Sløborn - Review Staffel 3

Die deutsche Produktion "Sløborn" geht in die dritte und finale Staffel. Ich war im Vorfeld sehr gespannt auf die Auflösung, weil ich sie als eine der besten der letzten Jahre empfunden habe. Sie ist spannend, sehr düster und nah an wichtigen Themen der Zeit erzählt. Wo man sonst immer "Die Simpsons" und "Homeland" beispielsweise nachsagte, Ereignisse der Zukunft vorausgesagt zu haben, so können wir auch "Sløborn" guten Gewissens dieser Liste hinzufügen. Staffel 1 war abgedreht, bevor wir von Corona überhaupt etwas gehört hatten und Staffel 2 hat sich dann auch mit Themen von ziviler Abgeschiedenheit beschäftigt und was das bei den Menschen auslöst, was viel auch an die Flüchtlingsbewegungen erinnert und wie es umgekehrt denen geht, die zurückbleiben und in ihrer Heimat ausharren. Ist nun Staffel 3 auch wieder am Puls der Zeit und wird alles vernünftig zu einem Ende gebracht?
Die Ausgangslage für Staffel 3 eröffnet uns ganz neue Aspekte. Nachdem Staffel 2 in aller Abgeschiedenheit auf der fiktiven Insel Sløborn zwischen Dänemark und Deutschland gespielt hat, sind wir nun wieder auf dem Festland, aber von vertrauter Zivilisation ist immer noch keine Spur, denn die Weltbevölkerung ist erheblich dezimiert worden. Aus den Großstädten gibt es widersprüchliche Berichte, aber es ist klar, die in Deutschland vertraute Demokratie liegt am Boden. Es wäre unsinnig, sich auf einen Staat zu verlassen, jeder muss für sich selbst sorgen. Damit wären wir dann auch gleich bei den Themenaspekten, bei denen "Sløborn" erneut seine erzählerische Relevanz beweist. Während der eine Teil, darunter Evelin (Emily Kusche) mit ihrer Familie in einer Gemeinschaft in einem Krankenhaus untergekommen ist, wo man sich um demokratische Strukturen wenigstens bemüht, gibt es andernorts diktatorische Zusammenschlüsse, wie hier unter Erik Stoever (Manuel Harder), der sich ein Camp errichtet hat, wo wir Strukturen vorfinden, die einem ganz gewaltige Schauer über den Rücken jagen. Es ist zu erahnen, dass es ganz gewiss nicht das einzige Camp dieser Art in Deutschland (und wahrscheinlich weltweit) ist. Wenn man da so erlebt, wie Stoever sich als Dux huldigen lässt, während die meisten unter ihm wie Arbeitssklaven zu leiden haben, dabei ganz offensichtlich die mit ausländischen Wurzeln am menschenunwürdigsten, dann wird mein Herz umso voller, wie viele Menschen sich in den letzten Wochen auf die Straße begeben haben, um für Demokratie und Mitmenschlichkeit zu demonstrieren. Lange waren die Vorhaben von AfD, Reichsbürgern usw. für viele wohl zu unspezifisch und damit wählbar und unterstützungswürdig, weil sie gegen das bestehende System ein Schuss vor den Bug sind, aber dann muss man sich nur solche Serien anschauen. Dann weiß man wieder, wofür sich die Menschheit entwickelt hat und wofür sie solche Errungenschaften wie Demokratie und Toleranz hat. Wer nun lacht, dass so eine Vision wie in "Sløborn" absurd sei, dem lache ich gerne zurück, dass wir die Pandemie mit all ihren Konsequenzen uns auch niemals so ausgemalt hätten, obwohl es schon längst an unserer Tür geklopft hat.
