Carême - Review des Piloten
#1.01 Die Höllenmaschine (The Infernal Machine)

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Wenn man den Trailer von "Carême" betrachtet, könnten sich die Fans von "Versailles" direkt angesprochen fühlen. Mittelalterliche Stimmung mit viel Fackelschein und alten Gemäuern oder opulenten Palästen, gleichzeitig aber eine sehr moderne und schnelle Handlung voller Geheimnisse und Intrigen. Bereits die erste Szene der Auftaktfolge vermittelt etwas Verbotenes und Leidenschaftliches, was man eben auch aus Serien wie "Versailles" kennt und liebt. Zwar spielt die Serie mehr als ein Jahrhundert später, aber rein auf die vermittelte Stimmung bezogen und da wir uns in Paris befinden, fühlt man sich hier direkt angekommen.

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Marie-Antoine Carême ist einer der bedeutendsten Köche der französischen Geschichte und in unserem europäischen Nachbarland ist der Name bis heute ein Begriff. Umso verwunderlicher, dass man in Deutschland bisher nur wenig bis gar nichts von ihm gehört hat. Obwohl er ursprünglich eine Ausbildung zum Konditor machte und diese Elemente später auch die Gestaltung seiner gekochten Gerichte beeinflusste, prägte er die französische Küche und all das, was man heutzutage darunter versteht, wie kein anderer. Nicht ohne Grund war er zu Beginn des 19. Jahrhunderts für das Hochzeitsbankett von Napoleon mit Marie-Louise von Österreich verantwortlich. Diese französische Dramaserie von Apple TV+ widmet sich nun der Figur des Marie-Antoine Carême (hier gespielt von Benjamin Voisin) und wie er von dem jungen starrköpfigen, aber auch für die Kochkunst brennenden Antonin zu dem wurde, den man aus der heutigen Sicht kennt oder kennen sollte. Vielleicht trägt die Serie dazu bei, dass sein Name endlich auch über die Landesgrenzen hinaus bekannter wird und die Welt erfährt, wer der französischen Küche ihre Identität gegeben hat.

Foto: Benjamin Voisin, Carême - Copyright: Apple TV+
Benjamin Voisin, Carême
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Die Serie setzt nach der Französischen Revolution ein, als die Aristokratie weitestgehend abgeschafft oder vertrieben wurde und viele Köche, die vorher am Hof oder in den Adelshäusern Frankreichs beschäftigt waren, neue Anstellung in öffentlichen Restaurants oder Hotels fanden. Sie brachten ihre aufwendigen Buffets und edlen Speisen mit sich und bildeten so die Grundlage für die opulente Französische Küche, die bis heute bekannt ist. In dieser Zeit macht der junge Antonin Carême seine Ausbildung und er hat das gewisse Gespür für die Speisen, legt Wert auf eine gute Zubereitung und den perfekten Geschmack. So kann er eben nicht nur unterscheiden, ob die Schlagsahne mit Puderzucker oder normalem Zucker aufgeschlagen wurde, sondern sieht auf den ersten Blick, wenn das Fleisch zu lange gebraten wurde. Das verleiht ihm eine gewisse Arroganz und Überheblichkeit, aber macht ihn eben auch zu diesem Ausnahmetalent, dessen Name bis heute überdauert hat. Er kennt seine Zutaten und ist auf ihre Qualität bedacht, von den einfachen Kräutern bis hin zum richtigen Anschnitt des Fleisches über der richtigen Kombination von Geschmäckern und Aromen. Bei ihm wird nichts dem Zufall überlassen und alles genau ausprobiert, bevor er es seinen Gästen serviert. Zudem liebt er es, seine Werke mit der Architektur zu verbinden bzw. die Architektur in seine Gerichte zu bringen, indem er bspw. aufwendige Pyramiden aus süßen Leckereien baut, um die Kundschaft anzulocken, oder dem englischen Gesandten ein ganzes Segelschiff aus Baiser präsentieren will. Dabei hat er jedoch nicht nur mit finanziellen Grenzen seiner Auftraggeber, sondern auch mit den zeitlichen Rahmen, in denen diese Kunstwerke entstehen dürfen, zu kämpfen.

