Kim Catrall bei AOL Live

In "Sex and the City" spielt sie die sexbesessene Samantha, im wahren Leben jedoch ist sie glücklich verheiratet und schätzt mehr die Ruhe und Abgeschiedenheit, denn das glamouröse Leben, das sie in der Serie führt. Kim Catrall, der Star aus "Sex and the City", war zu Gast in der "AOL Live! VIP Box". Moderatorin Karin Brösicke erlebte eine kluge und offene Frau, die von ihrer Filmfigur behauptet: "Wir sind Freundinnen."

Frage: "Sex and the City" ist mit zahlreichen Preisen wie beispielsweise dem "Emmy" oder dem "Golden Globe" ausgezeichnet worden. Was, glauben Sie, macht den Riesenerfolg dieser Serie aus?

Kim Catrall: "Sex and the City" ist so erfolgreich, weil es einen neuen und einzigartigen Blick auf Frauen in einer bestimmten Lebenssituation wirft. Eine Lebenssituation, die in der Vergangenheit als eine sehr einsame, isolierte und schreckliche Zeit wahrgenommen wurde, in der Frauen von einer enttäuschenden Beziehung in die nächste wechselten. Wir greifen dieses Thema mit Leichtigkeit und Humor auf. Ja, wir feiern geradezu diese Zeit, in der Frauen sich darauf konzentrieren können, sich selbst weiter zu entwickeln ohne dabei Rücksicht auf Beziehungen oder Kinder nehmen zu müssen. Ich finde, es ist ein wunderbarer Blick auf das heutige Singleleben. Weil wir aber nicht nur witzig, sondern auch ehrlich sind, kann sich jede Frau, egal wo sie lebt, mit einer der vier Charaktere identifizieren.

Frage: Sie spielen die sexbessene Samantha in "Sex and the City". Was haben Kim und Samantha gemeinsam?

Kim Catrall: Was mich mit der Rolle verbindet, ist, dass Samantha ein sehr positiver Mensch ist. Sie liebt ihre Freundinnen und das Abenteuer, sie ist sehr mutig und stark, wenn es um ihre Überzeugungen geht. Der größte Unterschied jedoch zwischen uns beiden ist, dass Samatha bei ihrem Alter lügt, was ich nicht tue, jedenfalls nicht mehr. Samantha ist ein wunderbares, positives Vorbild, ich bin in erster Linie Schauspielerin. Je größer der Erfolg von "Sex and the City" wurde, um so mehr identifizierten sich die Menschen mit den Charakteren. Ich glaube, eine Figur wie die der Samantha hat es bislang noch nicht gegeben. Sie ist hemmungslos und frei und wird im Gegensatz zu den Frauen meiner Generation, die sexuell emanzipiert sind, für ihre Freizügigkeit weder scheel angesehen noch bestraft.

Frage: Als Samantha tragen Sie Designer-Kleider und gehen in die angesagtesten Clubs und Bars. Wie sieht der Lebensstil von Kim Catrall aus?

Kim Catrall: Samantha arbeitet in der PR-Branche. Sie hat viele Klienten, die Restaurants und Hotels oder Verlage besitzen. Von außen betrachtet ist es ein sehr glamouröser Lebensstil, aber wenn man genauer hinschaut, ist das alles nur Show. Es ist Samanthas Job. Als Schauspielerin arbeite ich sehr hart, manchmal 18 Stunden am Tag. Von daher verbringe ich jede freie Minute mit meinen Freunden und meinem Ehemann. Ich hab ein kleines Haus am Meer, zwei Katzen, einen Hund und viele Freunde. Ich versuche auf dem Boden zu bleiben, mich nicht vom Erfolg der Serie überrollen zu lassen. Meine Privatsphäre ist mir heilig, Samantha hat keine. Sie würde ohnehin nicht wissen, was sie mit sich anfangen sollte. Sie braucht Action, ich Zeit zum Relaxen.

Frage: Was würden Sie Samantha raten, wenn sie beide Freunde wären?

