Review: #8.20 Machtverlust
Ich als treuer "Desperate Housewives"-Fan, der immer wieder den negativen Stimmen gegenüber der Serie Paroli bot, immer wieder einen gewissen Unterhaltungsfaktor in der Serie wiederfand und immer wieder versucht hat, das Beste in der Serie zu sehen, müsste eigentlich einerseits dem Finale voller Wehmut entgegenblicken, andererseits jenem auch völlig enthusiastisch entgegenfiebern, da man schließlich mit grenzenlosen Optimismus davon ausgeht, dass die Verantwortlichen im Finale und auch kurz davor noch einmal alle Register ziehen und die Serie gebührend verabschieden werden.
Bisher konnte man mir mangelnden Optimismus definitiv nicht vorwerfen. Nachdem in #8.18 Any Moment schon kaum Anzeichen interessanter Storyansätze für das Finale vorzufinden waren, ruhten all meine Hoffnungen auf #8.19 With So Little To Be Sure Of. Als selbst diese Episode dann für eine finale Staffel viel zu unspektakulär verlief, blieb mein Optimismus weiter grenzenlos, schließlich würde man nach einer dreiwöchigen Pause mit #8.20 Lost My Power ereignisreich zurückkehren und endlich die Weichen für packende letzte Folgen legen. Die traurige Wahrheit ist, dass auch #8.20, die vorletzte Folge vor dem Serienfinale, in dieser Hinsicht eine Enttäuschung war. Wenn selbst die letzten Folgen vor dem Finale so dürftig abschneiden, ist es gar nicht auszudenken, welch Valium-Episoden uns erwartet hätten, gäbe es noch ein neuntes Jahr für die Hausfrauen.
It isn't easy giving up power ...
Immerhin scheint sich bei Gabys Handlungsstrang langsam aber sicher ein gewisser Sinn heraus zu kristallisieren. Die letzte Szene zwischen Gaby und ihrem Ehemann hat jedenfalls deutlich gemacht, dass Carlos durchaus darunter zu leiden hat, dass er, laut seiner Frau, kein besserer Mensch werden kann. Wie denn auch ein besserer Mensch werden, wenn zur gleichen Zeit eine Frau wegen eines Mordes vor Gericht sitzt, den man selbst begangen hat? Für mich ist klar, dass Carlos wohl kurz davor steht, tatsächlich selbst den Mord an Alejandro zu gestehen, um somit sein Verlangen, endlich ein "guter" Mensch zu werden, zu befrieden. Natürlich ist das reine Spekulation, denn bisher gibt es keinerlei Verbindung zu Carlos' Handeln und dem Mord an Alejandro. Und genau das finde ich schade, da umso auffälliger wird, dass die vermeintlich komplexen Auswirkungen von Alejandros Tod, die zu Beginn der Staffel in den Storys aller Protagonisten präsent waren, spätestens nach #8.10 Reden ist Silber, Schweigen ist Gold eine reine Angelegenheit für Bree wurde. Kurz vor Schluss sollte die große Staffelhandlung aber wirklich noch einmal jeden betreffen.
Der tiefere Sinn in Gabys und Carlos' Storyline scheint ja noch ganz passabel, aber um diesen zu erkennen, musste man sich leider erst mal durch eine Vielzahl an belanglosen Szenen schlagen. Deren Konflikte innerhalb der Episode waren zwar stellenweise ganz amüsant und "Alle lieben Raymond"-Darstellerin Doris Roberts in einer Gastrolle zu sehen, gehörte auch zu den Pluspunkten dieser Episode, aber im Großen und Ganzen wurden wir hier nur erneut Zeugen einer von vielen nicht ernstzunehmenden Auseinandersetzungen zwischen Gaby und Carlos, in denen beide immer wieder glauben der jeweils Ausgeklügeltere zu sein, um am Ende einzusehen, dass sie sie eigentlich großen Mist verzapfen.
Giving up our better judgment for a slightly darker agenda ...
