Bewertung

Review: #1.05 Anfang und Ende

Foto: Clare Bowen, Nashville - Copyright: 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate
Clare Bowen, Nashville
© 2012 Andrew McPherson/ABC/Lionsgate

Die Folge steht unter dem vorherrschenden Thema "Hilfe". Nahezu alle Charaktere benötigen diese oder helfen ihnen nahestehenden Personen. Rayna wendet sich aus finanziellen Gründen hilfesuchend an Deacon, der in Sachen Jolene auch um Unterstützung von Juliette gebeten wird, die sich wiederum umgehend bei ihm revanchieren kann. Teddy und Peggy wenden sich mit ihren Problemen an Lamar, während Avery nicht ohne Hintergedanken Scarlett und Gunnar seine Hilfe anbietet.

"That girl is hurting and she needs you. She might not know. You might not know. But she needs you. And she needs you back. And she needs you clean."

In Bezug auf ihre Mutter herrscht bei Juliette nach wie vor eine Mischung aus Überforderung und totaler Ablehnung. Sie versucht förmlich, Jolene aus ihrem Leben auszublenden. Lange Studiozeiten, eigene Bereiche im Haus und letztendlich sogar ein völlig neues Zuhause sind die Konsequenzen, die Juliette daraus zieht. Letztendlich ist ihre neue Umgebung auch eine Art Befreiungsschlag, um sich vom Ballast der vergangenen Wochen zu befreien und wieder durchatmen zu können. Dabei hat Juliette eingesehen, dass sie sich selbst nicht mehr zu helfen weiß beziehungsweise, dass Jolene sich von ihr auch nichts mehr sagen lassen wird. Der Anblick der eigenen, nahezu bewusstlos, zugedröhnten Mutter gab dann dann den Ausschlag, Deacons Hilfe anzunehmen. Eine kluge Entscheidung wie ich finde, denn Deacon hat alle diese Erfahrungen persönlich schon einmal durchmachen müssen.

Deacon gefällt mir dann bei seinem Gespräch mit Jolene auch sehr gut. Er weiß zum einen die Situation zu entspannen, indem er Juliette unter einem Vorwand aus dem Raum schickt und erkennt zugleich, welche Knöpfe er bei Jolene drücken muss, um sie einsichtig werden zu lassen. Eine verletzte und leidende Juliette, die ihre Mutter braucht, ist das richtige Mittel zum Zweck. Intensiv ist dann vor allem die Szene, als Jolene vor der Entzugsklinik ihren Mut und die Nerven verliert und im Affekt ihre Tochter ohrfeigt. Juliette steht das blanke Entsetzen ins Gesicht geschrieben und Jolene muss erschrocken feststellen, wie tief sie in Problemen steckt und dringend professionelle Hilfe benötigt.

Schon in #1.04 Verschiedene Weltern wurde Juliettes Einsamkeit thematisiert. Im Gespräch mit Deacon offenbart sich erneut, dass sie keinerlei Erfahrung im Umgang mit Freunden hat. Den freundschaftlichen Trost von Deacon missversteht sie als Zuneigung und will ihn daraufhin küssen. Dass zwischen Freunden auch ein einfaches "Danke” ausreicht, ist für sie eine völlig neue Erfahrung. Umso schöner ist es dann zu sehen, wie schnell auch Juliette in Sachen Freundschaft dazulernen kann, als sie Deacon mit den Worten "That’s what friends do, they bail each other out" aus dem Arrest abholt.

"I always choose you. Everytime. And I don’t know when you gonna start believe it and stop making me try to prove it all the time."

Avery und ich werden sicher so schnell keine Freunde mehr. Es gefällt mir überhaupt nicht, wie er Scarlett manipuliert und ihre Gefühle für ihn ausnutzt. Er hätte doch auch direkt fragen können, ob er nicht als Gitarrenspieler einspringen kann. Stattdessen ist sein "ich könnte spielen, wenn Du das willst" ein ziemlich berechnender Versuch. Er weiß genau, dass Scarlett, wie schon bei den Studioaufnahmen, sich sicherer fühlt, wenn er dabei ist. Sein Blick bei der freudigen Reaktion von Scarlett spricht da auch Bände. Im Nachhinein frage ich mich auch, ob Avery nur auf einen Vorteil in Bezug auf seine eigene Karriere aus ist oder ob es nicht doch seine Eifersucht auf Gunnar ist, die ihn zu diesem Schritt treibt? Vermutlich beides, aber mit Fokus auf seinen Erfolg.