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Nach diesem gesellschaftspolitischen Ausflug kommen wir aber wieder zum eigentlichen Inhalt, der auch ohne Parallelen zum Zeitgeist wirklich sehr bedrückend ist. Ich finde auch insgesamt, dass die Staffel an Gewalttätigkeit und Explizitheit in ihrer Darstellung noch einmal zugenommen hat, was ich aber durchaus unterstütze, auch wenn es so Wegschaumomente gab. Aber oft muss man eben sehr deutlich werden, um zu unterstreichen, was man aussagen will. Insgesamt waren die anfänglichen Ereignisse im Krankenhaus da deutlich angenehmer. Auch wenn Devid (Aaron Hilmer) und auch Evelins Bruder Alexander (Ron Antony Renzenbrink) regelmäßig auf den Quads ausrücken müssen und sich so in Lebensgefahr begeben, so ist es doch nötig, um das Überleben auf Dauer zu sichern und das waren dennoch ganz andere Spannungsbögen. Im Inneren ist man um einen guten Umgang bemüht und auch wenn die Ärztin Reichart (Katinka Auberger) eine Führungsrolle übernimmt, so haben doch alle in Abstimmungen eine gleichwertige Stimme. Abgestimmt werden muss viel, denn nachdem sechs Monate seit Staffel 2 vergangen sind, werden die Ressourcen weiter knapp und der sehr intelligente Herm (Adrian Grünewald) hat immer wieder Ideen, wie die Windräder in Gang zu bringen und so die Energieversorgung zu sichern. Auch diesen Teil fand ich sehr sinnbildlich für unsere heutige Zukunft, weil wir eben auch Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft suchen müssen und dafür besser an einem Strang ziehen als nur das zu sehen, was den eigenen Wohlbestand bedroht. Auch wenn in diesem Teilthema die Gefahren von außen und nicht von innen laueren, so ist es in der Auftaktepisode gut gelungen, hier große Spannung aufzubauen. Das passt dann auch für ein generelles Urteil. Auch wenn die Intensität immer mehr zunimmt, damit man auch merkt, dass es auf den großen Showdown zusteuert, so ist doch durchgängig etwas da, was einen anzieht und weswegen man mehr entdecken will.
In Staffel 2 hatte ich etwas bemängelt, dass rund um die Gruppe der ehemaligen jugendlichen Straftäter zu viel Einseitigkeit mit Drogen und Alkohol geboten war und auch die Charakterentwicklung dank der Eintönigkeit von Devid und Ella (Lea van Acken) nicht ausgeprägt war. Diese Kritikpunkte können wir für Staffel 3 größtenteils streichen. Dafür hat sich etwas anderes ergeben, was mir nicht so gut gefallen hat. Da die Kern-Eltern Richard (Wotan Wilke Möhring) und Helena (Annika Kuhl) in Staffel 2 kaum bis gar keine Rolle gespielt haben, war es einerseits nun durchaus wichtig, ihre Lücken für uns Zuschauer*innen zu füllen, andererseits geschah das sehr zusammenhangslos und auch ohne zeitliche Einordnung. Mir persönlich fiel es dadurch schwer, die Orientierung zu behalten und daraus auch mehr generelle Infos zu ziehen, wie es am Festland zugegangen ist. Da passt es für mich, auch gleich auf das Ende vorweg zu greifen, denn "Sløborn" lässt genug offene Fragen zurück. Mit dem meisten davon bin ich fein, weil die Serie in den allermeisten Handlungsbögen auch ganz prima ohne einen beantworteten Fragenkatalog funktioniert. Wenn ich dann aber schon Lücken aus der Vergangenheit zu füllen versuche, dann hätte ich mir da mehr Konsequenz gewünscht. Das große Serienfinale hat mit über einer Stunde Laufzeit eine überdurchschnittliche Länge. Demnach war es möglich, sich da flexibler zu zeigen, also wäre sicherlich auch hierfür mehr Zeit gewesen.
Bei den vergangenen Kritikpunkten ist es zum einen so, dass der sinnlose Genussmittelverschleiß hier nicht so gefrönt wird, so dass jeder Handlungsbogen Zug drin hat. Zum anderen war ich überrascht, wohin es in dieser Staffel für Devid ging. Als neuer Freund von Evelin und damit quasi Ersatzpapa für Baby Mela steckt er in einer ganz neuen Position. Er hat ruckzuck etwas ganz anderes ausgestrahlt. Auch wenn er bei dem Projekt auf Sløborn auch schon durch Verantwortlichkeit herausgefordert wurde, erst hier gegenüber Evelin und ihren Geschwistern fruchtet es. Dennoch macht Devid keine 180° Wende, was ich realistisch finde. Er geht nicht umsonst immer mit den Quads raus, weil er eben für die Gefahr, für das Adrenalin lebt. Aber er lebt auch ganz offensichtlich mit einer gewissen Portion Schuldgefühlen, die aufgerissen werden, als es wieder zu Vereinigungen mit anderen aus der Gruppe kommt. Am wichtigsten ist da Lobo (Zoran Pingel), der mit nur zwei anderen noch auf der Insel zu Staffelbeginn verweilt und alles ganz im Andenken an Freja (Karla Nina Diedrich) betreibt und genauso im Andenken an sie sicher gehen will, wie es den anderen geht. So begegnet er auch Devid, der für ihn Frejas Mörder ist, so dass sich natürlich Konflikte auftun. Ich fand, dass Devids Handlungsbogen zwar tragisch, aber in sich absolut logisch gestaltet wurde. Er hätte nie der liebevolle Familienvater sein können, von dem man immer so spricht, aber er hat eine Art Frieden für sich gefunden und eben die Erkenntnis, dass er ist, wer er ist, aber dabei dennoch auch Gutes tun konnte. Ich fand da Herm als Szenenpartner auch sehr wichtig, weil er eine ganz ähnliche Geschichte hat, anders, aber ähnlich.
