Dark Matter - Review, Staffel 1

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Ein halbes Dutzend verschiedener Menschen, ein Android, ein Raumschiff, jede Menge Waffen und sehr viele Identitätsfragen. Mit diesen Zutaten hat sich "Dark Matter" aufgemacht, den Sci-Fi-Fans endlich einmal wieder eine richtige Space-Opera zu bieten. Nach der Pilotfolge war ich durchaus optimistisch, dass uns eine interessante, spannende Staffel bevorsteht - und siehe da, ich hatte Recht.

Die Fremden im Raumschiff

Alles beginnt mit sechs Menschen, die nacheinander in Stasis-Kammern eines Raumschiffes erwachen und feststellen, dass sie weder ihre Mitreisenden noch sich selbst kennen. Jemand oder etwas hat ihre gesamten Erinnerungen gelöscht. Vorerst nennen sie sich nach der Reihenfolge ihres Aufwachens: Eins (Marc Bendavid), Zwei (Melissa O'Neil), Drei (Anthony Lemke), Vier (Alex Mallari Jr.), Fünf (Jodelle Ferland) und Sechs (Roger R. Cross). Die inoffizielle Nummer Sieben ist ein weiblicher, ebenfalls namenloser Android (Zoie Palmer).

Um zu überleben und Antworten zu erhalten, müssen die sechs Amnesie-Opfer zusammenarbeiten, (un)wohl wissend, dass einer von ihnen für den Gedächtnisverlust verantwortlich sein könnte, dies aber selbst nicht mehr weiß. Ein Test des Androids ergibt, dass sich wirklich niemand erinnern kann. Wenn also einer von ihnen die Amnesie verursacht hat, was sehr wahrscheinlich ist, dann wurde er selbst ein Opfer dieser. Es herrscht somit eine Art von "Mord im Orient-Express"-Atmosphäre an Bord des Raumschiffes: sie sitzen zusammen fest und einer von ihnen hat womöglich ihre Erinnerungen getötet.

Mittels wiederhergestellter Datenfragmente erfahren Eins, Zwei, Drei, Vier und Sechs schließlich ihre Namen und dass sie allesamt gesuchte Schwerverbrecher sind, die als Söldner durch den Weltraum streifen und Aufträge erfüllen, die von Diebstahl bis Mord reichen. Nur die Identität des Teenagers Fünf bleibt zunächst weiter ein Rätsel. Wie kam sie an Bord eines Raumschiffes voller Mörder? Eins, Zwei, Drei, Vier und Sechs beschließen, nicht ihre richtigen Namen zu verwenden, sondern bei den Zahlen zu bleiben.

Es hat mich zunächst etwas überrascht, dass der Großteil der Crew so früh Antworten bezüglich der eigenen Identitäten erhält, doch es zeigt sich bald, dass diese ersten Informationen sehr unvollständig sind und nur ein Bruchstück der wahren Stories erzählen. Hinter allen sechs Menschen an Bord der Raza stecken viel komplexere Geschichten, als es auf den ersten Blick scheint. Erst nach und nach finden die Raumfahrer mehr über sich heraus und machen die (für uns Zuschauer) faszinierende Erfahrung von Doppelidentitäskrisen: sie können sich nicht daran erinnern, wer sie sind, und vieles von dem, was sie nach einer Weile glauben zu sein, sind sie gar nicht.

Eine Frage des Vertrauens

Die Beziehung der Crewmitglieder untereinander, wobei man hier auch den Adroid einberechnen kann, ist ein auf Anhieb fesselnder Aspekt von "Dark Matter". Die sieben Männer, Frauen, Teenager und menschenähnlichen Roboter müssen einander vertrauen, versuchen es auch, aber scheitern ein ums andere Mal daran. Es entwickeln sich unter ihnen Freundschaften, sexuelle Beziehungen und zum Teil familienähnliche Bande, aber all dies ist sehr brüchig und kann von einem Moment auf den anderen in sich zusammenfallen. Zu zahlreich sind die offenen Fragen und zu unerwartet die Enthüllungen. Als Zuschauer wünscht man sich natürlich, dass diese sieben Charaktere zusammenwachsen und jede Krise gemeinsam überwinden. Diverse schöne, mitunter auch lustigen Momente erfüllen diese Hoffnung mehrmals, nur lassen die Rückschläge dann zumeist nicht lange auf sich warten. Einer verheimlicht immer etwas oder stellt das Bild, das wir uns von ihm gemacht haben, wieder auf den Kopf.