Umso mehr freut es mich aber, welche wichtige Charakterentwicklung Scarlett im Verlauf der Folge durchmacht. Bislang war ihr gar nicht bewusst, dass Gunnar an ihr interessiert sein könnte, doch aus dem Mund von Avery, übernimmt sie den Gedanken sofort. Auf jeden Fall war ich überrascht, mit welcher Vehemenz sie Gunnar klar zu machen versucht, dass zwischen ihnen beiden nur eine Freundschaft und eine geschäftliche Beziehung bestehen wird, weil sie mit Avery zusammen ist. Auch ihr Auftreten gegenüber Avery hat mich verblüfft. Sie gibt ihm nicht nur eindeutig die Schuld an der missglückten Songvorstellung, sondern macht ihm auch klar, dass es hier um ihren und Gunnars Deal geht und nicht um seinen. Zugleich macht sie Avery deutlich, wie wichtig er für sie ist, will ihm das aber auch nicht immer wieder aufs Neue beweisen müssen. Für mich eine eindeutige Warnung an ihn. Es verwundert mich ehrlich gesagt dann auch nicht, dass Avery sie anscheinend nicht versteht und ihre Beziehung so wie bislang weiter führen will. Aber ihre Reaktion ("You mean me writing poems and keeping them to myself.") hat meines Erachtens mehr als gesessen und ich freue mich mit und für Scarlett, dass sie sich endlich zu emanzipieren weiß.

"The only thing that Teddy Conrad has ever done is inherit money and lose it."

Die Auflösung um Teddys und Peggys Geheimnis kam für mich jetzt nicht besonders überraschend. Eine mögliche Affäre kam für mich ohnehin nicht in Betracht. Das wäre einfach zu offensichtlich gewesen. Und dass Teddy in Sachen Konten- und Geschäftsüberprüfung zuletzt ohnehin immer sehr vorsichtig agierte, war ja auch nicht zu übersehen. Mit seinem Hilfegesuch bei Lamar wird er jedoch einmal mehr zu dessen Marionette. Vielleicht hat Coleman mit seinem scharfen Angriff auf Teddy bei der Debatte gar nicht so unrecht. Alleine scheint Teddy gar nichts auf die Reihe zu bekommen. Seine Überzeugungen wirft er auf jeden Fall auch schnell über Bord. Gerade noch will er nicht mit harten Bandagen gegen Coleman kämpfen, nur um am Ende doch Lamar nachzugeben, weil dieser ihm mangelnden Siegeswillen unterstellt. Die Manipulation von Teddy macht Lamar übrigens sehr geschickt, aber von ihm war das auch nicht anders zu erwarten.

Erneut gibt es in der Geschichte von Teddy und Peggy (nebenbei: was haben sich die Autoren eigentlich bei dieser Namenskombination gedacht?) einen interessanten Cliffhanger. Wer könnte die unbeobachtet gemachten Fotos in Auftrag gegeben haben und zugleich davon proftieren? Ist es Coleman, der im Wahlkampf weiter mit persönlichen Angriffen punkten will? Oder ist es gar Lamar, der Teddy mit vermeintlich verhängnisvollen Bildern noch stärker von ihm abhängig machen will? Auf jeden Fall kann ich mir nicht vorstellen, dass die Aufnahmen früher oder später nicht doch in Raynas Hände gelangen werden. Da ist das Drama schon vorprogrammiert.

"Teddy we have got to just put the past behind us.” – “Believe me I’m trying."