Kim Catrall: Wir sind Freunde. Samantha hat mir viel beigebracht. Sie hat mich zu einem Buch inspiriert, das ich zusammen mit meinem Mann geschrieben habe. Es heißt "Satisfaction - the art of the female orgasm". Ohne jemals Samantha gespielt zu haben, hätte ich das Buch nie schreiben können. Ich habe ganz andere Erfahrungen in meiner Singlezeit gemacht als sie. Mein Sexleben war frustrierend und enttäuschend. Viele Frauen ergeht es nicht anders als mir damals. Mit dem Buch möchte ich bewirken, dass sich an dieser Situation etwas ändert, dass Frauen lernen, offen über ihre Bedürfnisse zu reden.

Frage: Hat Samantha Einfluss auf Ihr Privatleben? Hat sie Ihr Sexleben bereichert?

Kim Catrall: Nicht Samantha, ich selbst habe mein Sexleben verändert. Früher war ich ängstlich. Ich war frustriert, habe gedacht, dass Sex mir keinen Spaß bringt. Ich habe so viel von Frauen und ihren multiplen Orgasmen gehört und mich immer gefragt, wie das wohl ist. Hinzu kam noch, dass ich als Schauspielerin solche Frauen spielte und gleichzeitig wusste, dass bin ja nicht ich. Erst als ich meinen Mann kennen gelernt habe, hat sich mein Sexleben gebessert. Er versteht es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der ich offen über meine Wünsche und Bedürfnisse reden kann. Heute bin ich sehr glücklich eine Rolle wie die der Samantha spielen zu dürfen, in der ich mein neues sexuelles Selbstbewusstsein ausdrücken kann.

Frage: Stimmt es, dass Sie Ihrer Mutter verboten haben, "Sex and the City" zu schauen, weil es zu heftig für sie sein könnte?

Kim Catrall: Oh nein, das ist nicht wahr. Sie liebt die Serie. Sie hat sogar mal zu mir gesagt, sie wünschte, sie könnte die Zeit zurückdrehen, um mehr Spaß zu haben. Selbst wenn ich wollte, hätte ich es ihr nicht verbieten können, dazu ist sie viel zu eigensinnig. Meine Mutter vergleicht "Sex and the City" mit einem Bonbon. Du isst einen, willst noch einen und noch einen. Nein wirklich, sie liebt die Sendung.

Frage: Sie sind als Samantha berühmt geworden. Haben Sie Männer getroffen, die glauben, Sie seien im wirklichen Leben genauso sexbesessen wie in der Serie?

Kim Catrall: Es ist interessant, wie Frauen und Männer auf mich reagieren. Frauen wollen sich mit mir über intime Erlebnisse in ihrem Leben austauschen, weil sie glauben, mich über die Rolle zu kennen. Das ist manchmal schon merkwürdig, wenn ich mit Freunden in New York City unterwegs bin. Männer haben bestimmte Fantasien von mir, sie sind ein wenig nervös und ängstlich, wollen aber gleichzeitig herausfinden, wie ich so drauf bin. Das genieße ich sehr. Denn ich bin ja nicht Samantha, sondern Kim. Gott sei Dank bin ich kein Single mehr. Meinen Mann habe ich übrigens vor der Rolle kennen gelernt, da hat es nie Verwirrung gegeben.

Frage: Wie geht Ihr Mann damit um?

Kim Catrall: Er liebt es. Ich habe Glück, dass ich mit einem Mann zusammen bin, dessen Vater sich mit Erwachsenenpsychologie beschäftigt. Er ist Therapeut und hat Bücher über Frauen und Männer geschrieben. Mein Mann ist mit den Forschungen seines Vaters vertraut. Am Anfang unserer Beziehung jedoch war es schon schwierig für ihn. Er war vorher nie mit einer Schauspielerin zusammen gewesen. Wenn ich um Mitternacht eine pikante Szene mit einem jungen Kollegen gedreht habe, hat er sich schon gefragt, was ich da mache. Aber dann ist er zum Set gekommen und hat gemerkt, dass der Set kein bisschen sexy, sondern der langweiligste Ort auf diesem Planeten ist.

