Kleine Feuer überall - Review Staffel 1

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Foto: Kerry Washington & Reese Witherspoon, Little Fires Everywhere - Copyright: Amazon Prime Video
Kerry Washington & Reese Witherspoon, Little Fires Everywhere
© Amazon Prime Video

Reese Witherspoon ist eine dieser Hollywoodschauspielerinnen, die nahezu jedem namentlich ein Begriff ist, da sie auch ein breites Spektrum mit ihren Rollen abdeckt. Sei es als verwöhnte Oberzicke in "Natürlich Blond!", sei es in Liebesfilmen wie "Sweet Home Alabama" oder in Kritikerlieblingen wie "Walk the Line" oder "Der große Trip – Wild". In den letzten Jahren hat es sich Witherspoon aber auch auf die Fahne geschrieben, mit ihrer Produktionsfirma Hello Sunshine Filme und Serien zu produzieren, die sich auf Frauenfiguren fokussieren. Das galt bereits für das Erfolgsformat "Big Little Lies", aber nun auch für ihr neustes Projekt "Little Fires Everywhere", das auf der gleichnamigen Romanvorlage von Celeste Ng beruht. Die Miniserie wurde für Hulu produziert, aber hier in Deutschland von Amazon Prime Video zum Streamen zur Verfügung gestellt. An ihre Seite hat sie sich weitere große Namen wie Kerry Washington ("Scandal") und Joshua Jackson ("The Affair") geholt, was die Serie rein vom Papier her zum Prestigeobjekt macht.

Die Serie "Little Fires Everywhere" ansehen:

Die Parallelen zwischen "Big Little Lies" und "Little Fires Everywhere" sind recht schnell zu konstatieren. Beide Serien legen wie beabsichtigt einen immensen Fokus auf die weibliche Perspektive und widmen sich dabei psychischen Abgründen, die der Frau in ihren unterschiedlichsten möglichen Rollen wie Hausfrau, Karrierefrau, Alleinerziehende etc. widerfahren kann. Genau hier liegt aber bereits mein persönlicher Kritikpunkt, denn so extrem wie die männliche Perspektive zurückgefahren wird, sei es von Elenas (Witherspoon) Ehemann Bill (Jackson) oder ihren Söhnen Trip (Jordan Elsass) und Moody (Gavin Lewis), wirkt es schon fast wieder wie das Gegenteil von dem, was Feminismus aussagen sollte. Ihnen wird kaum eine eigene Meinung zugestanden, sie wirken wie willenlose Marionetten und wenn es dann doch auch mal um ihre verletzten Gefühle geht, bleibt es völlig oberflächlich. Das ist ein wenig ärgerlich, weil in "Big Little Lies" die Männer auch schon nichts zu sagen hatten oder zu offensichtlich in die Rolle des Fieslings gedrängt wurden. So eine Tendenz in den Projekten von Witherspoon festzustellen, ist schade, denn es ist durchaus möglich, frauenkonzentrierte Stoffe so zu erzählen, dass auch die männliche Perspektive ganz natürlich eingewoben werden kann, zuletzt eindrucksvoll bei der Miniserie "Unbelievable" gesehen.

Foto: Kerry Washington & Reese Witherspoon, Little Fires Everywhere - Copyright: Amazon Prime Video; Erin Simkin/Hulu
Kerry Washington & Reese Witherspoon, Little Fires Everywhere
© Amazon Prime Video; Erin Simkin/Hulu

Dennoch ist natürlich nicht abzustreiten, dass der Inhalt von "Little Fires Everywhere" mitreißend und extrem spannend umgesetzt worden ist. Mit Elena und Mia (Washington) hat man nahezu das perfekte Kontrastprogramm gefunden, denn die frustrierte Familienmutter, die sich um ihre Karriere betrogen sieht, trifft auf den künstlerischen Freigeist, die sich trotz Kind alle Freiheiten genommen hat, nach denen sie greifen konnte. Witherspoon und Washington spielen diese beiden gegensätzlichen Rollen unheimlich intensiv und leidenschaftlich, das merkt man in jeder Sekunde. Gerade bei Elena und Witherspoon habe ich mich aber oft bei dem Gedanken erwischt, dass ich sie zuletzt zu oft in solchen Rollen erlebt habe und das wird auf Dauer ermüdend. Durch einen Blick in die Zukunft zu Beginn der Serie bekommt Hinweise, wie diese Serie wohl enden wird, aber dennoch ist extrem lange unklar, was überhaupt den Inhalt darstellen wird. Das ist mein persönlicher Coup bei dieser Serie, denn es wird lange verschleiert, was mit wem und vor allem wie zusammenhängt. Das hat das Schauen sehr spannend gemacht, denn man wusste nie, was passieren wird und wollte deswegen unbedingt weiterschauen.

