Bewertung
Jacob Aaron Estes

Liebe und andere Kleinigkeiten

"So, am I fucked?"

Foto: Copyright: 2014 Tiberius Film
© 2014 Tiberius Film

Inhalt

Jeff (Tobey Maguire) und Nealy Lang (Elizabeth Banks) sind ein vorstädtisches Vorzeigepaar mit gepflegtem Einfamilienhaus und großem Rasen. Das perfekte Leben wird aber brüchiger und brüchiger, als plötzlich eine Horde von Waschbären beginnt, nachts den perfekten Rasen umzugraben und damit eine Reihe von Ereignissen in Gang setzt, die das Leben von Jeff in eine immer düsterer werdende Richtung lenken, seine ganze bürgerliche Existenz zu verschlingen drohen und ihn schließlich zum Handeln zwingen.

Kritik

Der Regisseur Jacob Aaron Estes legt mit "Liebe und andere Kleinigkeiten", oder im Original treffender "The Details", seine zweite Regiearbeit vor und diese könnte nicht weiter von seinem Langfilmdebüt entfernt sein: Sein Erstlingswerk "Mean Creek" war ein kleiner, feiner, melancholisch-düsterer Film über die Leiden des Erwachsenwerdens mit tollen Jungdarstellern und einer sich immer weiter zuspitzenden Story, die schockierte und lange im Gedächtnis haften blieb. Ganze sieben Jahre hat es dann gedauert, bis Estes wieder als Regisseur tätig wurde und in diesen sieben Jahren scheint sich viel geändert zu haben, denn die schrill-überdrehte Vorstadtsatire "Liebe und andere Kleinigkeiten" lässt nichts vom subtilen Stil erkennen, der "Mean Creek" so besonders werden ließ. Stattdessen liegt hier nun ein Film vor, der nie den richtigen Ton trifft: Für eine bitterböse Satire über spießige und verlogene amerikanische Vorstädter ist der Film nicht zynisch und böse genug, für ein Drama über falsche Entscheidungen und das monotone Leben des Spießbürgertums nicht dramatisch genug, und für eine bissige Komödie nicht witzig genug. Diese unausgegorene Mixtur aus verschiedenen, nicht richtig zusammenpassenden Elementen, verbunden mit dem übertrieben-aufgesetzt wirkenden Spiel des Star-Ensembles, ergibt einen merkwürdigen, selten überzeugenden Film.

Die amerikanische Vorstadt ist ein beliebtes Thema sowohl für diverse Filmproduktionen, wie beispielsweise das meisterhafte, Oscar-prämierte Ausnahmewerk "American Beauty", Serienproduktionen, wie "Desperate Housewives" oder "Weeds - Kleine Deals unter Nachbarn" oder auch große Literatur, wie Jonathan Franzens "Freiheit". Zu dieser Thematik dann noch einen neuen und frischen Zugang zu finden, ist nicht ganz leicht und gelingt Regisseur und Drehbuchautor Estes dann auch nicht wirklich: Der Geschichte eines von der ersten Minute höchst unsympathisch wirkenden Mannes, der sich so durchs Leben lügt und irgendwann von seinen Fehlentscheidungen brutal eingeholt wird, fehlt zunächst mal der Esprit und die innere Spannung, aber auch ausgefeilte Charaktere, die nicht nur wie bloße Karikaturen wirken.

Besonders seltsam mutet das gnadenlos überdrehte und selten überzeugend wirkende Spiel des ehemaligen "Spider-Man"-Stars Tobey Maguire an, der mit einer solch überspitzten Mimik und Gestik eher verstörend und irgendwann auch nervig wirkt, als dass er auf humoristischer oder gar dramatischer Ebene überzeugen könnte. Ähnlich verhält es sich mit der von Laura Linney verkörperten Figur einer psychotischen Nachbarin, die dermaßen überzogen und schrill in Szene gesetzt wird, dass es schnell nur noch angestrengt wirkt. In weiteren, aber auch nicht sonderlich ausgefeilten Rollen, sind noch "Scandal"-Star Kerry Washington und Ray Liotta zu sehen, die aber nur in wenigen Szenen zu sehen sind und deshalb auch keine Akzente setzen können.

Anfangs scheint es so, als ob der Film eine rabenschwarze Satire sein und auf viel schwarzen Humor setzen will, der dann aber viel zu mutlos und wenig böse daherkommt und auch keine denkwürdigen Szenen bereithält. Der Ton des Films ändert sich dann aber zum Ende hin deutlich und geht eher in eine dramatisch anmutende Richtung, die dann aber überhaupt nicht mehr funktioniert, da alle Charaktere als überzeichnete Karikaturen dargestellt werden, mit denen auf keiner Ebene mitgefühlt werden kann und wenn dann auch der Schlussakt kein größeres Feuerwerk mehr abbrennt, sondern alles uninspiriert im Sande verläuft, hat man endgültig die Geduld und auch das Interesse an diesem unausgegorenen Film verloren.

Fazit

Selten war ein deutscher Titel unpassender, als in diesem Fall, denn um "Liebe und andere Kleinigkeiten" dreht sich in diesem Film rein gar nichts, vielmehr geht es um Heuchelei, Lügen und eine Lawine an Fehlentscheidungen, die der tragenden Figur immer weiter zusetzen. Leider sind die sich immer weiter zuspitzenden Ereignisse weder sonderlich witzig, noch bitterböse-satirisch, sondern eher fade und mutlos. Auch die stargespickte Besetzung hilft da wenig, da alle entweder zu wenig Raum bekommen, um sich zu entfalten, oder komplett dem overacting verfallen. Regisseur Jacob Aaron Estes enttäuscht nach seinem vielversprechenden Regiedebüt mit seinem zweiten Film also auf ganzer Linie.

Moritz Stock - myFanbase
03.07.2014

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