Lynettes Versuch, Tom zurückzugewinnen, ging derweil in die nächste Runde, die diesmal extrem unmoralisch ausfiel. Weshalb wird überhaupt wieder zu sehen bekamen, wie Lynette versucht, Probleme zwischen Tom und Jane heraufzubeschwören, bleibt ein Rätsel. Schließlich machte erst die letzte Episode Hoffnung, dass Lynette nun endlich aufgibt und Tom stattdessen derjenige sein wird, der das weiterhin unvermeidliche Wiederzusammenkommen zwischen ihm und Lynette zustande bringt, nachdem ihm klar werden würde, dass Lynette die Frau seines Lebens ist. Doch die Entwicklungen einer vergangenen Episode werden, nicht zum ersten Mal bei der Scavo-Handlung in dieser Staffel, völlig unter den Teppich gekehrt, sodass also Lynette weiterhin die Tom/Jane-Beziehung zu beenden versucht. Dabei wirkte ihr Handeln in dieser Folge unsympathischer denn je, schließlich hat sie nicht nur auf furchtbar egoistische Weise Tom leiden lassen, sondern auch Toms Chef, der sichtlich Interesse an ihr zeigte, eiskalt ausnutzt, um ihre Ziele zu erreichen. Auf den ersten Blick wurde das zwar nicht wirklich deutlich, da auch Greg sichtlich amüsiert über Janes Reaktionen war, aber im Prinzip ist es doch so, dass Lynette ihm durchaus Hoffnungen macht, obwohl sie in Wirklichkeit keinerlei romantische Interesse an ihm hat. Somit war Lynettes Verhalten in dieser Folge ein echter Tiefpunkt für den Charakter und all die Sympathien, die Lynette meinerseits gegen Ende der letzten Folge entgegengebracht bekam, wurden praktisch zunichte gemacht.
Am Ende musste Lynette dann die Weisheit, dass keine schlechte Tat ungesühnt bleibt, am eigenen Leib erfahren, als Greg ihr den symbolischen Nagel im Sarg der Jane/Tom-Beziehung präsentierte, nämlich Toms einjährige Versetzung nach Indien. Es ist den Autoren durchaus hoch anzurechnen, dass sie so kurz vor dem Finale innerhalb dieser Handlung tatsächlich nochmal versuchen, so etwas wie Spannung aufzubauen. Nur leider wissen wir Zuschauer schon seit ihrer endgültigen Trennung in #7.23 Partytime, dass die Beiden früher oder später wieder zusammenfinden, sodass Toms Versetzung nach Indien weniger ein spannendes Element als eine Verzögerungstaktik ist, um die große Versöhnung erst im Finale zu zelebrieren.
Deciding that a loved one might know what's best for us ...
Keine zwei Sätze sind eigentlich die Szenen mit Susan wert. Es ist zwar schön und gut, dass die Autoren zeigen wollen, wie sehr sich Mikes Tod auf Susans Leben auswirkt. Aber dann fast nur die typische "verwitwete Mutter kümmert sich um das leidende Kind"-Storyline samt dem "Mutter muss Vaterrolle übernehmen und Dinge tun, von denen sie keine Ahnung hat"-Klischee inklusive des dazu gehörenden, obligatorischen Sandkistenrennens aufzugreifen, ist an Ideenarmut nicht mehr zu überbieten und der "schon oft gesehen"-Faktor dürfte der Anzahl der Kilos gleichen, die Teri Hatcher zulegen sollte, damit sie nicht mehr Michael Jackson in seinen schlimmsten Jahren gleicht. Ich mag gerade sehr zerreißerisch klingen, aber was man hier geliefert bekam, sah man wirklich schon in unzähligen anderen Formaten und ist kurz vorm Serienfinale nicht nur unpassend, sondern auch generell enttäuschend, da man aus Mikes Tod, besonders hinsichtlich der Freundschaft zwischen den Frauen, mehr hätte herausholen können. Gab es seit #8.17 Women and Death eigentlich eine einzige Szene, in der Lynette, Bree und Gaby Susan tröstende Worte zusprachen? Da war der kleine, allerdings völlig emotionslose Moment zwischen Susan und Lynette in dieser Hinsicht ja wirklich das bisherige Highlight. Und sucht man nach einem Highlight innerhalb der Storyline dieser Folge, so war es zweifelsohne das Ende, als Susan Unterstützung von den Männern der Straße erhielt und diese dann mit MJ die Seifenkiste zusammenbauten, was wirklich ein niedlicher kleiner Moment war. Falls die Autoren jedoch keine bessere Idee mehr haben, wie sie mit Susans Leben nach Mikes Tod umgehen sollen, sollte man sich wohl tatsächlich wieder der Handlung um der schwangeren Julie widmen, die aber für eine präfinale Episode auch nicht gerade nach Spannung schreit.
Dann gab es da noch zwei Szenen zwischen Renée und Ben, auf die ich in meinen vergangenen Reviews gar nicht eingegangen bin, obwohl es mit deren Verlobung eigentlich eine recht große Entwicklung gab. Die Gründe meiner Ignoranz: A) Die Beiden sind leider nach wie vor nichts mehr als belanglose Randfiguren, weshalb ich zum Zeitpunkt des Schreibens der Reviews schon gar nicht mehr wusste, dass die zwei überhaupt zu sehen waren. B) Ich bin immer noch wütend darüber, wie man damit umgegangen ist, dass die Beiden eigentlich die Hauptverantwortlichen für Mikes Tod sind – man ist nämlich gar nicht damit umgegangen und hat diese Tatsache einfach mal gekonnt ignoriert. Daher sind mir beide Charaktere relativ egal, deren Hochzeit, die im Finale wohl leider eine größere Rolle spielen wird, ebenso und die Antwort auf die Frage, ob Ben Renée jemals erzählen wird, dass er Alejandros Leiche beseitigt hat, erst recht.