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Eine sehr positive Überraschung dieser Staffel sind die beiden Jungdarstellerinnen Lexi Underwoord als Mias Tochter Pearl und Megan Stott als Izzy, Elenas Tochter. Auch die beiden Töchter könnten unterschiedlicher nicht sein, aber ironischerweise sind sie auch wiederum das Gegenstück zu ihren jeweiligen Müttern. Während Izzy schon immer gemerkt hat, dass sie den Ansprüchen ihrer Mutter nicht gerecht werden und damit ihr eigenes Leben haben kann, rebelliert sie gegen alles und jeden. Sie würde gerne aus dem goldenen Käfig der Richardsons ausbrechen, während Pearl wiederum dort gerne einziehen würden. Sie kennt kein festes Zuhause und somit keine Stabilität und sehnt sich nach engen Grenzen und Geborgenheit. Sowohl Underwood als auch Stott haben ihren jugendlichen Figuren unheimlich viel mitgeben können. Insgesamt ist die Serie auch sehr psychologisch gestaltet. Es geht viel um Selbstfindung, unterschiedliche zwischenmenschliche Beziehungen und auf diesen Ebenen wird der Zuschauer stark in Anspruch genommen. Die Gefühle der weiblichen Rollen werden stets auf dem Silbertablett präsentiert und da gibt es auch mal viel Schreien, viele Tränen, Psychospielchen und Manipulationen. Vor allem das Finale hat mich beim Zuschauen sehr mitgenommen, weil hier alle Handlungen zusammenfinden und auf dem Höhepunkt gipfeln. Auch wenn nicht alle ausgelösten Gefühle schön waren, so muss ich doch festhalten, dass es sehr intensiv war und damit nachhallt.

Foto: Megan Stott & Stevonte Hart, Little Fires Everywhere - Copyright: Amazon Prime Video; 2020 Hulu
Megan Stott & Stevonte Hart, Little Fires Everywhere
© Amazon Prime Video; 2020 Hulu

Definitiv auch ein Thema in der Serie ist Rassismus. Es geht nicht um den hasserfüllten, gewaltsamen Rassismus, der die USA in den letzten Wochen extrem erschüttert hat, sondern um die perfiden, eher unsichtbaren Formen, die man gerne unter dem Terminus Alltagsrassismus zusammenfasst. Ich musste im Rückblick der Serie oft an das Zitat von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier denken, der kundtat, dass es nicht reiche, kein Rassist zu sein, sondern man müsse Antirassist sein. In der Vorstadt Shaker Heights, Ohio, sind alle so stolz, keine Rassisten zu sein, aber gerade deswegen liegt die Vermutung nahe, dass sie es dem Grunde nach sind und sich nur der Anschein geben, um möglichst liberal zu wirken. Schaut man sich Filme wie "The Hate U Give" oder die Serie "When They See Us" an, dann wird man völlig offensichtlich auf das Thema Rassismus gestoßen. Hier ist es eher verschlüsselt, verklausuliert und damit viel näher an den Formen, die Menschen auch außerhalb der USA erfahren. Es ist intelligent verpackt worden und damit auch mal eine nette Abwechslung.

Fazit

"Little Fires Everywhere" erinnert an einige Serienprojekte, die in den letzten paar Jahren das Licht der Welt erblickt haben. Die frauenfokussierte Handlung der Serie soll den Zeitgeist des Feminismus treffen, doch dabei wird die männliche Perspektive so sträflich vernachlässigt, dass auch wiederum ein Beigeschmack entsteht. Schauspielerisch wird mit Witherspoon, Washington und auch den Jungdarstellern einiges aufgeboten, so dass automatisch auch das Geschehen sofort mitreißender wird. Aber auch abseits des schauspielerischen Potenzials kann die inhaltliche Vorlage auf eigen Füßen stehen, denn es ist lange unklar, was überhaupt erzählt wird, so dass ein unwiderstehlicher Spannungseffekt entsteht. Somit bleibt mein abschließender Eindruck, dass die Serie nicht neu wirkt, aber aufgrund ihrer starken Umsetzung auch nicht im Haifischbecken untergeht.

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Lena Donth – myFanbase

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