur, die wirklich das Beste für sie will, auf jeden Fall gut gebrauchen, denn sie wird von Fiona benutzt und manipuliert. Fiona ködert Queenie damit, die nächste Surpreme werden zu können, und damit auch die erste farbige Anführerin des Zirkels.

Der Kampf gegen die Zombies hat indes ziemlich klar gezeigt, dass in Zoe die neue Surpreme steckt. Das kommt nicht gerade überraschend, schließlich ist Zoe der Ausgangspunkt dieser Staffel. Allerdings hat sie sich bisher nicht wirklich als dominanter und interessanter Charakter in den Vordergrund gespielt, auch weil sie zumeist mit Kyle beschäftigt war. Zoe wirkt neben den anderen Hexen, die wir bisher kennen gelernt haben, noch ein bisschen zu glatt, ohne Ecken und Kanten oder besondere Ausstrahlung. Wir haben aber noch nicht ganz die Hälfte der Staffel erreicht, somit bleibt noch Zeit, um Zoe mehr Profil zu geben. Natürlich darf man "American Horror Story" auch zutrauen, dass es noch eine Wendung gibt und Zoe nicht diejenige welche ist.

Die Hexe muss brennen

Fiona sorgt mit manipulierten Beweisen dafür, dass Myrtle Snow sowohl die Schuld an dem Angriff auf Cordelia als auch an dem Verschwinden von Madison gegeben wird. Wir wissen, dass Myrtle mit Madisons unglücklichem Schicksal nichts zu tun hat, wohingegen sie durchaus den Angriff auf Cordelia verübt haben könnte. Es spricht jetzt allerdings mehr dafür, dass Myrtle vollkommen unschuldig ist, was bedeutet, dass der wahre Täter weiterhin unbekannt bleibt. Eigentlich sollte Fiona mehr daran gelegen sein, den Angreifer ihrer Tochter aufzuspüren, als ihre Rivalin aus dem Weg zu räumen, aber wie sehr Fionas Sicht auf die Dinge durch das Streben nach Macht und Jugend getrübt ist, haben wir bereits registriert. Fiona kann sich einfach nicht zurücknehmen.

Es ist seltsam zu sehen, wie im 21. Jahrhundert eine zeremonielle Hexenverbrennung praktiziert wird, mitten in den USA und unbemerkt vom Rest der Welt. Die gesamte Hinrichtung ist eine makabere Prozedur, die sich wie aus einer anderen Zeit entnommen vor unseren Augen abspielt, untermalt mit moderner Musik. Plötzlich sind die bewegenden Szenen dieser Folge erst einmal vergessen, man sitzt nur noch staunend da und betrachtet dieses eigenwillige, faszinierende, unheimliche und anachronistische Geschehen.

Myrtles Tod ist aber nicht das Ende. Natürlich nicht. Misty, die selbst aus Asche auferstanden ist, holt Myrtle ins Leben zurück. Ob Myrtles Körper wiederhergestellt wird, oder sie in dieser verbrannten Gestalt bleibt, müssen wir abwarten, aber sie wird bestimmt mehr denn je darauf brennen (haha!), Fiona zur Strecke zu bringen.

Blindes Sehen

Cordelia hat ihr Augenlicht verloren und doch sieht sie jetzt Dinge, die ihr vorher komplett verborgen geblieben sind. Sie scheint das ominöse dritte Auge zu entwickeln, das ihr Visionen verleiht und sie Wahrheiten erkennen lässt. Blinde Seher, die in ewiger Dunkelheit existieren, aber Einblicke in die Zukunft und in die Vergangenheit haben, sind ein wiederkehrendes Motiv in Mythen, Sagen und Horrorgeschichten. Mit dieser neuen Gabe lernt Cordelia nun womöglich auch, ihre Mutter zu durchschauen.

Fazit

Diese Episode ist wie der Besuch eines Jahrmarktes. Mal sitzt man in der Achterbahn der Gefühle und wird richtig mitgenommen, dann wieder geht man durchs Horrorkabinett und darf sich an dem Makaberen erfreuen.

Maret Hosemann - myFanbase

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