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Gleich zu Beginn der Serie wird deutlich, welch besondere Verbindung zu Napoleon Bonaparte Carême hatte. Ob sich die Dinge tatsächlich so zugetragen haben, bleibt Spekulation, aber wenn man seinen Werdegang betrachtet, wird deutlich, dass er in den richtigen Kreisen verkehrte, um über Napoleons Einfluss später auch an die anderen Königshäuser Europas zu gelangen. Dass es die Serie mit den historischen Fakten nicht allzu genau nimmt, kann man ihr der Spannung und Dramaturgie wegen nachsehen. Es ist ein guter Kniff der Autor*innen, Carême nicht nur über Bonapartes Soldaten und seine Minister in den Dunstkreis des französischen Herrschers zu bringen, sondern hier auch einen direkten Bezug zwischen den beiden Männern herzustellen. Ob dieser von Dauer sein wird, sei nach dem Affront mit der Pyramide in dieser Episode dahingestellt, aber Carême weiß sich über die Frauen bei Hofe – nicht zuletzt Bonapartes Ehefrau Joséphine (Maud Wyler) oder seiner eigenen Geliebten Henriette (Lyna Khoudri) – weiteren Einfluss zu verschaffen. Das macht Lust auf die weitere Entwicklung, von der man sich noch einige politische Intrigen verspricht. Insbesondere als wir Talleyrand (Jérémie Renier) kennenlernen, der Carême zu seinem eigenen Vorteil gezielt bei Bonaparte einschleust, nimmt die Handlung Fahrt auf. Man erahnt bereits zu Beginn, dass er ihn zu einer Art Spion machen will und durch die Gefangennahme von Carêmes Ziehvater Bailly (Vincent Schmitt) hat er auch das passende Druckmittel. Es ist daher nicht überraschend, dass Carême Talleyrand sicherlich auch in den kommenden Folgen noch den ein oder anderen Gefallen tun muss, der über seine Koch- und Patisseriekünste hinausgeht.

Foto: Lyna Khoudri & Benjamin Voisin, Carême - Copyright: Apple TV+
Lyna Khoudri & Benjamin Voisin, Carême
© Apple TV+

Was die Serie in meinen Augen auch besonders macht, ist die Kameraführung. Zwar ist Carême oft im Bild, aber manchmal wechselt die Perspektive auch so, dass man die Szenerie aus seinem Blickwinkel oder dem anderer beteiligter Personen sieht. Besonders wild wird es, wenn es zu Schlägereien oder Kämpfen kommt und man sich durch die verwackelten Szenen und hektische Kameraführung fast als Teil des Ganzen fühlt. Ähnlich verhält es sich im Trubel der Küche, bei der man aus allen möglichen Perspektiven Einblicke in die Arbeit er Köche erhält. Damit sticht die Serie in meinen Augen aus der Menge anderer historischer Serien heraus und genau das verleiht ihr diesen angesprochenen moderneren Charakter.

Fazit

Wer sich bei "Versailles" in das höfische Leben mit seinen opulent geschmückten Palästen und edlen Roben verliebt hat, wird erleichtert sein, dass auch über 100 Jahre später und nach einer Französischen Revolution Teile dieser Kultur noch erhalten sind. Größere Vergleiche lassen sich aber bei den politischen Intrigen, den Machtkämpfen in Europa und den leidenschaftlichen Affären ziehen. "Carême" ist weit mehr als ein Porträt über einen berühmten Koch und die Serie bei weitem keine altbackene Kochshow, es lohnt sich also dranzubleiben!

Die Serie "Carême" ansehen:

Catherine Bühnsack - myFanbase

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