Bewertung
Tom McCarthy

Spotlight

They knew and they let it happen! It could've been you, it could've been me, it could've been any of us.

Foto: Copyright: Paramount Pictures Germany GmbH
© Paramount Pictures Germany GmbH

Inhalt

Durch Zufall stößt eine Redakteurin des Boston Globe auf einen Artikel über Missbrauchsfälle in den Reihen katholischer Kirchen. Der neue Chefredakteur der Zeitung, Marty Baron (Liev Schreiber), wird auf diesen Fall aufmerksam und setzt sein Team der Spotlight-Redaktion darauf an die Geschehnisse aufzudecken. Dabei stößt das Team auf weitaus mehr Fälle alleine in Boston, als sie jemals vermutet hätten. Intrigen zwischen der Kirche und den Gesetzeshütern wurden gesponnen, wodurch keiner der Priester jemals belangt wurde. Das Spotlight-Team bestehend aus Walter Robinson (Michael Keaton), Michael Rezendes (Mark Ruffalo), Sacha Pfeiffer (Rachel McAdams) und Matt Carroll (Brian D'Arcy James) macht es sich zur Aufgabe, sämtliche Fälle sexuellen Missbrauchs aufzudecken und publik zu machen.

Kritik

Dass sexueller Missbrauch an Kindern durch katholische Priester keine Seltenheit ist, das wissen wir heutzutage. Doch wie hoch die Zahl der Täter und der Opfer wirklich ist, ist absolut erschreckend. 6% aller katholischen Priester haben sich nachweislich an Kindern vergangen; hinzu kommen noch die unaufgeklärten Fälle, zu denen sich niemand bekannt hat. Mehr als 100000 Kinder weltweit wurden von Geistlichen missbraucht – eine Zahl, die man so schnell sicher nicht wieder vergessen wird. In "Spotlight" wird genau dieses Thema behandelt, wie es durch das Team des Boston Globe im Jahre 2002 erstmals gelungen ist, diese grausamen Fälle und Statistiken publik zu machen. Hierbei handelt es sich um ein sehr ernstes Thema und eigentlich ist es erschreckend, dass es so lange gedauert hat, einen Film darüber zu drehen. Doch das Endprodukt kann sich sehen lassen. Das Drama um die Enthüllungsjournalisten ist schockierend, emotional und erschütternd und wird mit Sicherheit sehr lange im Gedächtnis bleiben.

Das wohl größte Lob muss man Drehbuchautor Josh Singer aussprechen, dem es gelungen ist, die Ernsthaftigkeit der Thematik hervorragend in den Dialogen widerzuspiegeln. Als Co-Autor fungierte Regisseur Tom McCarthy, der seine Sache ebenso gut gemacht hat. Abgerundet wird der Film durch den hervorragend gewählten Cast. Jedem Darsteller gelingt es, den Figuren das nötige Leben einzuhauchen. Jedem einzelnen der Journalisten fällt es schwer, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, da es die Kirche ist, gegen die sie vorgehen. Man verschließt die Augen vor der Wirklichkeit, da man es nicht wahr haben möchte, dass Geistliche zu solch schrecklichen Taten in der Lage sind. Erst durch den neuen Chefredakteur Marty Baron beginnt die eigentliche Investigation. Ihm ist es besonders wichtig, dass nicht einzelne Fälle aufgedeckt werden, sondern das ganze System der katholischen Kirche zur Rechenschaft gezogen wird. Ihm ist es egal, wenn sein Ruf dadurch geschädigt wird, da es nur für ihn zählt, dass die Menschen wissen, was die betroffenen katholischen Priester mit den wehrlosen Kindern getan haben. Genau damit hat er Recht gehabt.

Besonders hervorzuheben sind die Darstellungen von Michael Keaton und Mark Ruffalo. Spotlight-Chef Walter Robinson hat als Kind eine katholische Schule besucht, in der es einen Priester gab, der sich an den Jungen des Hockey-Teams vergangen hat. Tief im Inneren wusste er schon immer, dass etwas vor sich geht, doch hat auch er die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen. Er befindet sich in einem schrecklichen Zwiespalt, da er Freunde in den Reihen der katholischen Kirche hat. Es fällt ihm zunächst schwer, an die grausamen Taten zu glauben, doch je mehr Beweise das Team findet, desto mehr wird ihm bewusst, dass es als Kind auch ihn hätte treffen können. Wie soll er in Zukunft jemals wieder einem Priester in die Augen schauen können oder auf seinen Wohltätigkeitsveranstaltungen ein Lächeln auf den Lippen haben, wenn er genau weiß, was teilweise in den Reihen der Priester vor sich geht? Genau das bringt Keaton sehr überzeugend herüber.

Michael Rezendes, gespielt von Ruffalo, hängt sich sehr in die Enthüllung hinein und lässt all seine Kontakte spielen, um den Taten ein Stückchen näher zu kommen. Tag und Nacht arbeitet er an dem Fall und kann nicht ruhen, ehe er publik gemacht wird. Er wird, anders als Robinson, von seinem Schock und Hass geleitet und tut alles erdenkliche, um der Welt zu zeigen, wie wenig geistlich manche katholischen Priester sind. Mark Ruffalo ist in dieser Rolle grandios und schafft es, all die gemischten Gefühle hervorragend zu vereinen. Er arbeitet ausgesprochen viel mit Gestik und Mimik und wirkt unwahrscheinlich authentisch.

Was in "Spotlight" besonders gut gelungen ist, ist der Fokus auf den Enthüllungsjournalismus und welch enorme Arbeit und Aufwand hinter einer solchen Reportage wirklich steckt. Man lernt die Charaktere eher oberflächlich kennen und weiß kaum etwas über deren persönliches Leben, was allerdings auch sehr gut ist. Ein sehr großer Teil der Handlung spielt in vollgestopften Büros oder in der idyllischen Nachbarschaft, wo Interviews mit sowohl Tätern als auch Opfern geführt werden. Dabei geht eine Szene besonders unter die Haut, in welcher Sacha Pfeiffer einen der Priester interviewt und dieser mit einer Selbstverständlichkeit zu seiner Tat steht und diese nicht als schlimm ansieht, da er dabei kein Vergnügen empfunden hat. Dabei kommt die Frage auf, was wohl in seinem Kopf vor sich geht, dass er keine Reue empfindet. Kein Mitgefühl für das Leben eines Kindes, welches er dadurch vermutlich für immer zerstört hat. Das ist der Augenblick, wo einem erneut schmerzlich bewusst wird, in was für einer kaputten Gesellschaft wir eigentlich leben.

Fazit

Das Journalisten-Drama "Spotlight" befasst sich auf überaus authentische Art und Weise mit einer sehr ernsten Thematik, mit der man sich auseinandersetzen sollte. Hierbei liegt der Fokus mehr auf der Arbeit, die hinter der Enthüllung steckte, als auf das persönliche Leben der Charaktere. So gelingt es dem Zuschauer, sich sehr gut in die Arbeit eines Enthüllungsjournalisten hineinzuversetzen. Durch den hervorragenden Cast ist es gelungen, dass der Film absolut unter die Haut geht und den einen oder anderen Gänsehautmoment verursacht.

Sanny Binder - myFanbase
21.01.2016

Diskussion zu diesem Film