But for some the hardest kind of power to give up is the power to control their own desires.
Meine bisher größten Hoffnungen lagen ja immer auf Brees momentaner Handlung. Seit sie die Hauptverdächtige in Alejandros Mordfall ist, hatte man schließlich eine wirklich interessante Ausgangssituation in petto. Geradezu negativ schockiert war ich dann, als ich gesehen hab, in welche Richtung sich ihre Storyline in dieser Folge entwickelte. Statt den Fokus auf die kommende Gerichtsverhandlung zu legen, ihre Situation immer mehr zuspitzen zu lassen und sie praktisch schon mit einem Fuß im Kittchen zu sehen, hatten die Autoren die glorreiche Idee, Bree mal wieder ein Auge auf einen Mann, diesmal ihren Anwalt Trip, werfen zu lassen. Langsam bin ich mir unsicher, ob die Autoren den Charakter nicht schon absichtlich parodieren wollen, denn es grenzt fast an Lächerlichkeit, dass Bree andauernd mit irgendwelchen Männern anbandelt. Von ihren zahlreichen Eroberungen während ihrer Zeit als Bree Van de Tramp in der Mitte der Staffel mal abgesehen, hatte sie in dieser Season schließlich schon mit Chuck und Orson schlechte Erfahrungen gesammelt. Zudem hinterfragt man zu Recht die Absichten hinter dieser Entwicklung. Endet die Serie für Bree tatsächlich mit einem Techtelmechtel mit einem Mann, den sie und die Zuschauer gerade erst kennengelernt haben? Schade, dass man die Handlung um Brees nahendes Gerichtsverfahren so spannungsarm weitergesponnen hat, wo es doch besonders wegen Detective Murphys Obsession, Bree hinter Gitter zu bringen, so viel spannender hätte werden können.
Ein Komplettausfall waren Brees Szenen vor allem dank ihres Anwalts Trip keineswegs, denn Scott Bakulas weiter anhaltender Gastauftritt ist und bleibt eine furchtbar unterhaltsame, charmante und witzige Angelegenheit. Besonders seine Reaktion, als er auf die ihm unbekannten Zeugen aufmerksam wird, bis er von Brees Zeit als Bree Van de Tramp erfährt, war grandios. Generell gefällt es mir, dass man Brees Handlungsstrang aus der Mitte der Staffel noch einmal aufgreift, um ihre Ausgangslage ein wenig prekärer zu gestalten. Und auch ihr prüdes Verhalten gegenüber Trip ließ an die gute alte Bree zurückerinnern, die Orson einige Sexpraktiken vorenthalten wollte, da sie schließlich Republikanerin sei. Für die kommende Folge wünsche ich mir aber endlich, dass der Mord so richtig im Rampenlicht steht und vielleicht auch Susan, Lynette und Gaby etwas mehr in das Ganze involviert werden. Diese Handlung ist nämlich spannungstechnisch bei Weitem aussichtsreicher, als zuzusehen, wie Bree sich erneut einen Mann an Land zieht.
Fazit
Manch einer mag über die Diskrepanz zwischen meiner teils sehr negativen Meinung und der im Vergleich dazu noch relativ hohen Bewertung verwundert sein. Aber als eine der letzten Episoden vor dem Finale einer regulären Staffel, wäre #8.20 Lost My Power vollkommen in Ordnung gegangen. Denn natürlich gab es zahlreiche amüsante Momente, durch die man sich gut unterhalten fühlte und die ein oder anderen Entwicklungen in dieser Folge hätten sicherlich interessantes Potential, gäbe es eine weitere Staffel. Aber für eine finale Staffel krakeln die meisten Geschichten leider viel zu sehr am Rande zur Belanglosigkeit herum und ich hätte einfach einen spektakuläreren Endspurt erwartet. Normalerweise würde ich ja nun große Hoffnungen in #8.21 The People Will Hear stecken, aber irgendwie bezweifle ich, dass man noch die Kurve bekommt.
Manuel H. - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Lost My PowerErstausstrahlung (US): 29.04.2012
Erstausstrahlung (DE): 17.09.2012
Regie: David Grossman
Drehbuch: Wendy Mericle
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