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Eins bis Sechs. Plus Android

Jeder der sechs menschlichen Charaktere bekommt in dieser Staffel mindestens eine Folge, in der er oder sie besonders im Fokus steht - allerdings nicht in der Reihenfolge ihrer Namen. Das handhabe ich etwas anders und gehe im Folgenden nummerisch geordnet kurz auf jeden Charakter ein, mit möglichst wenigen Spoilern, denn das würde den Spaß an dieser ersten Staffel wirklich verderben. "Dark Matter" bezieht den Großteil seiner Spannung und Faszination nicht aus Weltraumschlachten, auch wenn es durchaus einige Actionmomente gibt, sondern eben aus den Charakteren, ihren Geheimnissen, Beziehungen und Entscheidungen.

Eins

Er ist der erste, der aufwacht, aber als ausgeschlafenen Typen würde ich ihn nicht unbedingt bezeichnen. Weder was Nahkampfkünste noch was Waffenbeherrschung oder technisches Verständnis anbelangt kann er mit den Anderen an Bord mithalten. Sein Spitzname "Pretty Boy" bezieht sich also nicht nur auf sein gutes Aussehen, sondern auch ein wenig auf seinen Mangel an Talenten. Eins zeigt allerdings in vielen Situationen Mitgefühl und setzt sich für das Wohl Anderer ein. Im Prinzip ist er ein Sympathieträger, der aber ein gewisses Misstrauen weckt und manchmal etwas nervt.

Zwei

Zwei übernimmt das Kommando. Obwohl es keine offizielle Hierarchie unter den gedächtnislosen Raumfahrern gibt, ist sie diejenige, die sagt, wo es langgeht. Sie erweist sich als eine ausgezeichnete Nahkämpferin, kann mit Waffen umgehen und kennt sich ungeachtet der Amnesie mit Raumschiffen aus. Es trifft sie besonders, als sie erfährt, dass sie eine gesuchte Schwerverbrecherin ist. Sie will nicht dieser Mensch sein, über den sie da liest, und versucht einen anderen Weg einzuschlagen. Wenn man aktuell eine Liste starker weiblicher Charaktere im TV anlegen wollte, so müsste man Zwei definitiv darin nennen. Sie ist ein richtiger Leader, nicht unfehlbar, aber mutig und tough. Ihr Hintergrund wird gegen Ende der Staffel näher beleuchtet und löst besonders große Schockwellen aus.

Drei

Drei erfüllt die klassische Rolle des Klassenclowns - in diesem Fall eines Klassenclowns, der gerne schwere Waffen trägt und dessen Humor eine Mischung aus Feindseligkeit, Selbstsucht und Vorurteilen ist. Er geht immer wieder auf Konfrontationskurs mit seinen Kameraden, besonders mit Eins. Von seiner ganzen Art her scheint Drei jemand zu sein, dem man alle Schandtaten, einschließlich Verrats, zutrauen muss, allerdings zeigt er im Laufe der Staffel auch durchaus andere Seiten von sich. Er liefert viele der besten Sprüche der Staffel ab.

Vier

Der Ninja im Weltraum. Vier ist ein schweigsamer Schwertkämpfer, der die meiste Zeit an Bord des Raumschiffs damit verbringt, zu trainieren. Er wirkt immer wie ein Einzelkämpfer, der dummerweise Teil eines Teams ist. Auch als Zuschauer wird man schwer mit ihm warm und hat Mühe, ihn zu durchschauen. Mich persönlich hat er von allen Charakteren dieser Staffel am wenigsten interessiert, zumal mich seine Hintergrundgeschichte nicht so sehr anspricht.

