Bewertung
Alex Hardcastle

Senior Year

Foto: Rebel Wilson, Senior Year - Copyright: 2021 Netflix, Inc.; Boris Martin/Netflix
Rebel Wilson, Senior Year
© 2021 Netflix, Inc.; Boris Martin/Netflix

Inhalt

Im Jahr 2022 ist Stephanie (Angourie Rice) das beliebteste Mädchen an ihrer High School. Sie führt das Cheerleadingteam an und datet den Quarterback des Footballteams. Als sie dann kurz davor steht, ihr Kapitel Schule als Königin des Schulballs abzuschließen, fällt sie bei einem Auftritt von der Pyramide, so dass sie angesichts ihrer schweren Verletzungen ins Koma fällt. Zwanzig Jahre später kommt Stephanie (nun gespielt von Rebel Wilson) wieder zu Bewusstsein. Während für sie keine Zeit vergangen ist, steckt sie aber im Körper einer 37-Jährigen. Stephanie will dennoch wieder zurück zur High School, um das Senior Year als Abschlussballkönigin abzuschließen, doch dafür muss sie in der jüngeren Generation, wo sie kaum etwas wiedererkennt, erstmal zur beliebtesten Schülerin werden.

Kritik

Ich habe durchaus gespannt auf die Veröffentlichung von "Senior Year" geschaut, denn um die Comedy-Queen Rebel Wilson ist es zu den Hochzeiten der Pandemie beruflich sehr still geworden. Zuletzt war sie in "Cats" zu sehen und zu hören und der Film hat bekanntlich viel Häme einstecken müssen. Dennoch hat sich bei Wilson in den Jahren einiges getan, denn sie hat ihre Ernährung umgestellt und sich der Fitness verschrieben, so dass sie viel an Gewicht verloren hat. Wäre das normalerweise ein Punkt, auf den ich gar nicht eingehen würde, weil es nichts mit ihrer schauspielerischen Fähigkeit zu tun hat, ist es diesmal doch erwähnenswert, denn Rebel hat stets Rollen gespielt, die sich dadurch ausgezeichnet haben, dick und doof zu sein und da hat es viele Witze auf die Kosten dieser Eigenschaften gegeben, was man sehen kann, wie man will. Nun ist aber eben wegen ihrer körperlichen Veränderung der Aspekt Übergewicht als Thema weggefallen, weswegen nun für mich die Spannung daran lag, wie das neue Rollenprofil von Wilson aussieht. In "Senior Year" ist es tatsächlich inhaltlich etwas anders angelegt, denn ihre Figur Stephanie kann man wahrlich nicht einfach pauschal als doof darstellen und dennoch ist der Film leider so in Extremen erzählt, dass dennoch ständig typische Verhaltensmuster ihrer Figuren zu Tage treten, wie wenn die gerade aus dem Koma erwachte Stephanie im Auto ausflippt und sich dann seitlich während der Fahrt rausstürzt. Das ist definitiv schade, denn ich hätte es ihr eigentlich gewünscht, eine etwas tiefergehende Rolle mal spielen zu dürfen, wo es mehr denn je nicht wirklich auf Äußerlichkeiten ankommt.

Die Idee zu "Senior Year" ist wahrlich nicht neu, aber ich fand es eine interessante Idee, die Jugend zu Beginn der 2000er mit der aktuellen Generation zu vergleichen, denn der Film hat durchaus verdeutlicht, wie immens die Unterschiede bereits sind, wenn wir von knapp 20 Jahren reden. Dennoch bleibt eine Sache völlig gleich: Stereotype und Schubladendenken, egal, wohin man sieht. In dem Sinne fand ich es doch sehr schade, dass die Bemühung für die aktuelle Generation, Diskriminierung zu verringern, so durch den Kakao gezogen wurde. Natürlich war es absolut absurd, dass die Cheerleader nur noch gut gemeinte Parolen leise klatschen dürfen und dass die beliebteste Schülerin Bri (Jade Bender) ihren Popularitätsgrad nur noch online und nicht mehr in realen Interaktionen misst und dass sie unendliche viele Bezeichnungen führen muss, um nur ja zu demonstrieren, dass sie gegenüber keiner Gruppe ein Vorurteil hegt. Gelacht habe ich darüber nicht wirklich, denn indem es so deutlich karikiert wurde, wurde der wichtige Kern dahinter ad absurdum geführt. Ja, Rom-Coms leben oft von Stereotypen, das ist mir bewusst und davon leitet sich sicherlich auch die Beliebtheit des Genres ab, aber wie Stephanie dann wie ein Elefant im Porzellanladen alles zum Einstürzen brachte, war für mich sinnbildlich ein Rückfall in alte Zeiten, aber wollen wir das wirklich? Ist es nicht auch Zeit für die Rom-Coms langsamer aber sicher mit alten Mustern aufzubrechen?

