Bewertung
Todd Haynes

Carol

"I don't know what I want. How could I know what I want if I say yes to everything?"

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Inhalt

New York in den 50er Jahren: Therese (Rooney Mara) träumt davon mit ihrem Hobby, der Fotografie, Geld zu verdienen, arbeitet allerdings als Verkäuferin in einem Spielwarenladen. Ihr Leben verläuft so ganz anders, als sie es sich vorgestellt hat. Sie führt eine eher einseitige Beziehung mit Richard (Jake Lacy), der sich nichts mehr wünscht, als Therese zur Frau zu nehmen, die ihn allerdings nicht so sehr liebt, wie er es gerne hätte. Ihr eher tristes Leben ändert sich, als sie kurz vor Weihnachten die frisch geschiedene Carol Aird (Cate Blanchett) kennenlernt und sofort von dieser fasziniert ist. Die beiden Frauen nähern sich immer mehr an und beginnen starke Gefühle füreinander zu entwickeln. Doch ist ihre Beziehung ein Spiel mit dem Feuer, denn Carols Ex-Mann Harge (Kyle Chandler) sucht bloß nach einem Grund das alleinige Sorgerecht für ihre gemeinsame Tochter zu bekommen.

Kritik

Das von Todd Haynes inszenierte Liebesdrama um das gleichgeschlechtliche Paar Therese und Carol wird wohl noch eine Weile in aller Munde sein. Nicht weil es sich hierbei um einen skandalösen Film handelt, ganz im Gegenteil. Haynes ist es gelungen diese eher unkonventionelle Liebesgeschichte mit solch einer ausgeprägten Eleganz darzustellen, dass es unter die Haut geht. Vier Golden Globe-Nominierungen hat "Carol" bereits erhalten und bei der Oscarverleihung 2016 wird das Drama mit Sicherheit auch nicht leer ausgehen, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit sogar zumindest in der Kategorie "Beste Hauptdarstellerin" abräumen.

Auf den ersten Blick wirken Therese und Carol wie zwei grundverschiedene Charaktere, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren und sich so gefunden haben. Carol ist eine elegante, wohlhabende Frau mittleren Alters, die ein enormes Selbstbewusstsein ausstrahlt. Erhobenen Hauptes schreitet sie durchs Leben und kostet dieses in vollen Zügen aus. Die Konventionen spielen für sie eine eher untergeordnete Rolle – sie möchte lieben, wen sie möchte, und sich nicht hinter einer Fassade verstecken und einen Menschen aus sich machen, der sie nicht ist. Nichtsdestotrotz muss sie dies vor ihrem Ex-Mann verbergen, um weiterhin das Recht darauf zu haben, ihrer Tochter eine liebende Mutter zu sein.

Therese hingegen ist ein unscheinbares, graues Mäuschen, das nicht weiß, wie es aus seinem Mauseloch herauskriechen soll. Sie möchte so vieles in ihrem Leben erreichen, doch bringt sie nicht den Mut dazu, auf ihr Talent unter Beweis zu stellen. Therese fühlt sich unsicher, als Carol beginnt, sie zu umgarnen, und auf subtile Art und Weise versucht, das Mädchen für sich zu gewinnen. Wirken die beiden zunächst noch wie der Löwe und das Lamm, so ändern sich ihre Positionen im Laufe der Handlung. Therese lernt aus sich herauszugehen und für das zu kämpfen, was sie von ihrem Leben möchte, und Carols Maske beginnt zu bröckeln und dahinter verbirgt sich eine zerbrechliche, wenn nicht sogar bereits gebrochene, Frau.

Das Liebesdrama besticht besonders durch ruhige Töne und eine durchweg angespannte Atmosphäre. Da ihre Liebe zueinander in den 50er Jahren noch als absolutes Tabu galt, leben sie diese zunächst nicht so aus, wie sie es möchten. Ihre Annäherung ist wie die Sehne eines Bogens, die ganz langsam gespannt wird, bis man diese nicht mehr halten kann und einfach loslassen muss. Sie schaffen es irgendwann nicht mehr, ihre Gefühle zu unterdrücken, und lassen all die Sorgen fallen und das ist auch gut so. Cate Blanchett und Rooney Mara als lesbisches Liebespaar überzeugen auf ganzer Linie. Zwar hat Blanchett die dominierende und präsentere Rolle, Mara allerdings glänzt durch ausgeprägte Gestik und Mimik, was besonders in den Nahaufnahmen hervorragend zur Schau gestellt wird. Man spürt eine tiefe Verbindung der beides, wodurch ihre Liebe absolut authentisch und realistisch wird. Beide Schauspielerinnen schaffen es durch ihre Verkörperungen der jeweiligen Rolle eine oscarreife Performance abzuliefern; für beide durchaus eine der besten Leistungen ihrer bisherigen Karrieren.

Auch wenn das Ende eventuell etwas abrupt kommt, so hat es doch durchaus seinen Charme, da man hier deutlich sieht, dass "Carol" auch ohne viele Worte auskommt. Es gibt keine langen, komplexen Dialoge, sondern Drehbuchautorin Phyllis Nagy hat den Fokus eher auf die zwischenmenschliche Kommunikation gelegt, was besonders in der Schlussszene nochmals hervorgehoben wird.

Fazit

Ein Liebesdrama der besonderen Art: Cate Blanchett und Rooney Mara überzeugen auf ganzer Linie als lesbisches Paar Therese und Carol. Der Film lebt von den Darbietungen seiner Schauspieler, die absolut unter die Haut gehen und zum Nachdenken anregen.

Sanny Binder - myFanbase
15.12.2015

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