Rayna spielte für mich in der Folge nur eine eher untergeordnete Rolle. Dass sie sich von Marshall Evans nicht mit einem Greatest Hits Album abspeisen lassen will, ist durchaus verständlich aus der Sicht eines jeden Künstlers. Doch eigentlich ist Rayna nicht gerade in einer Position, in der sie Forderungen nach einem neuen Album stellen sollte. Die Ticketverkäufe ihrer Tour waren so schlecht, dass sie sogar abgesagt werden musste. Da ist das Angebot eines Best of-Albums doch ein freundliches Entgegenkommen des Labels, mit dem sich ohne viel Aufwand auch durchaus schnell noch einmal Geld verdienen lässt. Zumal Rayna ja offenbar Geldprobleme zu haben scheint, die sie bereits dazu veranlassen, erstmals für einen Werbespot zur Verfügung zu stehen. Die Einnahmen aus dem Album, wären da sicherlich ebenfalls willkommen. Grundsätzlich finde ich es bislang aber wenig glaubwürdig umgesetzt, dass Rayna und ihre Familie vor der Pleite stehen sollen. Die Geldprobleme sind für uns Zuschauer überhaupt nicht sichtbar. Es wird lediglich darüber geredet.

Mir ist Rayna bei ihrer Konfrontation mit Deacon, weil dieser die Nutzungsrechte an seinem Song für den Werbespot nicht abtreten will, auch zu selbstsüchtig. Sie sollte Deacon doch wirklich besser kennen und wissen, dass dieser nicht aus Schikane die Song-Freigabe verweigert. Ich will nicht abstreiten, dass bei ihm ein Teil sicher auch verletzter Stolz ist. Im Grunde ist er aber ein Mann mit Prinzipien, dem seine Songs etwas bedeuten, die mitunter auch persönliche Dinge preisgeben. Der Song erinnert ihn an seine Zeit mit Rayna und er will diese Erinnerungen nicht in der Werbung verramscht sehen.

Von Deacon kommt Rayna auch im Gespräch mit Teddy nicht ganz los. Sein ständig wieder auftretendes Misstrauen ist Gift für die Ehe. Genau das versucht Rayna ihrem Mann auch zu vermitteln. Ich verstehe auch langsam Teddys Problem nicht mehr. Sie hat auf seine Bitte hin den Schlussstrich unter ihre Zusammenarbeit mit Deacon gezogen und sich damit für ihn entschieden. Seine wiederholten Fragen sind daher zeitlich total unpassend. Mir tritt die ganze Geschichte inzwischen auch zu sehr auf der Stelle.

"If you know what's good for you you'll just let her go, or you'll end up next to me in her sideshow"

Etwas konsequenter wird der Bruch mit Rayna dagegen von Seiten Deacons vollzogen. Im Gespräch mit Coleman sehen wir zunächst, dass man seine Sucht wohl niemals ganz überwinden, sondern sie nur im Griff haben wird. Der Besitz von Jolenes Tabletten macht Deacon sichtlich zu schaffen und die Übergabe an Coleman erleichtert ihm die Situation. Coleman ist es dann auch, der ihm rät, Rayna endlich gehen zu lassen ("It’s time to let her go."). Sinnbildlich nutzt Deacon dafür seinen Auftritt im Bluebird mit dem Song ]i]"Sideshow", der von einer unglücklichen Liebe eines Mannes zu einer im Rampenlicht stehenden Frau handelt, die aus seinem Leben verschwindet und ihn mit gebrochenem Herzen zurück lässt. Als Rayna Deacons Anruf aus dem Arrest nach seiner Schlägerei verweigert, ist das für ihn offenbar ein ausschlaggebendes Zeichen gewesen. Er erteilt Bucky schließlich doch noch die Rechtefreigabe. Für Deacon ein wichtiger Schritt in die Unabhängigkeit, weg von seiner "Sucht" von Rayna. Die Abnabelung ist vollzogen. Er lässt sie gehen.

Fazit

Die Folge war für mich über weite Strecken nur durchschnittlich. Raynas Story tritt mir zu sehr auf der Stelle und ihre Geldprobleme sind mir einfach nicht sichtbar genug, um glaubhaft zu wirken. Juliette hatte auch weniger starke Szenen als noch zuletzt und die Enthüllung des Geheimnisses von Teddy und Peggy lässt mich eher kalt und kann mein Interesse nur bedingt wecken. Am besten gefiel mir noch der Teil um Deacon. Sowohl sein Zusammenspiel mit Juliette zum Thema Freundschaft als auch seine Abnabelung von Rayna konnten mich überzeugen. Dabei wusste insbesondere sein Song "Sideshow" zu überzeugen, wie überhaupt der Musikanteil in dieser Folge wieder erfreulich größer als noch zuletzt war.

Jan H. - myfanbase

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