Die besten Serien 2008/2009
Platz 1: The Shield

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Am 25. November 2008 war Schluss. Auf dem US-Kabelsender FX lief die letzte Episode von "The Shield". Über sieben Staffeln und insgesamt 88 Folgen hinweg hat die Serie nicht nur mit ihrer aufsehenerregenden ersten Staffel dafür gesorgt, dass FX überhaupt die Stellung, die es heute mit ihren bei Kritikern hoch angesehen Serien wie "Damages", "Rescue Me" oder "Nip/Tuck" inne hat, erklimmen konnte – ähnlich wie "Mad Men" für AMC. Denn erst durch den Erfolg von "The Shield" hat man sich dazu entschieden, überhaupt auf eigenproduzierte Serien zu setzen. Zudem hat die Serie auch das definiert und immer wieder ausgereizt, was man heutzutage unter realistischem und gleichzeitig schonungslosem Fernsehen versteht und damit gezeigt, dass man sich vor Branchenprimus HBO nicht zu verstecken braucht . Nach einer durch den Autorenstreik auf gut 450 Tage verlängerten Durststrecke zwischen Staffel sechs und sieben war es Anfang September 2008 endlich soweit und die finale Staffel für "The Shield" wurde eingeläutet – und wie großartig sie doch war.

"This is what the hero left on his way out the door."

Vic Mackey ist bekanntlich einer der interessantesten Charaktere, die das Fernsehen je hervorgebracht hat. Jahrelang wurde der Zuschauer regelrecht herausgefordert, eine Figur, die durch und durch soziopathische Züge trug, in manchen Situationen, wo diese lediglich den eigenen moralischen Code befolgte, sympathisch zu finden. Aber die Art und Weise, wie er in der siebten Staffel knallhart seine eigenen Interessen nahezu ohne Rücksicht auf Verluste durchzog und trotzdem noch nachvollziehbar handelte, ist beachtlich. Die Tatsache, dass er so manchmal ganz offensichtlich "schlecht" handelte, um seiner Familie (namentlich seiner Ex-Frau und seinen drei Kindern) ein besseres Leben zu ermöglichen, sorgte für die nötige Brisanz und dafür, dass Vic eben nicht nur auf seine Taten reduziert wurde, sondern vor allem auf die Motivation dahinter – und die war oft nur allzu begreiflich. Es war nur allzu verständlich, dass er den Deal mit ICE einging, um Immunität zu erhalten und nebenher wahrscheinlich die Karriere von Agent Olivia Murray zerstört hat. Das kann man als Eigennutz auslegen (und das war es sehr wahrscheinlich auch), ein Vic Mackey hat es aber auch wunderbar verstanden, sich das Ganze so auszulegen, dass er es dann ja doch nur tat, um weiterhin seinen Kindern ein guter und vor allem freier Vater sein zu können. Und dass er Ronnie als Messer lieferte, war in Anbetracht der Tatsache, dass Vic dachte, seine Ex-Frau Corinne würde angeklagt werden, ebenso einleuchtend. Sogar die Jagd nach Shane diente nur dem Ziel, den Tod Lems zu rächen. Zudem war es ja trotz alledem nicht so, als hätte Vic in vielen Fällen irgendwie hinterhältig gehandelt. Man konnte von Vic halten, was man wollte, aber eines musste man ihm lassen: man wusste, woran man bei ihm war.

Und so war auch nicht verwunderlich, dass Vic seine Drohung, Shane bei der nächstmöglichen Gelegenheit zu töten, so gut nachkam wie es eben ein angestellter Polizist, dem immer auf die Finger geschaut wurde, konnte. Vic fand heraus, dass Shane Lem tötete, und danach gab es kein Halten mehr. Dementsprechend nahm die Beziehung zwischen Vic und Shane auch einen wichtigen Erzählpart ein. Von allerbesten Freunden, bereits bevor der Zuschauer den ersten Blick in das Los Angeles Department in Farmington erhaschen konnte, bis zu Todfeinden in sechs Staffeln. Viele Serien und Filme bedienen sich eines ähnlichen Umstandes als Stilmittel, sind dabei aber großteils unglaubwürdig. Allein die Tatsache, dass es bei "The Shield" sehr allmählich entwickelt wird, zeigt schon, wie behutsam man sich der Thematik angenähert hat, die bereits in der allerersten Episode mit Shanes Gewissensbissen bzgl. Vics Mordes an Terry Crowley begann. Besonders bemerkenswert war hierbei die Erbarmungslosigkeit, mit der beide an die Sache herangingen. Irgendwann wurden sogar die Familien der beiden Teile ihres Spiels um Leben und Tod. Wenn ein Hauptcharakter durch einen anderen dann schließlich zum Selbstmord gedrängt wird und vorher keinen anderen Ausweg sieht, als auch noch seine schwangere Frau und seinen kleinen Sohn zu töten, so ist das vor allem eines: heftig. Diese Konsequenz hat sich praktisch keine TV-Serie bisher getraut und es war höchst schmerzhaft, das alles mit anzusehen. Und doch war es nötig, dass auch Shawn Ryan und seine Crew keinen Rückzieher machen, ebenso wenig, wie es Vic tat.

Neben all den großen Momenten, wovon zumindest das Geständnis Vics vor seiner Anstellung bei ICE in die Fernsehgeschichte eingehen wird, lieferte "The Shield" auch in der siebten Staffel einen fulminanten One-liner nach dem anderen (natürlich vor allem durch Vic "You've got an action hero on your payroll" Mackey) und sorgte so für ein wenig Auflockerung ohne allerdings die dramatischen Elemente dadurch abzuschwächen oder von ihnen abzulenken. Daher kann man nach der siebten und letzten Staffel von "The Shield" eigentlich nur noch zwei Dinge machen: den Realismus, die Unbarmherzigkeit, die aufgeworfenen Fragen, die die eigene Moralvorstellung herausforderten, loben und Platz 1 für die beste Staffel der Season 2008/2009 vergeben. Es kann, auch im Zuge des Endes der Ausnahmeserie "The Wire", offen angezweifelt werden, ob eine Serie in den nächsten fünf oder zehn Jahren so viel leisten und gleichzeitig so befriedigend beendet werden kann.

Andreas K. - myFanbase

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