The Other Black Girl - Review Staffel 1

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Auf den im vergangenen Jahr veröffentlichten Roman "The Other Black Girl" nach Zakiya Dalila Harris wurde ich definitiv aufgrund des Covers aufmerksam. Klassischer Coverkauf. Dennoch reizte mich auf inhaltlicher Ebene, dass nicht nur Rassismus am Arbeitsplatz beleuchtet werden sollte, sondern eben auch Konkurrenzdenken untereinander, mit dem Hintergedanken, dass nur eine Schwarze (Anm. d. Red.: Die Hautfarbe wird im folgenden Artikel auch im adjektivischen Gebrauch konsequent groß geschrieben. Dies ist eine Übernahme aus der Buchvorlage, wo sich der deutsche Verlag dtv für diese Schreibweise entschieden hat.) von den Weißen im Großraumbüro zu ertragen ist. Insgesamt hätte ich doch alleine aufgrund des Klappentextes niemals erwartet, die Geschichte zu erhalten, die ich letztlich bekommen habe. Die Serienadaption von Hulu, die für deutsche Interessierte bei Star via Disney+ zu streamen ist, überrascht mich nun wieder. Während es meist dem Buch besser gelingt, mehr Ebenen darzustellen, ist es hier genau anders herum. Die gleichnamige Serie ist eine wirklich vielschichtige Serienadaption geworden, die viel zu bieten hat.

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Auch wenn ich über die Buchvorlage nun wahrlich nicht äußern möchte, dass sie einfältig oder oberflächlich ist, bin ich wirklich erstaunt, dass es der Serie trotz der 'nur' durchschnittlichen 30 Minuten mit insgesamt zehn Episoden gelungen ist, an vielen Stellen entweder mehr Tiefe oder mehr Nuancen unterzubringen. Die Tiefe ist vor allem auf der Charakterebene sehr gut erreicht worden. "The Other Black Girl" ist in Buchform sehr auf Nella Rogers als Protagonistin versteift, während die Serie nun auch einen Blick auf Figuren wie Hazel (Ashleigh Murray) und Malaika (Brittany Adebumola) erlaubt, der vorher so nicht möglich war. Die andere Nuance wiederum wird dadurch eingebracht, dass speziell die erste Staffelhälfte sich oftmals bemüht, wie eine Horrorserie rüberzukommen. Generell Schrecken, Angst und Unbehagen zu erzeugen, das ist in rein schriftlicher Form sicherlich eine Aufgabe für sich, während es bewegte Bilder da schon viel leichter haben. Denn zum einen gibt es die Hintergrundmusik, die suggerieren kann, dass etwas Schlimmes naht (hier definitiv erfüllt!), und zum anderen ist es durch Schnitttechniken etc. möglich, etwas urplötzlich im Bild erscheinen zu lassen, was das Herz in die Hose rutschen lässt. Eigentlich geht es in der Serie zunächst darum, dass Nella (Sinclair Daniel) immer wieder Mikroaggressionen ausgesetzt ist. Das ist sicherlich auch ein Horror für sich, aber sie hat sich auf ihre Art zu behaupten gelernt. Doch mit der Ankunft von Hazel, hinter deren Puppengesicht man zunächst gar nichts weiter vermutet, kommt dann speziell über die Musik etwas hinzu, wo uns als Zuschauer*innen suggeriert wird, Achtung, hier passiert gerade schon was, auch wenn du es nicht siehst. Auch wenn ich eben durch das Buch weiß, was passiert, ist es doch gelungen, dass ich auch viel Unbehagen gespürt habe, so dass die ursprüngliche Intention wirklich gut bei mir angekommen ist.

Foto: Brian Baumgartner & Bellamy Young, The Other Black Girl - Copyright: 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen
Brian Baumgartner & Bellamy Young, The Other Black Girl
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen

