Élite - Review, Staffel 4

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Es ist kein Geheimnis bei Jugendserien, dass man die Hauptfiguren nicht ewig an der Schule festhalten kann. Viele wie "Dawson's Creek", "One Tree Hill" oder "Gossip Girl" wagen daher nach dem Abschluss den Sprung ans College, was den Serien aber grundsätzlich einen anderen Charakter gibt. Der spanische Hit "Élite" hat einen etwas anderen Ansatz gewählt. Da die Serie sich in den bis dato veröffentlichten drei Staffeln schon nicht gescheut hat, Figuren gehen oder sterben zu lassen, war es nicht überraschend, dass mit dem Ende von Staffel 3 der Abschied von gleich vier Darsteller*innen angekündigt wurde, da ihre Figuren die Schule abgeschlossen hatten. "Élite" hat es sicherlich geschickt gemacht, nicht gleich den ganzen Cast auszutauschen, da so alte Figuren dabei helfen können, den Übergang möglichst geschmeidig zu gestalten. Und dennoch ist auch ein halber Neuanfang ein Wagnis. Hat sich "Élite" damit einen Gefallen getan oder eher nicht?

Foto: Élite - Copyright: 2020 Netflix, Inc.; Niete/Netflix
Élite
© 2020 Netflix, Inc.; Niete/Netflix

Streamingdienst Netflix hat im Vorfeld der Veröffentlichung der vierten Staffel noch vier Kurzgeschichten mit den alten Figuren zum Streamen zur Verfügung gestellt (den Inhalt könnt ihr hier nachlesen), was ich eine wirklich nette Idee fand, weil es noch einmal alte Geschichten vertieft hat und gleichzeitig auch schon Raum für Neues gegeben hat. Das hat unterstrichen, dass hier wirklich ein enges Ensemble entstanden ist, bei dem es auch den Verantwortlichen der Produktion nicht leicht gefallen sein dürfte, einige gehen lassen zu müssen und Neue willkommen zu heißen. Was sicherlich einen interessanten Kniff darstellte, war die Tatsache, dass gleich drei der Neuen Geschwister waren und mit ihrem Vater Benjamín (Diego Martín) als Schulleiter angekommen sind. Das war ein wenig der Running Gag des Auftakts, dass nach und nach die Verwandtschaftsverhältnisse aufgedeckt wurden. Insgesamt hat sich die Serie in den ersten beiden Episoden viel Zeit genommen, um die Blancos vorzustellen, so dass man sich schnell einen Eindruck vom Charakter von Ari (Carla Díaz), Mencía (Martina Cariddi) und Patrick (Manu Ríos) machen konnte. Aber gleichzeitig war ich auch schnell genervt, weil die Staffel sich zu Beginn zu sehr darauf fokussiert hat, alte und neue Figuren zusammenzubringen und das nicht nur mit einem einfachen 'Hallo', sondern gleich mit Intimität von Küssen bis hin zum Sex. Ja, "Élite" steht für Freizügigkeit und Hemmungslosigkeit, aber sie lebt auch immer wieder von einem neuen kriminellen Mysterium und von echten Beziehungen, die untereinander wachsen und all das musste besonders in den ersten beiden Episoden zurückstecken, damit wir die Figuren möglichst oft im Bett miteinander antrafen.

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Foto: Carla Díaz & Itzan Escamilla, Élite - Copyright: 2020 Netflix, Inc.; Niete/Netflix
Carla Díaz & Itzan Escamilla, Élite
© 2020 Netflix, Inc.; Niete/Netflix

