Wednesday - Review Staffel 2

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"Wednesday" hat sich für Netflix mit Staffel 1 als riesiger Erfolg im Spätherbst 2022 erwiesen. Das hätte also eigentlich eine perfekte Geschichte für sich sein können, wenn nicht Titeldarstellerin Jenna Ortega selbst Kritik geäußert hätte. Kern ihrer Unzufriedenheit war vor allem das Liebedreieck, das für Wednesday mit Tyler (Hunter Doohan) und Xavier (Percy Hynes White) angelegt war. In meiner Review habe ich das als typisch für eine vorrangig an jugendliches Publikum gerichtete Serie bezeichnet, aber der Hauptgrund zum Einschalten war es sicherlich nicht. Dementsprechend fand ich Ortegas Worte sehr eindrücklich und auch mutig, denn der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten. Auch wenn die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Abteilungen bei Film und Fernsehen immer mehr aufweichen, weil immer mehr Schauspieler*innen Produzenten, Regisseur oder eben Autoren werden, so ist gerade der Writers' Room eine heilige Institution. Zurecht, aber irgendwie auch nicht. Denn eins war nach Staffel 1 klar, Ortega lebt Wednesday Addams und wenn sie nachspürt, dass das nichts für ihre Rolle war, dann hat das Gewicht. War es richtig, das öffentlich auszutragen? Das kann man diskutieren. Aber da man gerade von Frauen weiß, wie oft sie nicht gehört werden, wer weiß, ob es nicht der einzige Weg war. Dementsprechend habe ich diese Vorgeschichte doch immer im Herzen getragen und bei beinahe drei Jahren Wartezeit waren doch genug Möglichkeiten da, sich zu fragen, wie diese zweite Staffel nun aussehen wird.

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Vielleicht verlieren wir noch ein paar Worte zur Ausstrahlungspolitik. Diese vier Wochen Wartezeit zwischen Teil 1 und 2 funktionieren für einige Serien besser, für andere schlechter. Es ist zum Glück insgesamt weniger als Strategie geworden, denn Staffel 2 von "Wednesday" hat gezeigt, wann es eher unglücklich ist. Die Serie lässt sich durch einen Sog großartig weggucken und da wirkten die vier Episoden Anfang August höchstens wie ein Happen. Zudem war der Cliffhanger angesichts des Serientitels etwas lächerlich. Dementsprechend hätte ich gerne auf so ein Binge-Erlebnis wie bei Staffel 1 gesetzt und hätte dafür auch gerne wieder auf den Herbst gewartet, weil das von der Stimmung her noch etwas besser gepasst hätte. Betrachtet man die acht Episoden aber in der Gesamtsicht, dann ist auf jeden Fall zu erkennen, dass an einigen Stellen fleißig geschraubt wurde, ohne aber im Kern den Stil der Serie zu verändern, geschweige denn zu verschlechtern. Umgekehrt ist aber die Frage, ob die Serie damit nochmal verbessert wurde und das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Eine zweite Staffel einer erfolgreichen Serie hat immer die Hypothek, den Hype zu bestätigen. Aber auch generell haben Serien es im zweiten Umlauf schwierig. In Staffel 1 ist der Reiz des Neuen da und das war bei "Wednesday" speziell die Genialität, wie dunkel und herrlich morbide das ganze Storytelling angelegt war. Aber auch die optische Inszenierung, beispielsweise nur die farblichen Gegensätze zwischen Wednesday und Enid (Emma Myers), grandiose Bilder gab es da. Aber in Staffel 2 weiß man, was man bekommen wird und kann mehr auf anderes achten. Dadurch werden Schwächen offensichtlicher, die es auch in Staffel 1 schon gab, die da einfach nicht so auffielen.

Foto: Wednesday - Copyright: 2025 Netflix, Inc.; Helen Sloan/Netflix
Wednesday
© 2025 Netflix, Inc.; Helen Sloan/Netflix

In der genaueren inhaltlichen Betrachtung fangen wir einfach mal mit den Veränderungen an. Wednesday wird wie erwartet nicht mehr offensiv in einer Liebesgeschichte gezeigt. Punktgewinn Ortega. Es gibt zwar immer noch bedeutungsschwangere Szenen mit Tyler, aber auf eine Art, dass man akzeptiert, dass er entgegen ihres Willens etwas in ihr anrührt, was aber einfach auf verwandte Seelen anspielen kann, ohne es romantisch zu meinen. Romantische Verwicklungen gibt es auch so, Stichwort Enid in ihrem Liebesdreieck mit Ajax (Georgie Farmer) und Bruno (Noah B. Tyler), aber es ist sichtbar runtergeschraubt. Dann ist eine extrem große Veränderung, dass die gesamte Addams-Familie eine viel größere Rolle spielt. Das ist heiß diskutiert worden innerhalb der Fangemeinde. Aber ich finde es eine großartige Entscheidung. Wednesday alleine funktioniert schon großartig, aber flankiert von ihrer Familie wird das alles nochmal in einen größeren Kontext gesetzt und es gibt da im Verlauf von Staffel 2 genug Szenen, die das wert sind. Zumal die Addams alle eine gewisse Art haben und doch höchst verschieden sind. Oma Hester (Joanna Lumley) belegt das als Neuzugang, aber genauso herrlich sind wieder die Szenen von Fester (Fred Armisen). Da wir einige aus dem Cast von Staffel 1 verloren haben (schade, dass es zu Percy Hynes Whites Ausscheiden nach den Vorwürfen nie eine klare Stellungnahme gab…), gibt es einige Neuzugänge. Das hat für mich unter dem Strich gut funktioniert, weil alles für neuen, frischen Wind stand. Ansonsten bleiben die Zutaten aber gleich: wir haben diverse Mysterien, die nach und nach aufgelöst werden, sodass auch durchgängig Unterhaltung und WTF-Momente vorhanden sind.

