Bewertung
David Fincher

Gone Girl - Das perfekte Opfer

"Nick Dunne. You're probably the most hated man in America right now. Did you kill your wife, Nick?"

Foto: Copyright: 2014 Twentieth Century Fox
© 2014 Twentieth Century Fox

Inhalt

Nick (Ben Affleck) und Amy Dunne (Rosamund Pike) sind seit fünf Jahren ein Vorzeigeehepaar und leben bis dahin ihren ganz eigenen amerikanischen Traum. Doch der Schein trügt, denn als Nicks Mutter unheilbar an Krebs erkrankt und kurz darauf stirbt und Nick seinen Job als renommierter Journalist verliert, muss das Paar von New York nach Missouri ziehen. Auch Amys erfolgreiche Zeit als Journalistin ist vorbei und sie lebt nur noch von dem Geld, das sie einbrachte, als sie in ihrer Jugend zu der Vorlage der berühmten Kinderbuchfigur "Amazing Amy" diente.

Zu ihrem fünfjährigen Hochzeitstag kommt Amy plötzlich nicht nach Hause und Nick ruft die Polizei. Detectives Rhonda Boney (Kim Dickens) und Jim Gilpin (Patrick Fugit) leiten die Ermittlungen und nach einem kurzen Hausbesuch wird klar, dass Amy entführt wurde. Sofort stürzt sich die Presse auf Nick, der als angeblicher Mörder seiner Frau Schlagzeilen macht. Nur Nicks Schwester Margot (Carrie Coon) glaubt an dessen Unschuld und versucht mit ihm, dem Mysterium von Amys Verschwinden auf die Schliche zu kommen.

Kritik

In Falle von "Gone Girl – Das perfekte Opfer" braucht es nur einen Blick in den Besetzungsstab, um zu wissen, dass dies ein hochkarätiger Film sein wird. David Fincher ist der Meister des Thrillergenres. Ben Afflecks Filme sind ebenso anspruchsvoll wie undurchschaubar und die US-amerikanische Schriftstellerin Gillian Flynn stürmte mit ihrer Romanvorlage im Jahre 2012 für mehrere Wochen die Bestsellerliste der New York Times. Alles spricht also dafür, dass "Gone Girl – Das perfekte Opfer" ein Highlight in diesem Kinojahr sein könnte – und doch machen ein guter Cast und Regisseur noch lange keinen guten Film aus. Schon oft wurden die allzu hohen Erwartungen enttäuscht. Doch nicht bei David Fincher. Hier wird dem Zuschauer genau das geboten, was er sich aufgrund des spannenden Trailers erhofft hatte und mehr noch: "Gone Girl – Das perfekte Opfer" ist ein weiterer beeindruckender Film in Finchers Filmografie, der getrost in die Sparte der Meisterwerke eingestuft werden kann.

Es ist schwer, über die Handlung zu reden und dabei keine Spoiler preiszugeben. Doch eines ist gewiss: So viele verzwickte Wendungen in einem Film gibt es selten. Gerade noch hat man Nick Dunne sympathisch gefunden und in der nächsten Szene verabscheut man den scheinbar perfekten Ehemann. Hier gibt es keine echten Prota- oder Antagonisten, denn die Sympathien verlagern sich so rasant wie ein Fähnchen im Wind. Gerade als man sich ein Bild über einen Charakter verschafft hat, wird dieses durch die verschiedenen Stilmittel wie die Rückblenden und Tagebucheinträge im Nichts ausradiert. Bei diesem Film kann man sich nie in Sicherheit wiegen und nach dem ersten großen Schocker nach etwa zwanzig Minuten Filmlaufzeit folgen bald weitere spannende Höhepunkte. Es ist beeindruckend, wie der Film so lange Zeit über ohne imposante Spezialeffekte oder sonstigen technischen Effekten auskommt. Hier braucht es nicht mal eine große Actionszene, um die Zuschauer unruhig im Kinosessel gefangen zu halten. David Fincher ist in Sachen Dramaturgie und Liebe zum Detail kaum das Wasser zu reichen.

Hat Nick seine Frau Amy entführt oder nicht? Diese alles entscheidende Frage lässt erstmal auf das Genre Thriller schließen. Doch hinter dieser Facette steckt so viel mehr. Dank der clever eingesetzten Rückblenden bekommt man einen Bezug zu Nick und Amys Ehe. Stück für Stück taucht man in eine von außen scheinbar sorglose Beziehung ein, bekommt dann aber tiefere psychologische Abgründe präsentiert, welche einem erstklassigen Drama gleichkommen und man fragt sich, wie man wohl selbst in dieser Situation reagieren würde. "Gone Girl – Das perfekte Opfer" ist nicht nur ein Thriller auf höchstem Niveau, sondern inszeniert genauso seine Charaktere glaubhaft und emotional, sodass man diese Geschichte aus wirklich jedem Blickwinkel sehen kann. Dabei lässt Fincher es sich auch nicht entgehen, der sensationslüsternen Presse und dem Medienrummel einen Seitenhieb zu verpassen, ohne mit erhobenem Zeigefinger zu deuten. Schon fast wie selbstverständlich nimmt sie einen großen Teil des Films ein.

Während es von Anfang an klar war, dass Ben Affleck die Rolle des Nick Dunne spielen würde und er diese Aufgabe auch mit Bravur und zurückhaltender Leinwandpräsenz meistert, wurden für die Rolle der Amy viele großartige Schauspielerinnen wie Natalie Portman, Charlize Theron oder Emily Blunt in Betracht gezogen. Am Ende gab man die Rolle der eher weniger bekannten Rosamund Pike – und lag mit der Entscheidung goldrichtig. Sie gibt mit Ben Affleck als auch in ihren Einzelszenen eine unglaublich kühle und einzigartige Performance ab, die derart perfekt zu ihrer Rolle passt, dass man sich keine bessere Schauspielerin hätte aussuchen können. Die beiden Hauptdarsteller tragen aber nicht allein den Film, sondern werden von dem ebenso kompetenten Nebencast unterstützt. Besonders Nicks Schwester Margo, Star-Anwalt Tanner Bolt, Amys Ex-Freund Desi und Detective Rhonda Boney sind als Nebenfiguren für den Film unverzichtbar. Hier hat alles seinen Platz und seine Bestimmung.

Abgerundet wird der Film von dem genialen Soundtrack, der bedrückend inszenierten Atmosphäre in Missouri und den stimmigen Kamerabildern. Hilfreich war es sicherlich auch, dass Schriftstellerin Gillian Flynn selbst das Drehbuch zu diesem Film schrieb. Wer bei dem Ende frustriert die Hände in die Höhe wirft, dem sollte gesagt sein, dass das vielleicht wünschenswertere Ende nicht gleich das bessere Ende für diesen Film gewesen wäre. Man wird sich auf alle Fälle auch noch im Nachhinein über "Gone Girl – Das perfekte Opfer" Gedanken machen.

Fazit

"Gone Girl – Das perfekte Opfer" zählt zu den besten Thrillern oder sogar dem besten Thriller dieses Kinojahres. Überraschend, vielschichtig, emotional, schockierend und unterhaltsam. Selten hat sich eine Kinokarte in diesem Jahr so sehr gelohnt wie bei David Finchers Geniestreich.

Tanya Sarikaya - myFanbase
22.10.2014

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