Bewertung
Rowan Joffe

Ich. Darf. Nicht. Schlafen.

Stell dir vor, du verlierst sie immer wieder, sobald du einschläfst. Dein Name, deine Identität, die Menschen, die du liebst alles über Nacht ausradiert. Es gibt nur eine Person, der du vertraust. Aber erzählt sie dir die ganze Wahrheit?

Foto: Copyright: 2014 Sony Pictures Releasing GmbH
© 2014 Sony Pictures Releasing GmbH

Inhalt

Jeden Morgen wacht die 40-Jährige Christine Lucas (Nicole Kidman) auf und erkennt weder sich selbst, noch den fremden Mann im Bett neben ihr wieder. Und jeden Morgen erklärt ihr Ehemann Ben Lucas (Colin Firth) aufs Neue, dass Christine vor 20 Jahren einen schweren Autounfall hatte und an einer speziellen Amnesie leidet. Sie vergisst alles, was sie am Vortag an Informationen und Erinnerungen aufgenommen hat. Jeden Tag muss er ihr erzählen, was in den vergangenen 20 Jahren passiert ist. Kurz nachdem Ben aus dem Haus ist, klingelt das Telefon und Dr. Nash (Mark Strong) gibt sich als Christines Neurologe aus, ohne dass Christines Ehemann davon weiß. Dr. Nash erklärt, dass Christine eine Kamera vor Ben versteckt hat und dort all ihre neuen Informationen filmt. Je mehr Christine über sich herausfindet, desto weniger weiß sie, wem sie überhaupt trauen kann.

Kritik

Vielleicht mag die Handlung zuerst nach "50 erste Dates" klingen und auch die Anfangssequenz beginnt damit, dass Christine über ihren Unfall und die dadurch entstandene Amnesie aufgeklärt wird. Doch "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." schlägt natürlich eine komplett andere Richtung ein und beherzigt das Genre Mystery/Thriller. Regisseur Rowan Joffes viertes Regieaufgebot zeigt deutliche Fortschritte gegenüber seinen letzten Filmen und auch Hauptdarstellerin Nicole Kidman hat in ihrer Rollenauswahl (endlich) ein glückliches Händen bewiesen.

Nach "The Railway Man" spielen Nicole Kidman und Colin Firth schon zum zweiten Male ein Ehepaar und die Chemie ist deutlich spürbar. Kidman kann sich nach "Grace of Monaco" und "The Paperboy" endlich wieder eine hochwertigere Rolle ergattern und gibt dafür alles. Mit wenig Make-Up und stets verheultem Gesichtsausdruck legt sie keinen Wert auf die Ästethik, sondern stellt Christine realistisch und schonungslos dar. Großer Lob gebührt auch ihren beiden männlichen Kollegen Mark Strong und Colin Firth, wobei vor allem letzterer mit einer sensiblen und undurchschaubaren Schauspielkunst agiert. Colin Firth schafft es immer, seine Emotionen bei den Zuschauern ankommen zu lassen und egal in welchem Film er dabei ist, der Film wird automatisch durch seine Präsenz aufgewertet.

Beim Casting hat man schon mal alles richtig gemacht. Auch die Story ist überraschend undurchsichtig und rätselhaft ausgefallen. Der Spannungsverlauf ist sehr gut und sorgfältig aufgebaut. Zusammen mit Christine entdeckt man ihre Identität wieder und dadurch, dass man genau so viel oder wenig weiß wie sie, fiebert man umso mehr mit dem Charakter mit. Durch die ständig neuen Hinweise fügt man mit Christine das Puzzle zusammen und entdeckt schockierende Dinge im weiteren Verlauf. Dadurch werden auch Ben und Dr. Nash immer wieder abwechselnd zu Verdächtigen, die bei jedem weiteren Erinnerungsdetail doch wieder aus und ins Visier geraten. Für die Schreckhaften im Publikum ist sogar ein überraschend großer Anteil an Schockmomente vorhanden. Doch auch abgehärtete Zuschauer dürfen sich an einem spannenden Thriller mit psychologischen Hintergründen erfreuen. Denn was der Film ebenfalls bietet, ist die Darstellung einer kämpfenden Frau, die sich selbst nicht aufgibt und durch ihre gefundene Motivation sich selbst wiederentdeckt.

Das Ende ist etwas kitschig geworden, ist aber ein netter Abschluss. Der Film wird einem nicht so sehr wie beispielsweise "Gone Girl - Das perfekte Opfer" in Erinnerung bleiben, dafür fehlt noch die letzte Raffinesse. Aber für einen guten Kinoabend und Nicole Kidmans Filmographie hat sich "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." gelohnt.

Ein letztes Wort muss noch zum schrecklichen deutschen Titel gesagt werden. "Ich. Darf. Nicht. Schlafen." führt völlig in die Irre und es bleibt ein Geheimnis, warum man nicht einfach den englischen Titel "Before I Go to Sleep" ins Deutsche übersetzt oder gleich übernommen hat. Denn es geht nie darum, dass sie sich zwingt, wachzubleiben, sondern dass sie sich am Abend zuvor so gut es geht auf den morgigen Tag vorbereitet, um möglichst schnell alle herausgefundenen Erinnerungen wieder aufzunehmen.

Fazit

"Ich. Darf. Nicht. Schlafen." ist von Anfang bis Ende spannend, unvorhersehbar und auch aufgrund des tollen Dreiergespanns sehenswert.

Tanya Sarikaya - myFanbase
09.12.2014

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