Foto: Emma Myers, Jenna Ortega & Evie Templeton, Wednesday - Copyright: 2025 Netflix, Inc.; Bernard Walsh/Netflix
Emma Myers, Jenna Ortega & Evie Templeton, Wednesday
© 2025 Netflix, Inc.; Bernard Walsh/Netflix

Beim Durchgehen der Veränderungen musste ich jetzt aber schon die ganze Zeit an die größte Schwäche der Serie denken: Für Charakterentwicklungen schaltet man hier nicht ein. Wir müssen Wednesday hier ausklammern. Sie ist die Titelfigur, sie ist der Star praktisch jeder Szene. Aufgrund der selbst aufgelegten Art ist Entwicklung bei Wednesday ohnehin schwierig, weil niemand sie auch anders erleben möchte. Aber in ihrem klein gesteckten Rahmen merkt man den Drehbüchern immer wieder an, dass Geschichten geschrieben werden, die sie aus ihrer Schale locken und Verletzlichkeit zeigen. Es wird weiterhin über die Beziehungsebenen geleistet. Wednesday und Enid bleiben ein großes Thema. Die Vision zu Endis Tod ist in zweidrittel der Staffel ein großer Antrieb, aber speziell auch die Mutter-Tochter-Beziehung zieht sich durch und liefert viele gute Szenen. Aber davon abgesehen wird es schnell schwierig. Hauptcast heißt ohnehin nicht, dass alle gleich verdienen, das ist schon ewig bekannt, aber es ist einfach bedauerlich, wenn Hauptcast so riesige Unterschiede im Szenenvolumen meint. Ganz eklatant ist da wohl Eugene (Moosa Mostafa) zu nennen, der erneut fast völlig untergeht. Pugsley (Isaac Ordonez) hätte als neuer Schüler der Akademie auch gutes Material bekommen können, aber bis auf die Verbindung zu Schlürfi (Owen Painter) ist da nicht viel mehr eingefallen. Auch Bruno als Neuzugang war absolut austauschbar. Einzig Barry Dort (Steve Buscemi) und Agnes (Evie Templeton) haben für mich ein ganz klares Profil bekommen und gehörten zu den Highlights in ihrer Darstellung. Sie haben beide zwar einen Nerv-Faktor, aber ohne sie hätte Staffel 2 niemals so funktioniert.

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Aber von den Alteingesessenen hätte man auf jeden Fall mehr erhoffen können. Dass Tyler in Staffel 1 erst etwas außen vor war, das war nachvollziehbar, aber in Teil 2 wäre doch viel mehr möglich gewesen, aber er war dann nach den Enthüllungen zu seiner Familie völlig zurückstehend. Ajax hat für mich ebenfalls nicht so viel Input bekommen. Bianca (Joy Sunday) war für mich zu oft zu isoliert. Einzig die vorletzte Episode rund um die Gala an der Nevermore-Akademie hat ein Gefühl von Gemeinschaftssinn des Originalcasts vermittelt. Enid wiederum ist ein Sonderfall. Mit ihrem neuen Status als populäre Schülerin haben wir eine neue Seite und auch das Alpha-Dasein verspricht mehr. Dafür waren aber die Freundschaftsmomente mit Wednesday im Vergleich zu Staffel 1 sehr ähnlich. Dennoch möchte ich sie keinesfalls missen. Man sieht nur, dass es an Entwicklung sehr wenig gibt. Kommen wir da auch nochmal eben zur Addams-Familie. Morticia (Catherine Zeta-Jones) sticht aus der Familie etwas heraus, weil das Missverhältnis zu Wednesday vieles von dem begründet, was aus dem Ruder läuft. Aber es gibt mehrere Momente, in denen es so wirkt, als würde sie mit Gomez als Unterstützung das Ruder in die Hand nehmen, doch nie kommt was. Erst in der finalen Episode wird klar, dass das Motto Galpins gegen Addams ist. Aber auch davor gab es genug brenzlige Momente, in denen Morticias ständige Besorgnis um ihre Tochter einfach nicht ausgespielt wird. Die Serie tut sich insgesamt sehr schwer, anderen Figuren als Wednesday so klare Solo-Momente zu gewähren.