Das kriminelle Mysterium hat sich über drei Staffeln hinweg nicht immer gleich stark erwiesen, aber Staffel 4 wird sich wohl qualitativ ganz unten einreihen müssen. Während es sonst durch eine möglichst spektakuläre Darstellung, eine raffinierte Erzählweise und Katz-und-Maus-Spiel möglich war, Spannung aufzubauen, war es diesmal doch sehr langweilig. Natürlich war ich an der Auflösung interessiert und die Endlösung konnte man auch nicht im Vorfeld schon ablesen, aber der Weg dahin war sehr holprig. Teilweise wurden in den einzelnen Episoden nur Minisequenzen eingespielt, wo eine Figur betreten aus der Wäsche schauen durfte oder eine Anklage vorgebracht hat, aber wenn man die Staffel am Ende Revue passieren lässt, dann passt davon nicht viel zusammen und das hat man schon während des Schauens gemerkt, da diese Sequenzen echt lieblos wirkten. Vielleicht hat die Produktion auch gemerkt, dass man sich nicht in jeder Staffel neu übertreffen kann, denn die Auflösung war letztlich relativ unspektakulär, aber dafür logisch und dennoch hätte man es im Gesamten besser verpacken können.

Auch bei der Entwicklung der zwischenmenschlichen Beziehungen bin ich eher enttäuscht und das vor allem bei den altbekannten Figuren. Cayetana (Georgina Amorós) war in zwei Staffeln mit ihr noch nie mein Liebling, aber warum sie nach Staffel 3 im Cast gehalten wurde, habe ich direkt nicht verstanden. Da sie zudem als Putzfrau an der Las Encinas agiert, ist es sichtbar schwer gefallen, sie wirklich sinnig in das Geschehen zu integrieren. Zwar bekommt sie mit Phillippe von Triesenberg (Pol Granch) eine neue Figur an die Seite geschrieben, mit der sie einen großen Handlungsbogen teilt und dennoch haben sie auch zusammen sehr isoliert agiert. Wenigstens hat Caye zum Ende der Staffel hin eine deutliche Verbesserung gezeigt, da sie Entscheidungen getroffen hat, die man ihr so nicht zugetraut hätte und dennoch blicke ich weiterhin skeptisch auf eine Zukunft mit ihr, weil sie noch wie ein Fremdkörper in der Clique wirkt. Aber auch bei den anderen hätte ich mir mehr gewünscht. Entweder sie haben kaum bis gar nicht miteinander agiert, wie beispielsweise Guzmán (Miguel Bernardeau) und Ander (Arón Piper) oder aber das bislang Erreichte wurde mit Füßen getreten. Hier sind Guzmán und Samuel (Itzan Escamilla) sowie Ander und Omar (Omar Ayuso) gemeint. Die ersten beiden haben mit Staffel 2 eine Freundschaft aufgebaut, die unerwartet kam, aber wahrscheinlich dadurch erst ihre Stärke gewonnen hat. Die beiden sind dennoch völlig unterschiedlich sowohl charakterlich als auch von ihrer sozialen Herkunft, was definitiv einige Herausforderungen mit sich gebracht hat und dennoch hat ihr geknüpftes Band doch wieder gesiegt. In Staffel 4 wird all das Erreichte relativ schnell an die Wand gefahren, denn sie werden in ein Liebesdreieck mit Ari gedrängt und von Freundschaft ist nichts mehr zu erkennen. Vor allem Guzmán hat sich dabei wirklich dreckig verhalten, um dann später aber zuzugeben, dass er sich falsch verhält und dennoch macht er direkt danach wieder weiter. Auch abgesehen von der fragwürdigen charakterlichen Darstellung fand ich es extrem schade, dass ausgerechnet mit Guzmán und Samuel zwei Figuren für das Liebesdreieck erwählt wurde, die gerade mit Nadia (Mina El Hammani) und Carla (Ester Espósito) innige Beziehungen beendet haben. Beide waren so schnell hinter Ari her, dass alles Vergangene schnell vergessen war und dann muss für eine Neue auch noch der Wert der gemeinsamen Freundschaft außer Acht gelassen werden. Die Staffel mag in Bezug auf die beiden letztlich auf einer positiven Note enden und dennoch hat es den Weg dahin eher qualvoll zum Zuschauen gemacht.