Dann haben wir noch die angesprochene Ella, die von großer Bedeutung wieder wird, als Evelin in das Camp von Dux vordringt, weil sie dort ihren Vater vermutet. Ella ist kein Kaliber wie Stoever, das ist klar, aber sie ist dennoch ein klassischer Hasscharakter, an dem man oft verzweifelt. Dennoch habe ich auch bei ihr andere Seiten gesehen. Sie hat sich als Stoevers Geliebte erniedrigt, aber sie wusste schon in vielen Bereichen des Camps, was da für unfassbare Sachen abgehen und auch wenn das Pendel ständig ausschwenkte zwischen Mitgefühl mit ihren Bekannten und dem Sichern des eigenen Überlebens, aber sie hat mehr gruppenaffine Eigenschaften gezeigt. Dennoch hat sie ohne Frage ein verdientes Ende bekommen. Das würde ich nämlich auch generell sagen. "Sløborn" war nie an Schwarz-Weiß-Figuren interessiert, aber auch im tiefsten Grau gibt es Gerechtigkeit. Im Camp gibt es mit der Impfstoffsuche noch einen anderen Schwerpunkt, denn dort wird ohne Rücksicht auf Verluste durch einen Doktor (Ole Lagerpusch) Experimente vorgenommen. Gleichzeitig wird auch Nikolai (Alexander Scheer) als Zirkustier gehalten, der allabendlich die Massen unterhalten soll. In diesem Camp gibt es wirklich viel zu entdecken, eins grausiger als das andere, weswegen auch klar ist, dass die Flucht nicht einfach wird. Es war aber gut, wie sich immer wieder Gruppen zusammengefunden haben, die in all diesem Ekel sich da als Menschen bewiesen haben.
Das große Serienfinale ist insgesamt gut gestaltet. Wir haben noch viel Flucht, auch auf mehreren Ebenen, wir haben Stoever, der einfach nicht aufgibt, aber wir haben schließlich auch die große Ankunft in Berlin. Ich fand es gut, dass hier nicht einfach ein Cut gemacht wurde, als sei das die Rettung. Stattdessen bekommen wir einige Perspektiven aufgezeigt, wie Solveigh (Asia Luna Mohmand), die mit ihren Eltern wiedervereint wird, was gezeigt hat, nur weil sie und die anderen aus ihrer Gruppe im Gefängnis waren und offenbar also Zuhause für Konflikte gesorgt haben, dass sie dennoch vermisst wurden. Wir haben natürlich auch die große Zusammenführung von den Kerns, die sehr emotional war. Wir haben aber auch Nikolai, der nach all der Zeit wieder da ist, wo er hingehört und es war deutlich zu merken, wie er von Meter zu Meter wieder mehr er selbst wurde. Doch auch hiernach ist noch nicht Schluss, weil wir das Thema Impfstoff noch ungeklärt haben. Hier fand ich gut, dass sich die Serie noch einen erzählerischen Höhepunkt genommen hat, denn die Verteilung des Impfstoffs ruft einen neuen Konflikt hervor. Danach kehrt sich aber alles mehr zu einem Abschluss. Es bleibt wie gesagt vieles offen, denn woher kam der Virus, wie geht es nun für die Weltbevölkerung weiter, wie werden wieder Systeme aufgebaut? Dass am Ende aber alles wieder auf Sløborn endet, das hat es sehr rund gemacht und hat für mich auch entschädigt, dass es gewisse Antworten nicht geben wird. Sich bewusst für die abgeschiedene Insel mit Selbstversorgung zu entscheiden, ist schließlich auch eine Aussage.
Fazit
"Sløborn" geht sehr stark über die Ziellinie. Es ist die bislang düsterste Staffel, aber auch die spannendste. Erneut ist man mit aufgeworfenen Themen am Puls der Zeit und macht sehr nachdenklich. Selbst wenn man am Ende noch vieles offen bleibt und man noch locker weitere Staffeln produzieren könnte. Ein wichtiger Hauptstrang fühlt sich rund an und macht den Abschied damit völlig okay. Insgesamt bleibt sowie der wichtigste Eindruck, dass Deutschland sehr starke Serien kann und "Sløborn" ist da das beste Beispiel.
Die Serie "Sløborn" ansehen:
Lena Donth - myFanbase
Kommentare
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Aktuelle Kommentare
25.11.2025 19:51 von chili.vanilli
Malice: Malice
Hab die Serie jetzt beeendet und schon lange keinen so... mehr
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28.11.2025 00:19 von Sonia
F.B.I.: F.B.I.
Es wird immer abstruser... Jetzt sehe ich, dass die FBI... mehr