Frage: Wie haben Sie sich auf die Rolle der Samantha vorbereitet? Haben Sie in Büchern nachgeschlagen oder Freunde gefragt, bevor Sie zum Set kamen?

Kim Catrall: Als mir die Rolle angeboten wurde, habe ich erst einmal nein gesagt. Ich bin damals 41 geworden und sollte für fünf Jahre unterschreiben. Ich hab mich gefragt, ob ich wirklich Lust habe, diese Rolle so lang zu spielen. Es wäre so schwierig gewesen, aus dem Vertrag früher auszusteigen. Dann rief mich ein Freund an und sagte, das ist genau deine Rolle. Ich sollte unbedingt ja sagen. Ich hab drüber nachgedacht und konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Am nächsten Tag habe ich mich mit Darren Starr, dem Produzenten, zum Mittag verabredet. Er überzeugte mich, dass die Rolle nicht nur eine Karikatur ist, sondern Zukunft hat. Mit der Zusage hat sich mein Leben verändert, ein neues Kapitel in meinem Leben hat angefangen, ein unglaublich schönes. Doch jede neue Folge ist immer noch eine Herausforderung für mich. Sei es, dass ich Sex mit einer Lesbe habe oder es um die Frage großer Penis, kleiner Penis geht - ich muss komisch und realistisch zugleich rüberkommen. Das ist ganz schön schwer, glücklicherweise hat es bislang immer geklappt.

Frage: Samantha hat schon so viele sexuelle Erfahrungen gemacht. Das ist ja kaum noch zu überbieten. Wie wird es mit Samantha weiter gehen?

Kim Catrall: In Deutschland läuft ja erst gerade die dritte Staffel. In späteren Folgen entwickelt sich Samantha tatsächlich weiter. Wir gehen der Frage nach, warum sie niemals zufrieden ist, stets neue sexuelle Reize braucht? Samantha wird aus Erfahrungen lernen, sie wird ruhiger, ja sogar eine richtige Beziehung führen. Mit jeder neuen Staffel schauen wir tiefer in die Charaktere hinein. Comedy bedeutet menschliche Konflikte darzustellen, Konflikte, die man mit sich selbst und den anderen austrägt. Das macht es für die Zuschauer auch in Zukunft spannend.

Frage: Die anderen Rollen werden von Sarah Jessica Parker, Kristin Davis und Cynthia Nixon gespielt. In der Serie sind sie enge Freundinnen. Und im richtigen Leben?

Kim Catrall: Nach fünf Jahren gemeinsamer Arbeit sind wir wie eine Familie. Wir verbringen so viel Zeit miteinander, Sarah und Cynthia sind gerade schwanger. Unsere Familie wächst also. Der Arbeitsalltag ist zwar hart, aber sehr lustig. Die Chemie stimmt einfach zwischen uns. Natürlich gehört die Freizeit unseren Familien und Freunden, aber wenn wir am Set sind, dann haben wir ganz einfach eine wunderbare Arbeitsatmosphäre.

Frage: Was raten Sie Singlefrauen?

Kim Catrall: Sie sollten sich Zeit lassen. Viele Frauen - egal welchen Alters - fürchten sich davor, allein zu sein. Dabei sind sie es gar nicht, wozu gibt es Freundinnen? Meine Freundinnen haben mich durch so viele Krisen begleitet. Sie waren immer für mich da. Frauen neigen dazu, zu viel von ihrem Partner zu erwarten. Nicht er sollte die wichtigste Person in ihrem Leben sein, sondern sie selbst. Die beste Basis für eine Beziehung ist, sich selbst zu mögen und eine eigene Persönlichkeit zu haben. Was ich Frauen raten würde, ist, sich nicht zu verstellen, sondern sich selbst zu akzeptieren.

Moderation: Karin Brösicke, Interviewfragen: Karin Brösicke und Andrea Saggau

Quelle: Aol.de



Nina - myFanbase
31.10.2002 00:00

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