Foto: Omar Ayuso & Arón Piper, Élite - Copyright: 2021 Netflix, Inc.; Niete/Netflix
Omar Ayuso & Arón Piper, Élite
© 2021 Netflix, Inc.; Niete/Netflix

Diese Zwischenfazit von Guzmán und Samuel passt auch bestens auf Omar und Ander, die nun das konstanteste Liebespaar der Serie sind. Dennoch werden ihnen in dieser Staffel 4 viele Steine vor die Füße geschmissen und es war ein ständiges Auf und Ab, das nur Frust verursachen konnte. Mal Ander und Patrick, mal zu dritt, mal Omar und Patrick, mal Ander und Omar. Die beiden hatten es als Paar nie einfach und dennoch darf es auch nicht übertrieben werden, weil irgendwann gar nichts mehr von der Magie da ist, die einst geschaffen wurde. Am Ende schafft "Élite" die Kurve noch mal, aber das muss auch wieder mit Fragezeichen versehen werden, da ein möglicher Ausstieg von Ander und Guzmán im Raum steht. An diesen Aufzählungen zu den alten Figuren dürfte schnell ersichtlich werden, dass sich Staffel 4 bereits abseits der Neulinge sehr schwer getan hat, was definitiv den größten Stolperstein darstellte. Idealer wäre es gewesen, wenn es gelungen wäre, aus den altbekannten Figuren das Maximum herauszuholen, aber dem war leider nicht so Einzig Rebe (Claudia Salas) möchte ich davon ausnehmen, da sie mehr und mehr die stärkste Figur dieser Serie wird, die man nur mögen können.

Foto: Carla Díaz, Élite - Copyright: 2020 Netflix, Inc.; Niete/Netflix
Carla Díaz, Élite
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Kommen wir abschließend noch einmal zu den Neulingen, von denen Phillippe sicherlich der austauschbarste ist. Musste es ausgerechnet ein Prinz sein? Wahrscheinlich nicht… Er war zum einen wie bereits angesprochen mit Caye zu isoliert und zum anderen war die ganze Geschichte mit dem Prinzen, der nicht Freund und Feind unterscheiden kann und seine Macht gegenüber Frauen missbraucht, sehr klischeehaft. Ihn bräuchte ich in der bereits genehmigten fünften Staffel gewiss nicht. Die Geschwister wiederum haben Potenzial und das liegt auch daran, dass sie zusammengehören. Dadurch war es möglich, zwischen ihnen Dynamiken zu ergründen und sie gleichzeitig mit den alten Figuren interagieren zu lassen. Sie haben alle drei charakterlich ein ganz eigenes Profil, das bereits in dieser Staffel schon fleißig ausgespielt wurde, was aber sicherlich noch viel Potenzial bereithält. Mencía und Rebe haben sicherlich schon epischen Charakter, die Zwillinge müssen ihren tatsächlichen Platz erst noch ergründen, aber man kann definitiv noch viel mit ihnen machen. Wenn ich nun meine doch überwiegend positiven Gedanken zu den Neulingen so betrachte, ist es doppelt schade, dass aus den alten Figuren nicht ebenso viel Gutes herausgeholt werden konnte.

Die Serie "Élite" ansehen:

Fazit

"Élite" erfindet sich mit Staffel 4 in Teilen neu, was erstmal clever ist, doch das Endergebnis ist überraschend ausgefallen. Während die Neuen definitiv kein schlechtes Bild abgeben und viel Potenzial mitbringen, sind die altbekannten Figuren wie Guzmán oder Ander der Makel. Das ist schade, weil so alte geliebte Dynamiken unnötig strapaziert wurden. Leider war auch das kriminelle Mysterium diesmal recht lieblos gestaltet. Die Endlösung mag zwar nicht absehbar gewesen sein und dennoch hat es in diesem Punkt schon deutlich stärkere Staffeln gegeben. Insgesamt bleibt so leider ein eher negativer Eindruck zurück, doch aus im Vorfeld völlig unerwarteten Gründen.

Lena Donth - myFanbase

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