Kommen wir nun näher zur inhaltlichen Ebene. Die Mikroaggressionen habe ich schon angesprochen und sie prägen die gesamte Serie, aber eben speziell den Anfang, wenn wir als Außenstehende in Nellas Alltag bei Wagner Books einfinden. Dass sie die Einzige ihrer Hautfarbe in dem Unternehmen ist, das ist erstmal Punkt Eins. Aber das ist nicht nur Zufall, das ist eher Masche, was man dann im Umgang von Vera (Bellamy Young) als direkte Vorgesetzte, von deren Konkurrentin Maisy (Alyshia Ochse) und durch Kollegin Sophie (Kate Owens) merkt. Letztere meint es auf eine Art gut, ja, ihr kauft man ab, dass sie gerne Nellas beste Freundin wäre, aber wie sie sich immer als sensibel gegenüber Rassismus inszeniert und genau damit ständig alles plump zum Thema macht, das ist unangenehm. Vera und Maisy sind da nicht wirklich besser, bei ihnen kommt aber hinzu, dass sie eben ranghöher sind und Nella sie nicht so konsequent wie bei Sophie wie eine heiße Kartoffel fallen lassen kann. Am aussagekräftigsten ist sicherlich die Teilgeschichte rund um das neue Buch von Starautor Colin Franklin (Brian Baumgartner), der einen Bestseller vor ewigen Zeiten gelandet hat und seitdem die Füße geküsst bekommt, als könne er Wasser in Wein verwandeln. Sein neues Manuskript ist nicht nur sehr rassistisch, sondern wie Vera mit ihm umgehen muss, schließt auch auf sehr sexistisches Verhalten. Ein wirklich ekelhafter Typ dieser Colin und wirklich alle haben bei ihm Alarmglocken, doch niemand tut etwas dagegen. Außer eben Nella, die die Schwächen des Manuskripts klar anspricht und man kann ihr das auch schlecht als persönliche Empfindlichkeit auslegen, denn die Gesellschaft ist sensibler geworden und wer nicht spurt, wird einfach gecancelt. Daher also ein Sensibilitätsgutachten, was nun wahrlich in Verlagen inzwischen übliche Praxis ist. Doch Vera erkennt danach, dass das Manuskript so ewig nicht zu veröffentlichen ist und kehrt das alles unter den Tisch. Da wären wir dann eben bei Nellas weiterem Problem. Wenn es Vera gerade in den Kram passt, dann ist ihre Assistentin ihre beste Freundin. Wenn sie für eigene Fehler geradestehen muss, wirft sie Nella nur liebend gerne vor den Bus. Die einzelnen Episoden sind damit gutes Anschauungsmaterial dafür, wie es im Berufsumfeld definitiv nicht laufen sollte. Dennoch steht außer Frage, dass Young diese aufgekratzte Vera, die gar keine eigene Persönlichkeit zu haben scheint und nur nach dem geht, wonach der Wind gerade steht, wirklich gut gespielt hat.

Foto: Sinclair Daniel, Brittany Adebumola & Hunter Parrish, The Other Black Girl - Copyright: 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen
Sinclair Daniel, Brittany Adebumola & Hunter Parrish, The Other Black Girl
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen

Dem gegenüber steht dann die nächste Ebene, die durch die Ankunft von Hazel neu hinzukommt. Nella ist zunächst glücklich, nicht mehr die einzige Schwarze Frau zu sein und die ersten Momente des Austauschs sind positiv, bis Hazel sie in einer Situation dann doch auflaufen lässt. Ein Wendepunkt, auch für uns Zuschauer*innen, denn Hazel sorgt damit für Misstrauen. Während Nella ihre Zweifel wieder verliert, weil ihre neue Kollegin sich danach in mehreren Situationen wieder als Verbündete erweist, ist es gut, dass sie sich vorher Malaika anvertraut hat. Sie ist wohl wirklich die Figur, mit der ich mich am meisten identifizieren konnte, weil sie stets die Stimme der Skepsis war und alles lieber doppelt und dreifach hinterfragt. Und das eben auf eine Art, die mich oft zum Lachen gebracht hat. Ein herrlich loses Mundwerk, was Malaika da hat und sie hat auch keine Probleme, das Hazel direkt ins Gesicht zu sagen. Ich fand aber auch das Gespannt aus Malaika und Owen (Hunter Parrish) sehr interessiert. Er ist eigentlich Hazels langjähriger Freund, aber er wurde stets mit ihrer besten Freundin gepaart, dass sie am Ende mehr gemeinsame Szenen hatten. Mit der Darstellung von Owen war ich stellenweise auch nicht ganz glücklich. Ja, er ist eben der Weiße Freund, der ähnlich wie Sophie manchmal zu sehr seine Toleranz betont, aber er ist im Grunde wirklich ein guter Kerl, aber ich hatte oft genug den Eindruck, dass Nella und Malaika ihn beide nicht immer so ernstnehmen, wie er es verdient hat. Etwas fragwürdig in der Darstellung, aber der treudoofe Freund hat eben zur Unterhaltung auch beigetragen und mit Malaika als Detektiv-Duo war er definitiv besser aufgehoben als in der Beziehung. Aber die beiden waren wirklich wichtig, um eben als Stimme der Vernunft das Geschehen im Gang zu halten, ansonsten wäre Nella vielleicht einfach sang- und klanglos zur anderen Seite übergelaufen.

