Blindspot - Review des Piloten

"There's something in there."
Ein Abend am New Yorker Times Square: Bei einem routinemäßigen Rundgang entdeckt ein Polizist eine herrenlose Tasche, die ihn sofort in Alarmbereitschaft versetzt. Bei näherem Hinsehen fällt sein Blick auf einen Anhänger, auf dem in großen Buchstaben "Call the FBI" geschrieben steht. Der Time Square wird geräumt und ein Bombenexperte mit der Untersuchung und Sicherung der Tasche beauftragt. Doch plötzlich bewegt sich die Tasche und eine Frau klettert heraus, deren Körper vollständig mit Tattoos bedeckt ist. Sie wirkt verloren in dieser schicksalsträchtigen Nacht. Mit dieser atmosphärischen und intensiven Sequenz beginnt der Pilot der neuen NBC-Serie "Blindspot" und diese drei Minuten sind das zentrale Fundament, auf dem das narrative Hauptgerüst der Serie fußt. Es ist eine wahnwitzige, aber vom Gesichtspunkt des Marketings her clevere Prämisse: Eine verloren wirkende, nackte, vollständig tätowierte Frau in den Weiten des leer geräumten Time Squares. Ein Bild, das sich beim Zuschauer schnell einbrennt und Lust darauf macht, das Mysterium dahinter zu erfahren.
Je weiter die erste Folge aber voranschreitet, desto mehr driftet sie ins generische ab. Es wird der FBI-Agent Kurt Weller (Sullivan Stapleton) eingeführt, dessen Name ebenfalls auf den Körper der namenlosen Frau tätowiert wurde und die Serie befördert sich damit schnell in die bestens bekannte Maschinerie eines klassischen Crime-Procedurals. Die Tattoos stellen sich später als Hinweise auf noch nicht begangene Straftaten heraus, was der von Jamie Alexander dargestellten namenlose Frau nicht nur die Rolle der Hauptfigur verleiht, sondern sie gleichzeitig auch zur lebenden Antriebsfeder der Crime-Handlung macht. Der Kern der Folge verläuft schließlich in geregelten und recht vorhersehbaren Bahnen ab, indem Kurt Weller mit Hilfe von Jane Doe einen Anschlag auf die Freiheitsstatue vereiteln muss. Statt eines "Case of the week" wird es hier wohl erst mal jede Woche ein neues "Tattoo of the week" geben.
Diese sehr starke Fokussierung auf schon häufig verwendete Genre-Zutaten ist die größte Enttäuschung einer Serie, die zwar eine hanebüchene, aber auch reizvolle Prämisse ihr Eigen nennt, um sich dann doch nur wieder in den gängigen Konventionen zu widmen. Der nebenher laufende Mystery-Plot um das Verschwinden und Wiederauftauchen von Jane Doe ist da viel interessanter und spannender, nimmt aber leider viel zu wenig Raum ein und wird sich wahrscheinlich auch eher langsam voranbewegen. Sehr viel Spaß macht die Serie immer dann, wenn sie sich direkt auf die von Jamie Alexander fokussierte Hauptfigur und deren Erinnerungsprozesse fokussiert: Wie sie langsam Teile ihrer eigenen Persönlichkeit wiederentdeckt und sich selbst und auch den Zuschauer mit Chinesisch-Sprachfähigkeiten und Nahkampftechniken überrascht, ist überzeugend und vielversprechend. Trotzdem bremst sich die Serie immer wieder selbst aus, um den Zuschauer dann doch wieder mit kleinen Mystery-Fetzen anzulocken. So hat man gerade genug von dem lahmen Hauptplot, da wird plötzlich eine Erinnerung zum Thema, die andeutet, dass Jane Doe die Löschung ihres Gedächtnisses und die Planung der Tattoo-Aktion in Zusammenarbeit mit einem mysteriösen Mann selbst eingefädelt hat. Diese Sequenz macht Lust auf mehr, lässt die Schwächen der Auftaktepisode aber auch nicht vergessen.
Fazit
Die neue NBC-Serie "Blindspot" beginnt mit einem großen Knall und stellt eine wahnwitzige, aber gleichzeitig Neugier weckende Prämisse ins Zentrum ihres Piloten. Leider verflacht der Pilot zusehends, wenn seine Ausgangssituation doch nur wieder in altbekannte Procedural-Strukturen abdriftet und die Serie so zu einem "Fall der Woche" mit Tattoos werden lässt. Trotzdem scheint in dieser ersten Stunde immer wieder einiges an Potential durch, was genutzt werden muss, bevor die Zuschauer genug haben vom alltäglichen Trott und realisieren, dass die aufregende Prämisse doch nur eine Nebelkerze ist.
Moritz Stock - myFanbase
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