Fünf

Als Zugeständnis an die jüngere Zuschauergeneration bauen Sci-Fi- oder Mysteryserien ja ganz gerne einen hochbegabten Teenager in die Handlung ein. "Dark Matter" bildet da keine Ausnahme, geht dieses Thema aber schon mit einer gewissen Selbstironie an, denn niemand, nicht einmal Fünf selbst, weiß, was sie eigentlich an Bord dieses Schiffes macht, das wirklich kein geeigneter Ort für Jugendliche ist. Fünf muss darum kämpfen, von den anderen Gedächtnislosen, die sie entweder nicht sonderlich ernst nehmen oder ständig beschützen wollen, als vollfertiges Mitglied der Crew anerkannt zu werden. Sie macht sich dabei zusehends unverzichtbar und bewahrt die Erwachsenen so manches Mal vor dem Scheitern. Müsste ich einen Lieblingscharakter dieser ersten Staffel benennen, würde ich mich wohl für Fünf entscheiden. Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Beantwortung vieler Fragen und trägt maßgeblich zu der, wenn auch höchst instabilen, Familiendynamik an Bord der Raza bei.

Sechs

Sechs wirkt, trotz seiner prallen Strafakte, sehr gutmütig und beschützend, besonders in Bezug auf Fünf. Er ist immer der erste, der sich freiwillig meldet, wenn jemand für eine gefährliche Rettungsmission benötigt wird. Man schließt ihn ziemlich schnell ins Herz, ohne sich sicher sein zu können, ob man damit nicht einen großen Fehler begeht.

Android

Der weibliche Android hat zwar keine mysteriöse Vergangenheit, trotzdem gibt es auch bei ihr Einiges zu ergründen. Sie entwickelt eine Bindung zu der Crew, die über das, wozu Androiden eigentlich in der Lage sein sollten, hinausgeht. Das ist für sie selbst irritierend. Ihr gebührt der Rang meines zweitliebsten Charakters, da sie in vielen Momenten einfach putzig ist und man definitiv mehr in ihr sieht als einen Haufen Metall und Kabel in Menschenform.

Unendliche Weiten

"Dark Matter" ist nicht "Star Trek". Die Menschheit hat sich zwar auch hier technisch in vielen Bereichen beachtlich entwickelt, bereist den Weltraum und besucht andere Planeten, ist aber von einem Zustand der friedlichen Existenz weit enfernt. Stattdessen herrscht viel Gewalt und Korruption. Mächtige Unternehmen setzen ihre Interessen, die oft mit Rohstoffen von Planeten oder wissenschaftlichen Forschungen auf Raumstationen zu tun haben, mit allen Mitteln um. Die Crew der Raza ist eines dieser Mittel. Sie war vor dem Gedächtnisverlust in illegale Machenschaften verstrickt, aus denen sie jetzt nicht einfach herauskommt.

Die Raza gehört auch nicht zu der Art von Raumschiff, die läuft wie geschmiert und mit allem ausgestattet ist, was die Menschen an Bord zum Überleben brauchen. Wie gesagt, dass hier ist nicht "Star Trek". Die erinnerungslose Crew, die ihr eigenes Schiff selbst wieder kennenlernen muss, braucht Geld für Lebensmittel und wird einige Male von der Technik im Stich gelassen. Die Raza hält ein paar böse Überraschungen parat. Auch diese Tatsachen machen es nötig, dass Eins bis Sechs weiterhin in unerfreuliche Angelegenheiten involviert bleiben, dabei aber nicht jedem auf die Nase binden, dass sie unter Amnesie und damit einhergehenden Identitätsproblemen leiden. Sie versuchen Stärke zu demonstieren, aber sie haben den vielleicht gefährlichsten Nachteil auf ihrer Seite: sie kennen ihre eigenen Feinde nicht (mehr).

"Dark Matter" präsentiert uns keine auf Hochglanz polierten Zukunftsträume, sondern eine problematische Welt, die unter Ausbeutung und Terror leidet und in der Fortschritt vielfach missbraucht wird.

Fazit

"Dark Matter" ist endlich einmal wieder eine richtig spannende, interessante Weltraumserie, die ihre größten Stärken aus den Charakteren bezieht. An Bord des schnellen, aber herrlich unperfekten Raumschiffes Raza müssen sechs Menschen mit mysteriöser, dunkler Vergangenheit und ein Android Wege finden, in einer Welt voller Bedrohungen zu überleben. Die Gefahren lauern überall, mitunter in den Charakteren selbst. Die erste Staffel endet übrigens mit einem Cliffhanger - zum Glück dürfen wir uns auf eine zweite Season freuen.

Die Serie "Dark Matter" ansehen:

Maret Hosemann - myFanbase

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