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Neben dem Konkurrenzdenken untereinander ist nämlich dann auch Identitätssuche ein wirklich großes Thema. Nella will den großen Durchbruch als Lektorin bei Wagner Books. Sie sieht Erfolg als Teil der persönlichen Erfüllung und sie reizt es speziell eben auch, die Karriere in dem Weißen Verlag zu machen, weil danach klar ist, ihr Weg war härter, sie musste richtig dafür kämpfen. Das macht sie eben umgekehrt auch unvorsichtig und naiv gegenüber Hazel, bei der nach und nach enthüllt wird, dass sie Teil einer Schwesternschaft ist. Hier werde ich nicht tief ins Detail gehen, weil viele der Enthüllungen den Spannungseffekt bis zum Ende hochhalten, aber dort geht es wirklich hart zu und warum auch nicht? Erfolg fliegt eben nicht einfach zu. Speziell an diesem Scheideweg der Serie, wo jede*r für sich selbst entscheiden muss, wie persönlicher Erfolg aussehen soll und wie selbstbestimmt man dabei bleiben will, war es wirklich geschickt, an dieser Stelle Hazel eine eigene Episode zu geben, um dann eben am Ende ein klares Gegenbild zu Nella zu haben. Denn das Serienende ist drastisch vom Buch abgewichen und öffnet den Weg für eine mögliche zweite Staffel. Die würde ich wohl sogar tatsächlich gut heißen, denn die Serie hat bewiesen, dass sie größer denken kann und diese neue Ausrichtung wäre nicht gewählt worden, läge nicht eine konkrete Idee schon längst vor.

Foto: Sinclair Daniel & Ashleigh Murray, The Other Black Girl - Copyright: 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen
Sinclair Daniel & Ashleigh Murray, The Other Black Girl
© 2023 Disney und seine verbundenen Unternehmen

Abschließend kann man sicherlich nochmal sagen, dass diese Serie auf einer Themenebene viel anzubieten hat, worüber man auch noch lange nachdenken kann. Sie hat auch für eine spezielle Atmosphäre gesorgt, mit Unbehagen, mit Schrecken, mit Ekel und am Ende mit echter Spannung und Mitfiebern. All das konnte aber nicht vom Drehbuch alleine getragen werden, sondern das wurde maßgeblich auch durch einen toll zusammengestellten Cast bewerkstelligt. Young hatte ich schon erwähnt, aber auch Daniel als zentrale Hauptrolle, Murray als Hazel und Adebumola als Malaika möchte ich noch einmal explizit hervorheben. Nella habe ich in dem Buch gar nicht so schlagfertig und ironisch empfunden, wie sie nun dargestellt wurde, aber das hat mich nicht gestört, weil es einfach gut rübergekommen ist, dass Nella eher eine schüchterne Persönlichkeit ist, die aber impulsiv ist und sich oft genug nicht zurückhalten kann und deswegen ihre Frau zu stehen lernen muss. Murray wiederum kenne ich durch "Riverdale" und vor einigen Jahren war ein großes Thema, dass es im Hauptcast der Teenie-Serie von The CW eben keine Schwarzen Schauspieler*innen gab und auch in den Nebenrollen die Geschichten nicht wirklich ausgeschrieben wurden. Das hat sich später verbessert, aber Murray hat beruflich eben genau das erlebt, worum es in dieser Serie geht, weswegen es irgendwie auch ihr persönlicher Sieg ist, weil ihre Geschichte eben erzählenswert ist. Hazel ist aufgrund ihrer Geschichte sicherlich auch die Rolle, die am meisten Wandlung braucht und das hat Murray abgeliefert. Eben das Porzellangesicht mit vielen tiefen Schichten. Adebumola wiederum: musste sie überhaupt spielen? Ich hatte sofort den Eindruck, dass sie einfach diese laute Persönlichkeit ist, die alles mitreißt und deswegen konnte man sich Malaika auch zu keinem Zeitpunkt entziehen.

Fazit

"The Other Black Girl" hat die Buchvorlage nach Zakiya Dalila Harris und so viel mehr abgebildet. Diese kurzweilige Serie kann man wirklich leichten Gewissens empfehlen, denn sie auch so vielschichtig, dass eigentlich jede*r seines oder ihres entdecken kann. Mit den Themen ist man auch mitten in den Gegenwart verankert und reichert das Ganze noch durch ein Mysterium an, was aber letztlich auch nur eine Metapher für klassische Themen wie Definition von Erfolg, Identitätssuche und gemeinschaftliche Beziehungen ist. Letztlich ist es auch der Cast, der mit daran gearbeitet hat, dass man eine zweite Staffel wirklich gerne sehen würde.

Die Serie "The Other Black Girl" ansehen:

Lena Donth – myFanbase

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