Review: #4.04 Am seidenen Faden
Mit der vierten Episode der vierten Staffel manifestiert sich endgültig ein grundlegendes Problem der Hochglanz-Soap "Nashville", mit welchem die Serie in verschiedenen Formen schon eine Weile zu kämpfen hat: Es geht um die Verkettung nie enden wollender Konflikte, einer endlosen Zirkularität immer gleicher Dramen und Problemstellungen. Verdeutlichen lässt sich dies sowohl an Juliettes fortschreitender Medikamentensucht und Deacons Trauerarbeit. Es stellt sich hierbei das Gefühl ein, dass die Autoren den Charakteren persönliche Weiterentwicklungen verwehren: Juliette beispielsweise ist genau dort wieder angekommen, wo sie bereits in der zweiten und dritten Staffel angelangt war: Am Tiefpunkt. Anstatt die Figur sinnvoll weiterzuentwickeln, aus vergangenen Fehlern lernen zu lassen und sie längerfristig mental stabil zu zeigen, verliert man sich in repetitiven Momenten, hangelt sich von einem Absturz zum Nächsten und verspielt damit jegliche Empathie, die man dem Charakter mal entgegengebracht hat. Wenn Juliette sich nun zudröhnt, um nichts mehr zu fühlen, reagiert man als Zuschauer nun nur noch mit einem lustlosen Aufstöhnen, welches langsam übergeht in den Zustand von Gleichgültigkeit und Langeweile. Dabei hilft auch kein konstruiertes Drama, welches Avery plötzlich in Beziehung setzt zu Juliettes Mitarbeiterin und Freundin Emily. Man dramatisiert die in Teilen der Serienhistorie von "Nashville" interessante Figur der Juliette mehr und mehr zu Tode und vergisst in dieser Hinsicht den elementaren Aspekt, warum man als Zuschauer jede Woche doch wieder einschaltet: Die großen Emotionen, die ein aufrichtiges Mitfühlen an den vielen Abstrusitäten dieser Serie doch immer mal wieder hervorrufen konnten. Juliette gleitet ziellos von einer Krise in die nächste, zerstört sich zum wiederholten Male selbst und bricht damit gleichzeitig auch den Willen des Zuschauers noch länger Anteil daran zu nehmen.
Die zweite problematische Figur ist momentan leider einer der eigentlichen Publikumslieblinge: Nach der Entscheidung von Scarlett die lebenserhaltenden Geräte abzuschalten und ihre Mutter damit sterben zu lassen, fällt Deacon in alte Muster zurück. Auf eine schwer traumatisierende Erfahrung mit alten Verhaltensmuster zu antworten mag nicht unplausibel sein, wie die Serie Deacons Aggression und Trauerarbeit aber schlussendlich inszeniert ist enttäuschend und zumindest in dieser Folge kaum zufriedenstellend. Wieder erlebt man als Zuschauer einen von Trauer und Wut zersetzten Deacon, der störrisch beginnt tiefe Gräben zu seinem näheren Umfeld zu graben. Die dargestellte Wut und Enttäuschung in Bezug auf Scarlett mag so kurz nach dem Tod seiner Schwester nachvollziehbar sein, trotzdem wünscht man sich, dass Deacon hier mehr Empathie zeigt und einen Schritt zurückgeht, um das ganze Bild zu betrachten. Auch Scarlett hat einen geliebten Menschen verloren und musste eine Entscheidung treffen, die sie den Rest ihres Lebens verfolgen wird. Deacon hat aber mal wieder Scheuklappen auf und verliert sich in seiner Wut und Engstirnigkeit. Eine wirkliche Entwicklung scheint auch hier dem großen plakativen Drama zum Opfer zu fallen.
Äußerst problematisch stellt sich auch die Beziehung zu Rayna dar. Man hat drei ganze Staffeln eine unerwartete Vaterschaft, eine geplatzte Hochzeit und eine Krebsdiagnose darauf gewartet, dass das zentrale Paar der Serie zueinander findet und nun scheint die angebliche Magie dieser Beziehung fast nebensächlich. Rayna verliert sich in dieser Folge in ihrem eigenen nervigen Subplot, welcher verhindert das es wirklich so erinnerungswürdigen Momenten zwischen Deacon und Rayna kommen kann. Letztere könnte dafür sorgen Deacon wieder auf den Boden zu holen, ihm in seiner Trauer und Wut auf Scarlett helfen, stattdessen gibt es nur einige wenige Momente zwischen den Beiden, die Kraft dieser Beziehung bleibt eine bloße Behauptung. Zusätzlich führt man mit der Figur des Marcus Keen keinen echten Charakter ein, sondern einen personifizierten Unruhestifter, bei dem auf eine weitergehende Profilierung zunächst gänzlich verzichtet wird.
Die Serie betreibt damit weiterhin eine kaum noch hinnehmbare Dramaturgie der Extreme, die in der Vergangenheit in ihrer überzogenen Soap-Opera-Attitüde aber häufig noch unterhaltsam anzusehen war; davon ist in der Frühphase der vierten Staffel kaum noch was zu sehen. Das einzige Ass im Ärmel ist momentan Gunnar, der zumindest noch wie eine echte Person mit echten Gefühlen wirkt und in dieser Folge auf seine Art Scarlett zu unterstützen versucht. Dazu kommt, dass die farblose Figur des Caleb endlich ein wenig Farbtupfer bekommt, auch wenn die Einführung des Charakters als leidige Zwischenstation zur irgendwann kommenden Scarlett und Gunnar-Beziehung weiterhin unbefriedigend ist.
Fazit
Die Autoren von "Nashville" schaffen es zu Beginn der vierten Staffel weiterhin nicht ihrer Serie neues Leben einzuhauchen, stattdessen werden mal wieder alte Konflikte aufgewärmt und ewig breitgetreten, was zu einer zunehmenden emotionalen Distanzierung vom Großteil der Storyelemente und den Problemlagen der Charaktere führt. Die Serie scheint sich selbst endlos im Kreis zu drehen und macht sich damit langsam selbst obsolet.
Moritz Stock - myFanbase
Die Serie "Nashville" ansehen:
| Vorherige Review: #4.03 Die letzte Reise | Alle Reviews | Nächste Review: #4.05 Vergeben und vergessen |
Diskussion zu dieser Episode
Du kannst hier mit anderen Fans von "Nashville" über die Folge #4.04 Am seidenen Faden diskutieren.
Informationen zur Episode
Englischer Titel: The Slender Threads That Bind Us HereErstausstrahlung (US): 14.10.2015
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Erstausstrahlung (Pay-TV): 02.08.2016
Regie: Joanna Kerns
Drehbuch: Monica Macer
Links
Meistgelesen
Aktuelle Kommentare
28.11.2025 00:19 von Sonia
F.B.I.: F.B.I.
Es wird immer abstruser... Jetzt sehe ich, dass die FBI... mehr
25.11.2025 19:51 von chili.vanilli
Malice: Malice
Hab die Serie jetzt beeendet und schon lange keinen so... mehr
