Clean Slate - Review Staffel 1

Seit einigen Jahren wird darüber diskutiert, wie wichtig es ist, dass es Produktionen gibt, bei denen man sich wiedererkennt, wenn man sich diese anguckt. Ich kann dem nur zustimmen, denn die Zeiten, in denen alles super ist und sich alle ach so lieb haben, die sind noch da, haben aber eine andere Form angenommen. Man geht nun immer mehr auf Themen ein, die für die Gesellschaft wichtig sind. Die neue Serie "Clean Slate" dreht sich um die Transfrau Desiree (Laverne Cox), die nach 23 Jahren wieder nach Hause kommt, um sich mit ihrem Vater Harry (George Wallace) auszusöhnen. Dieser hat aber keinerlei Ahnung davon, dass sein geliebter Sohn Desmond eben nun Desiree ist. Ob die Serie von Prime Video mich überzeugt hat?

© Amazon Content Services LLC; Courtesy of Prime Video
Nein, bei mir geht es nicht ohne Comedyformat. Mir würde was fehlen, weil ich einfach auch liebe, wenn ich mir witzige Dinge ansehe und dann auch wirklich lachen muss, weil ich es lustig finde. Natürlich kommt es darauf an, ob der Humor auch sitzt und eher aus der Hüfte geschossen kommt oder weil es Alltags- und Situationskomik ist. Aber wenn diese Elemente stimmen, dann bin ich durchaus an Bord. "Clean Slate" hat ein Thema, bei dem ich mir erst nicht sicher war, ob das wirklich ins Genre passt: Transgender. Aber da das Format auf einer Idee von Laverne Cox entstanden ist, die selbst trans ist, hatte ich dann doch nicht allzu viel Zweifel dran, dass es in die Hose geht.
Die Serie spielt in dem kleinen Städtchen Mobile in Alabama und dadurch sind schon ein paar Hürden zu nehmen, da jede*r jede*n kennt. Wobei das hier nicht mal so sehr das eigentliche Problem dargestellt hat. Darauf komme ich aber später nochmal zurück. Im Zentrum steht Desiree (Cox), die aber als Desmond geboren worden ist und vor 23 Jahren Mobile und ihre Eltern, aber vor allem ihren Vater Harry verlassen hat und nun, nach einer schmerzhaften Trennung, aus New York zurückkehrt. 23 Jahre keinen Kontakt zu den Eltern zu haben, deutet eigentlich schon darauf hin, dass etwas vorgefallen sein muss, was Desiree bzw. damals noch Desmond ziemlich weh getan haben dürfte. Wenn man Harry so erlebt, dann kommt man schon drauf, was es gewesen ist. Hier hat man einen Generationenkonflikt, bei dem auch schnell offensichtlich wird, dass Harry anfangs gar nicht begreift, womit er sein Kind so verletzt hat, immerhin gab es damals ein Dach über den Kopf und was zu essen. Angesichts von Harrys Alter kann man auch nachvollziehen, warum das für ihn die wichtigsten Dinge sind, um einem Kind die Liebe zu zeigen. Desiree aber fühlte sich fremd in ihrem damaligen Körper und konnte sich ihrem Vater nicht anvertrauen, aber ihrem Kindheitsfreund Louis (D.K. Uzoukwu), der aber selbst noch nicht sein Coming-Out hatte.
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Da es sich hier um eine Comedyserie handelt, die aus acht Episoden von ca. 30 Minuten besteht, ist natürlich auch klar, dass es nicht so oft Konflikte gibt, die über einen längeren Zeitraum anhalten. Das ist ein bisschen schade, da sich Harry schon in der ersten Episode damit abfindet, dass sein Sohn nun seine Tochter ist. In der zweiten Episode gibt es zwar noch eine Szene, da Harry immer die falschen Pronomen benutzt und dann ins Glas einzahlen muss, aber auch das ist schnell abgehandelt und sein kurzes Gespräch mit Ella (Telma Hopkins) zwischen Tür und Angel scheint seine Sichtweise auf Desiree ohnehin schlagartig geändert zu haben.
Mir kam beim Schauen aber auch in den Sinn, dass es in "Clean Slate" vielmehr darum geht, dass Desiree mit der Unterstützung ihres Vaters ihren Platz in der Stadt findet, in der sie einst als Desmond geboren und aufgewachsen ist. In dem Städtchen Mobile kennt man sich zwar untereinander, jedoch findet Desiree mit ihrer wahren Identität Halt, Verständnis und Wertschätzung genau bei den Menschen, vor deren Reaktion sie die meiste Angst hatte. Ganz anders bei dem Pastor (Keith Arthur Bolden), obwohl immer wieder gepredigt wird, dass der Herrgott all seine Kinder lieben würde. Beim Pastor wird aber schnell deutlich, dass es nur um die 'Kinder' geht, die nicht ihr Geschlecht ändern. Obwohl das nur ein kurzer Moment war, der das gespiegelt hat, konnte man daraus erkennen, womit Desiree offenbar die letzten Jahre gekämpft hat. Man greift auch andere Themen auf, wie beispielsweise, wie wichtig das Wählen für die Bürger*innen des kleinen Städtchen ist, bei denen aber nicht richtig durchkommt, wie wichtig die späteren Ergebnisse auch für Desiree sind. Zum anderen wird auch Polizeigewalt gegenüber Farbigen angedeutet oder besser angehaucht, weswegen die Netflix-Serie "Familienanhang" das besser umgesetzt hat.

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Im Großen und Ganzen geht es bei "Clean Slate" in meinen Augen eher darum, dass man eine nette Geschichte erzählt, wie sich Vater und Tochter wieder annäheren, einen gemeinsamen Verlust betrauern, gleichzeitig aber auch mit möglichen neuen Partner*innen nach vorne sehen. So haben wir nämlich noch Mack (Jay Wilkison), der zehn Jahre im Gefängnis saß, bei Harry angestellt und mit Opal (Norah Murphy) eine elfjährige Tochter hat, die aber keine Freunde in ihrem Alter hat, dafür aber eine Seelenverwandte in Desiree gefunden hat, sodass die beiden sich auf Anhieb gut verstehen. Aber auch zwischen Desiree und Mack stimmt die Chemie und das bietet Potenzial für eine mögliche zweite Staffel, besonders nach diesem Cliffhanger. Ähnlich ist es auch bei Harry und Ella, die dafür stehen, auch noch im Alter eine neue Liebe zu finden und von der ich gerne mehr sehen würde. Überhaupt sind mir die Figuren der Serie ziemlich schnell ans Herz gewachsen, besonders Harry, der versucht, cool zu sein und mitreden will und der mir in den acht Episoden die meisten Lacher beschert hat. Ich muss Synchronschauspieler Engelbert von Nordhausen erwähnen, der die Figur Harry synchronisiert hat und es war ein Genuss zu hören, was Harry in seiner lustigen Art von sich gegeben hat.
Fazit
Die Review der ersten Staffel von "Clean Slate" mag sich vielleicht negativ lesen, was aber gar nicht beabsichtigt ist. Man greift viele verschiedene wichtige Themen auf, die aber nur angedeutet und angerissen werden und später mit witzigen Kommentaren nicht so heiß gegessen werden. Aber das finde ich hier auch nicht schlimm, da für mich der Zusammenhalt, die Akzeptanz und auch zum Teil die Weiterentwicklung im Fokus steht. Ich würde mir gerne noch eine weitere Staffel ansehen, sollte sich Prime Video dafür entscheiden.
Die Serie "Clean Slate" ansehen:
Daniela S. - myFanbase
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