Dass der Film sich rein in Extremen abspielt, das habe ich bereits angedeutet. Nun ist das nicht unbedingt selten in diesem Genre, doch hier wurde es doch deutlich nervig, denn der Trend, immer längere Filme zu produzieren, schlägt auch hier negativ zu. Gerade bei Komödien sind 90 Minuten wirklich ein guter Durchschnittswert, hier haben wir aber 111 Minuten. Als Stephanie also das erste ehrliche Gespräch des Films mit ihrem ehemaligen Schulfreund Seth (Sam Richardson) führte, hatte ich den Eindruck, dass nun der Punkt durchbrochen ist, wo sich Stephanie endlich von ihrer bornierten Vorstellung verabschiedet, unbedingt Abschlussballkönigin zu werden. Aber Pustekuchen. Stattdessen dreht der Film noch eine Extrarunde und das war definitiv zu viel des Guten, auch weil es das Ende überhaupt nicht glaubwürdig gemacht hat. Dort gab es durchaus einige schöne Szenen, die auch endlich mal ansatzweise richtige Botschaften vermitteln, aber wie soll das hängenbleiben, wenn Stephanie zuvor auf dem Ball ihren Lernmoment angeboten bekommen hat und sogar Bri es ist, die aufwacht und ihr damit ein Vorbild sein könnte, aber sie ignoriert es einfach und kapiert gar nichts. Auch wenn es Stephanie später – auch dank ihres Vaters Jim (Chris Parnell) – endlich begreift, das war mir persönlich zu viel. Denn nicht nur, dass der Film nicht viel geboten hat, um das Dazwischen zwischen den Extremen mit etwas Tiefgang zu füllen, es wird auch noch unnötiger ausgereizt als ohnehin schon.

Schade ist definitiv auch, dass der durchaus vielversprechende Cast nicht viel Material angeboten bekommen hat, um sich beweisen zu können. Während Wilson einen Spielplatz für sich geschaffen bekommen hat und auch ihre jüngere Version dargestellt durch Rice diese spezielle Art auffangen konnte, ist es für den Rest leider nicht so gut gelungen. Jungstars wie Jeremy Ray Taylor ("Big Sky") und Michael Cimino ("Love, Victor") haben sich schon längst unter Beweis stellen dürfen und bekommen hier Rollen zugeteilt, die entweder lächerlich oder wieder schnell aus dem Gedächtnis verschwunden sind. Aber auch an Justin Hartley müsste ich eigentlich ein ernstes Wörtchen richten, denn sein Blaine ist wirklich furchtbar stereotyp. In "Bad Moms 2" hat er eine ähnliche rein auf sein Äußeres reduzierte Rolle gespielt und das ist ja mal ganz nett, aber nach seinem Erfolg bei "This Is Us" sollte das doch eigentlich nicht mehr nötig sein, denn solche Rollen sind einfach doof und viel zu schade für ihn. Die Rolle der Tiffany ist auch völlig drüber, aber hier hat man Darstellerin Zoë Chao wenigstens noch ihren Spaß angemerkt. Bei Martha (Mary Holland) und Seth, die sicherlich die sympathischen Normalos darstellen sollen, ist es einfach schade, dass sie doch recht dünn in ihrer Darstellung bleiben. Aus Marthas Coming-Out hätte man sensibler etwas machen können und Seth bleibt leider einfach farblos, wie ich sein letztliches Happy End mit Stephanie fand, erklärt sich damit wohl auch von selbst.

Fazit

"Senior Year" hat mich aus vielfältigen Gründen gereizt, doch letztlich überwiegt leider eine große Enttäuschung. Rebel Wilson hat es nicht geschafft, sich im Genre Comedy neu zu erfinden, auch wenn von ihrem alten Rollenprofil eine Komponente weggenommen wurde. Ansonsten stellt sich der Film durch das eigene Drehbuch selbst ein Bein, denn zwischen den einzelnen Extremen und dem extra Looping am Ende will einfach keine Bindung zum Film entstehen. Damit ist der eigentlich gut zusammengestellte Cast leider auch überhaupt nicht qualitativ zum Zug gekommen. "Senior Year" kann man sich also gerne als recht stupide Komödie ansehen; mehr aber auch nicht.

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Lena Donth - myFanbase
18.05.2022

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