Review: #3.13 Nordlichter
Ein Phänomen mit Seltenheitswert erscheint am Himmel vom Capeside. Dieses Phänomen ist gleichzeitig auch Inbegriff für diese Episode, die im ersten Moment den Betrachter damit erschreckt, indem sie den Eindruck erweckt, sie würde an die mißlungene Universitätsepisode anknüpfen und dann auf einmal ganz eigene - an die zweite Staffel erinnernde - Wege einschlägt.
Da wäre zunächst einmal Dawson. Seine Orientierungslosigkeit der letzten Episoden findet in dieser Folge mit dem Ausstieg aus dem Filmkurs, für den er in der ersten Staffel alle Strapazen auf sich nahm, seinen vorläufigen Höhepunkt. Man könnte denken, dass es wegen Nikki ist, die neben den besseren Beziehungen (ihr Vater ist der Schulleiter) auch scheinbar mehr Erfolg hat, doch es ist mehr als das. Dawson will sich der Realität rund um seine Fixierung auf seinen Wunsch Regisseur zu werden bewusst werden und bemerkt dabei, dass sein gescheitertes Verhältnis zu Joey ihn in eine Bahn der Orientierungslosigkeit wirft. Für den kindlichen Traum des Filmemachens ist er zu alt, bzw. die Realität holt ihn immer mehr ein und dämpft seine Begeisterung. Umgekehrt kann er sich auch nicht auf eine solche Weiterentwicklung stützen, dass inzwischen die zwischenmenschlichen Beziehungen für ihn eine wichtige Rolle spielen. Tatsache ist, dass er Joey am Anfang der Staffel abwies und dass er nach wie vor der Auffassung ist, dass eine jetzige Wiederaufnahme zu nichts führen würde.
Am Ende sitzt er dann wieder bei Joey - als Freundin, nicht als Geliebte. Und wie der Zufall es so will, ist die starke Bewölkung verschwunden und das Nordlicht taucht über Capeside auf. Ein Orientierungspunkt ist gefunden, möglicherweise ein verhängnisvoller.
Denn Joey ist in dieser Episode in einer Dreiecks-Beziehung gefangen. Da wäre Dawson, der Freund, den sie immer noch liebt, aber den sie aufzugeben versucht, weil sie weiß, dass es verhängnisvoll wäre. Pacey, der mehr als deutlich signalisiert, dass er mittlerweile etwas für sie empfindet, wobei wir aber nicht genau wissen, ob sie es weiß. Und zuguterletzt A.J., der Gesandte aus Joeys Wunschwelt. Der dort angekommen ist, wo Joey gerne hinmöchte. Letztlich wird klar, dass Dawson ihre momentan noch grösste Belastung ist. Durch ihn ist sie vorbelastet. Doch an zweiter Stelle, dicht hinter Dawson, tangiert bereits Pacey, der ihr ausgerechnet in dem Moment einfällt, als sie sich mit A.J. näherkommt - welch ein Zufall.
Pacey ist zugleich Gewinner und Verlierer dieser Episode. Er weiß um Joeys Vorbelastung und Hang zu Dawson, gleichermaßen wie um ihre Hoffnungen hinsichtlich A.J. Dazwischen stehen noch seine Interessen, die er indirekt zu implizieren versucht, die aber anscheinend nur Jen wirklich bemerkt.
Als Schauspieler gefeiert, als Verehrer gescheitert. Eine echte Weiterentwicklung ist jedoch, dass man nicht länger Paceys Interesse als wankend darstellt, sondern als gegeben ansieht. Die Anspielungen, Kommentare und Gesten begeistern - das Zusammenspiel mit Joey, die davon aber letztlich nicht viel merkt, gibt dem Ganzen eine gewiße Tragik.
Aber keine perfekte Episode ohne nicht einen Haken. Und dieser wäre bei "Nordlicht" Henry, der seine Angebetete, Jen, nun endlich für sich gewinnen kann. Soweit so gut. Doch die Überdramatisierungen, die den Weg dahin pflastern, mögen nicht so recht überzeugen. Henry, der vor Jen flüchtet, weil er eine Absage fürchtet, ihr selbiges aber hinterher unterstellt und Henry, der eine dramatische Theaterszene in akuter Lebensgefahr mimt - all das wirkt bestenfalls lächerlich. Zumindestens sind sie jetzt endlich zusammengekommen - das ebnet zumindestens den Weg für neue Storylines, nachdem ja so langsam klar war, dass Jen nur mit Henry spielte.
Einen kleinen Auftritt sehen wir auch noch von Andie und Jack. Da die beiden jedoch nichts über die Storyline hinaus bedeutsames beitragen, gibt es diesbezüglich auch wenig zu besprechen.
Insgesamt ist "Nordlicht" jedoch eine Episode, die nicht nur an das Niveau der zweiten Staffel heranreicht, sondern es - meines Erachtens - auch erreicht. Sie spielt mit den Emotionen der Beteiligten, verstrickt sich nicht in Klischees (bzw. nimmt diese humorvoll auf, wie Pacey am Anfang mit A.J.) und bringt eine gewiße unlösbare Tragik mit sich, da sich letztlich im Dreieck A.J., Pacey, Dawson keine Pro- und Contra-Entscheidung fallen lässt, ebensowenig in Dawsons Orientierungslosigkeit mit der Hin- und Hergerissenheit. Entscheidend ist aber, dass über die reine Darstellung und die persönlichen Konflikte hinaus eine Botschaft übermittelt wird - wie immer die der einzelne auch auslegen mag -, was wir in dieser Staffel bisher oftmals vermissten.
Malte Kirchner
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Northern LightsErstausstrahlung (US): 26.01.2000
Erstausstrahlung (DE): 07.01.2001
Regie: Jay Tobias
Drehbuch: Gina Fattore
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