Bewertung

Review: #3.02 Die Spur des Geldes

Foto: Claire Danes, Homeland - Copyright: 2013 Showtime
Claire Danes, Homeland
© 2013 Showtime

Mit der zweiten Episode von "Homeland" sind zwar noch lange nicht alle Probleme des Auftaktes bereinigt, doch es kristallisiert sich heraus, welche Schwerpunkte die Staffel wohl haben wird und der ein oder andere Charakter bekommt mehr Tiefe vermittelt.

How long have you worked here? - Since the first! - Of the year? - Of the month!

Zunächst widme ich mich aber dem neuen Charakter, der in dieser Episode profiliert wird. Ich habe mich sehr gefreut, als ich hörte, dass Nazanin Boniadi in der Staffel dabei sein wird. Entsprechend gespannt war ich auf ihre Rolle. Fara Sherazi ist als unerfahrene, aber wohl nach Gerechtigkeit strebende Bankwesensexpertin ein sehr interessanter Charakter, weil sie durch ihre iranischen Wurzeln und ihrem Glauben als Muslimin zwischen den Stühlen stehen könnte, führt die Spur doch nun ausgerechnet in den Iran. Außerdem hat ein unter Druck stehender Saul mit seinem vollkommen unangebrachten Kommentar zum Kopftuch eine Ebene eröffnet, die eventuell auch noch relevant sein wird. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum man diese Szene sonst überhaupt gezeigt hat. Saul hat sie jedenfalls nicht liebenswerter gemacht.

Fara Sherazi hat auf jeden Fall großes Potenzial als Charakter, denn dass sie sehr fähig ist, wurde im Verlauf der Episode doch deutlich. Außerdem hatte ihr Auftritt mit Saul beim Bankenvorstand etwas sehr frisches, regelrecht naives, das ihr auch zugute kommen könnte. Für mich wurde jedenfalls schnell klar, dass sie ausgesprochen zielstrebig ist und das Gute im Sinn hat. Ich hoffe aber sehr, dass sie, wie durch Saul schon angedeutet, auch noch Probleme bekommen wird und der Charakter beim Streben nach seinen Idealen Rückschläge erhalten wird.

"Well, considering I’m chained to a gurney in a hospital gown I’d say I’m beyond calm. I’m fucking Zen!"

Carrie wurde von Saul in die Enge getrieben und es passt zu ihr, dass sie nun in die Offensive gehen will. Warum sie das Interview nicht an einem geheimen Ort durchführen wollte, ist allerdings seltsam, aber wirklich überrascht war Carrie auch nicht, als sie abgeführt wird. Die Strategie von Saul beziehungsweise Dar Adal, der bezüglich Carrie die Strippen zieht, ist prinzipiell gut. Nur führt das uns Zuschauer in eine Storyline, die sich ausschließlich mit Carries Krankheit beschäftigt und der Mehrwert im Vergleich zu den ersten beiden Staffeln hier noch überhaupt nicht zu erkennen ist. Sie fühlt sich nur verraten und kann nicht erkennen, wieso Saul und ihre Familie es tatsächlich gut meinen könnten. Ich glaube schon, dass es Sinn macht, erst mal die Untersuchung durch den Senat zu überstehen, bevor man wieder das macht, was man wirklich für richtig hält. Saul hat als Chef der CIA zunächst keine andere Wahl, während Carrie impulsiv handelt und sich damit wirklich keinen Gefallen tut. Selbst Peter Quinns Hilfe sieht sie nur als Konspiration, hinter der Saul steckt, an. So gut ich Carries Schuldbewusstsein für den Anschlag verstehen kann, dessen Nichtverhinderung sie auf ihre Medikament schiebt, so nervig finde ich, dass sie all diejenigen, die auf ihrer Seite sind, rigoros abweist. Auf der anderen Seite eröffnet das in Bezug auf Saul und Carrie wieder ein großes Spannungsfeld. Wenn man hier eine Weg findet, der nicht komplett an ähnliche Differenzen aus den ersten beiden Staffeln erinnert, sondern Saul und Carrie wirklich weiter entwickelt, dann kann das noch sehr intensiv und bewegend werden. Ich bin da sehr geneigt, besonders den Beginn dieser Staffel am Ende noch mal zu reflektieren. Hoffentlich passiert hier gerade ganz viel, was für das Konzept der Autoren über die gesamte Staffel gesehen sehr hilfreich ist. Bis hierhin wirkt es noch unausgegoren und wie eine Wiederholung.