Foto: Billie Piper & Jenna Ortega, Wednesday - Copyright: 2025 Netflix, Inc.; Helen Sloan/Netflix
Billie Piper & Jenna Ortega, Wednesday
© 2025 Netflix, Inc.; Helen Sloan/Netflix

Nach diesem größeren Kritikblock komme ich aber gerne wieder auf all das, was sehr gut funktioniert. Ortega wird immer das große Aushängeschild bleiben, weil ihre Art, Wednesday darzustellen, man kann es sich einfach nicht besser vorstellen. Auch ansonsten besticht dieses übertriebene Schauspiel von vielen, weil es so sehr oft zu lustigen Sequenzen kommt. Die Essensszene der Addams beispielsweise, es ist schwierig sich vorzustellen, wie man dort überhaupt ernst bleiben kann, weil es in der Gesamtkomposition so absurd ist. Aber weil es nach dem 100. Take dann wohl endlich klappt, ist der Lohn so groß. Ich mag auch, dass die Serie zwar vor allen an ein jüngeres Publikum ausgerichtet sein mag, aber sich dadurch nicht eingrenzen lässt. Schaue ich alleine auf die Mysterien und was für heftige Szenen wir zwischendurch bekommen, dann ist das nichts für schwache Nerven und beweist insgesamt, warum "Wednesday" für viele Zielgruppen funktioniert. Teil 2 ist für mich etwas stärker als Teil 1, aber beide haben ihre sehr starken Seiten. In Teil 1 trägt Agnes entscheidend zu einem großen Fragezeichen bei, aber auch der Rabenbeschwörer hält uns in Atem. In Teil 2 waren es für mich dann weniger Antworten, die ich suchte, sondern so inhaltliche Highlights, die ich zwischendurch auch schon habe anklingen lassen mit der Gala und dem finalen Familien-Kampf. Aber unbedingt hervorheben muss ich noch 2.06, die "Freaky Friday - Ein voll verrückter Freitag" Konkurrenz gemacht hat. Alleine der Episodenanfang, als Wednesday in bunten Farben ins Bild gedanct kommt, herrlich! Das war so eine coole Idee. Ich hatte zuvor geschrieben, dass wir Wednesday so bunt gar nicht wollen, aber mit dem Gedanken, dass Enid in ihr steckt, war das einfach herrlich. Vor allem weil es Ortega ganz andere Möglichkeiten gegeben hat. Aber Myers lasse ich keinesfalls außen vor, weil sie genauso eine andere Seite zeigen musste. Es ist vermutlich meine Lieblingsepisode der Staffel.

Foto: Gwendoline Christie & Catherine Zeta-Jones, Wednesday - Copyright: 2025 Netflix, Inc.; Helen Sloan/Netflix
Gwendoline Christie & Catherine Zeta-Jones, Wednesday
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Sehr positiv behalte ich auch die Enthüllung zu Eiskaltes Händchen (Victor Dorobantu) in Erinnerung. Schon in Teil 1 wurde zunehmend deutlich, dass er noch eine wichtige Rolle in dieser Staffel einnehmen wird. Der vergessene Geburtstag und die daraus resultierende Beleuchtung seiner Stelle innerhalb der Familie war ein Hinweis. Es war leicht, sich darauf zu verlassen, dass er ein alter Verwandter ist. Dementsprechend war die Idee, zu wem Eiskaltes Händchen tatsächlich gehört, eine verrückte und würdige Wendung. Und da wären wir wieder bei Charakterentwicklung, denn wenn ein Körperteil mehr Persönlichkeit als alle Körperteile zusammen hat, dann sehen wir eine Baustelle. Ansonsten ist natürlich auch Lady Gaga nicht zu vergessen. Mir war schon klar, dass sie keine übertrieben große Rolle einnehmen würde, dementsprechend fand ich ihre Rolle sehr passend und auch angenehm. Sie passte da ganz hervorragend rein und auch der Tanz zu ihrem extra geschriebenen Song für die Serie war ein Highlight. Gwendoline Christie als Larissa Weems war eins der prominenten Opfer der ersten Staffel. Auch wenn mit Dort ein spannender Ersatz gefunden wurde, aber Christie hat der Serie auch ihren Stempel aufgedrückt und sie als spirituelle Wegbegleiterin zurückzuholen, war eine gute Idee. Zuletzt endet die Staffel einfach so, dass man unbedingt weitersehen will. Es gibt genug Ideen für die zum Glück schon bestätigte dritte Staffel. Da bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht wieder fast drei Jahre warten müssen…

Fazit

"Wednesday" bleibt für mich auch in Staffel 2 eine sehr empfehlenswerte Produktion, weil sie mit vielem heraussticht und vieles anzubieten hat, somit also nie langweilig wird. Umgekehrt hat die Staffel bewiesen, dass man für großartige Charakterentwicklungen nicht einschaltet. Das ist nicht die Stärke der Netflix-Produktion. Aber eine große Schwäche ist hier kein Argument, weil das Gegengewicht durch Erzählart, Stilistik, Schauspiel und coole Ideen immens ist. Die Vorfreude auf Staffel 3 ist so definitiv da.

Lena Donth - myFanbase

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