Durchaus interessant ist auch noch das Statement von Peter Quinn, der quasi schon mal vorsorglich gekündigt hat. Er scheint sich sehr um Carrie zu sorgen und fühlt sich mitschuldig daran, dass es ihr jetzt so schlecht geht. Bisher hatte ich von Peter immer eine eher abgestumpfte Haltung im Sinn. So ist nun mal der Job. Doch Quinn hat tatsächlich ein Gewissen, welches hoffentlich mehr Fundament bekommt als seine versehentliche Tötung eines Kindes. Immerhin hatte er nicht die Skrupel, mit einer Wiederholung zu drohen, um von der Bank die Namen zu erhalten. Mit Peter haben die Autoren jedenfalls auch etwas vor. Noch bin ich nicht überzeugt, aber ich lasse das gerne ändern.

“I didn't want anyones attention. I wanted to kill myself. I wanted it all to be over and I wanted to die because I could not stand it anymore! But now I can. Now I want to be alive and the reason for that is Leo.”

Für mich ist die Geschichte um Dana und Jessica die beste Storyline der Episode. Nachdem ich durchaus schockiert war, dass Dana zwischen Staffel 2 und 3 einen Selbstmordversuch hatte, hoffte ich doch sehr, dass man hier zügig mehr erfährt. Ich finde es schon mal sehr gut, dass man deutlich macht, dass es eine intensive therapeutische Betreuung gibt. Das fehlte mir in Staffel 1 bei der Rückkehr von Brody doch sehr. Da wurde die Familie zu sehr allein gelassen. Jetzt hat Jessica zumindest die begrenzten finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft, um Dana das Leben wieder einfacher zu machen. Jessica kann man nur zu gut verstehen. Natürlich tut sie alles, um einen Rückfall von Dana zu vermeiden. Natürlich fällt es ihr auch schwer, zu begreifen, dass dies bei Dana der falsche Ansatz ist. Erst Danas Flucht (ich hatte von Dana erwartet, dass sie ihrer Mutter wenigstens einen Zettel schreibt, damit sie sich nicht unnötig Sorgen macht) führt zu einem echten Gespräch. Dana findet, dass Ärzte, Bücher und sonstige Möchtegernversteher ihre Situation vollkommen falsch einschätzen. Das kommt sicherlich auch daher, dass Dana sich Autoritäten gegenüber immer verschließt. Nur Leo gegenüber hat sie sich geöffnet. Mit einem wahnsinnig intensiven Dialog, der auch bei mir Tränen auslöste, macht sie ihrer Mutter deutlich, wie es ihr ging, dass sie sich wirklich töten wollte, und dass es ihr nun wieder besser geht. Ich fand es sehr toll, dass auch Jessica hier endlich mal eine emotionale Reaktion zeigt, weil sie sonst immer sehr kontrolliert und reserviert wirkt und das bisher wohl auch musste. Nach der Summe der Erlebnissen und den Sorgen kann man ja nur funktionieren wie ein Roboter, um nicht komplett auseinander zu fallen.

Ich mag Dana unheimlich gerne (und das liegt auch an der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Morgan Saylor), weil sie für mich sehr reif und reflektiert wirkt. Dass sie nun unbedingt wieder auf einen Jungen abfährt und ihr dadurch so ein Teeniebenehmen auferlegt wird, ist sehr schade, weil das nicht nötig ist. Natürlich kann man Dana mit solchen Szenen immer wieder als normalen Teenager etablieren, aber so wirkt es, als wenn Leo der einzige Grund ist, warum es sich zu leben lohnt. Das will ich eigentlich nicht glauben. Ich denke (und hoffe, dass es die Autoren auch so beabsichtigen), dass Dana zu Leo die emotionale Bindung eingehen konnte, die sie brauchte, um ihre Last loszuwerden. Ihr Vater ist dafür nicht mehr da (und käme auch nicht in Frage), ihr Bruder ist nicht geeignet und ihre Mutter nicht in der Lage. In Leo hat sie jemanden gefunden, der Verständnisse hatte, wirklich zuhörte und ihr aufzeigte, dass es immer noch schöne Dinge im Leben gibt. Das hätte eben auch eine Freundin sein können und hätte keine sexuelle Komponente haben müssen, aber es gibt Schlimmeres. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Verhältnis von Dana und Jessica und Jessica selbst jetzt entwickeln werden, was die Szene in der Garage noch bewirken wird und inwieweit Leo mehr ist als Finn Walden.

Fazit

Mir hat die Episode besonders durch Danas Storyline und den neuen, viel versprechenden Charakter Fara zugesagt. Manchen Storylines fehlt allerdings immer noch die Richtung, um sich von dem bereits Dagewesen zu unterscheiden und eine Entwicklung der Charaktere bewirkt. Ich bin aber optimistisch, dass dies noch kommt und gebe zufriedene sieben Punkte. Außerdem möchte ich an dieser Stelle auf die sehr interessante Diskussion in unserem Forum hinweisen, in welchem sehr fundiert ganz unterschiedliche Meinungen zur Episode nachvollziehbar dargelegt wurden.

Emil Groth - myFanbase

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