Bewertung

Review: #5.05 Judas

Foto: Julianna Margulies & Matt Czuchry, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Julianna Margulies & Matt Czuchry, Good Wife
© Paramount Pictures

Die neueste Episode von "Good Wife" stellt den Status Quo bei Lockhart/Gardner völlig auf den Kopf. Mit persönlichen Verbindungen wird gebrochen, neue Allianzen geschmiedet und mit Täuschung gearbeitet. Selbst die Politik in Form des frisch gewählten Gouverneurs spielt dabei eine nicht unentscheidende Rolle, die auch zu personellen Konsequenzen führt.

"This was never meant personally." – "I don't give a damn."

Seit einer Woche habe ich dieser Folge entgegen gefiebert und ich wurde ob meiner großen Erwartungshaltung nicht enttäuscht. Ich hatte gehofft, dass das Geschehen direkt an das Ende von #5.04 Outside the Bubble ansetzen würde und wir damit auch Wills Reaktion auf Dianes Nachricht zu sehen bekommen. Seine Sprachlosigkeit hat mich dann auch nicht verwundert. Was muss da in ihm alles zusammengebrochen sein? Fassungslos und ungläubig in Anbetracht des an Verrat grenzenden Vertrauensbruchs von Alicia, kann er lediglich nur noch einzelne Worte stammeln. Wie in Trance begibt er sich auf den Weg in ihr Büro. Allein bei dieser Szene mit der Montage von Bildern aus der gemeinsamen, glücklichen Vergangenheit, hatte ich mit dem emotional und innerlich aufgewühlten Will großes Mitleid. Mein Kompliment gebührt überhaupt Josh Charles, der gerade in den ersten Minuten dieser Folge eine großartige Performance hinlegt, die zu seinen stärksten wenn nicht sogar zu seinen besten Momente der Serie zählen. Zunächst noch cool, gelassen und ruhig, explodiert es plötzlich aus ihm heraus und erzeugte bei mir mit seinem Mix aus Wut, Enttäuschung und Verachtung einen heftigen, kalten Schauer.

Hinter Josh Charles muss sich aber auch Julianna Margulies keinesfalls verstecken. Mir gefiel es sogar ausgesprochen gut, wie Alicia so ruhig, sachlich und auf ihre Rechte pochend, auf Wills ersten Angriff reagierte. Das hat mir durchaus imponiert. Ihr gezogener Vergleich von Cary und ihr mit Diane und Will war da ein schönes, wiederkehrendes Element aus den vergangenen Folgen und es war amüsant zu sehen, wie vehement sich Will diesen Vergleich verbat. Schauspielerisch und dramatisch stark war auch Alicias "Auszug" aus der Kanzlei, der mit ihrem Tränenausbruch im Aufzug endete. Wills Verachtung auf ihren Entschuldigungsansatz, dass es nichts Persönliches sei, kann ich da genauso gut nachvollziehen, wie ihren emotionalen Ausbruch. So hatte sie sich das Ende ihrer beruflichen Beziehung zu Will sicher nicht vorgestellt. Andererseits muss man sich natürlich auch fragen, was sich Alicia denn erwartet hat? Dass Will von ihrem Weggang inklusive übernommener Kunden nicht begeistert sein wird, war schließlich abzusehen.

Im weiteren Folgenverlauf bildete sich auf jeden Fall ein sehr spannendes Wettrennen gegen die Zeit, die Klienten und die Zukunft beider Kanzleien, bei dem die Führung ständig wechselte. Hier wurde mit allen mehr oder weniger legalen Mitteln gekämpft. Auf der Seite von Lockhart/Gardner durfte hier vor allem David Lee sein ganzes Können in dieser Disziplin ausspielen, der vor schmutzigen Mitteln grundsätzlich nicht zurückschreckt. Da war letztendlich alles dabei, von der Manipulation der neuen Büroräume von Florrick/Agos & Associates, der Verleumdung bei Klienten bis hin zu einstweiligen Verfügungen. Aber auch Alicia muss sich in diesem Katz- und Maus-Spiel nicht verstecken, auch wenn sie mit weniger schäbigen Tricks arbeitet. Auf jeden Fall ist das mal eine Seite an Alicia, die zum Einen überrascht und ihr zum Anderen auch durchaus gut zu Gesicht steht. Diesen absoluten Siegeswillen, allen Unwidrigkeiten zum Trotz, wird sie als ihr nun eigener Chef, auch zukünftig noch benötigen. Aber am meisten verblüffte sie mich mit ihrer Reaktion auf den Judas-Vergleich von David Lee. "We're coming after you. All your clients. Every single one we worked to make happy while you swept in at the last minute to take credit. We're taking them. And then you know what you'll have? A very nice suite of offices." Der Stachel über den Umgang mit ihr in den letzten Jahren scheint doch tiefer zu sitzen, als ich gedacht hatte. Ich bin wirklich gespannt, ob uns Alicia in den kommenden Folgen noch mehr wird überraschen können.

Ähnlich stark wie die Anfangsszene zwischen Alicia und Will war auch die Auseinandersetzung von Diane und Cary. Ich mag Cary ja wirklich gerne, aber irgendwie blieb er häufig doch immer etwas die Figur am Rande, die ihr volles Potential nicht ausschöpfen konnte. Das war hier wirklich die mit Abstand beste Szene des Charakters und von Matt Czuchry als Darsteller. Ich kann auch beide Positionen gut verstehen, aber im Endeffekt tendiere ich leicht in Richtung Cary. Während bei Diane die persönliche Enttäuschung in Cary groß ist, zeigt dieser weniger Bedauern und bewegt sich eher in einer Rechtfertigungsposition. Seine Argumente haben aber grundsätzlich Hand und Fuß, und man muss sich wirklich die Frage stellen, ob hier von einem Diebstahl der Klienten gesprochen werden kann. Für die Zukunft wünsche ich mir gerne mehr solcher Szenen von Cary, die ihm auch endlich das längst überfällige und überzeugendere Profil verleihen würden.

In der ganzen Sache weitgehend undurchschaubar agierte wieder einmal Kalinda. Sie wusste ja nun schon länger von Carys Plänen und durch Robyn schließlich auch, dass Alicia darin involviert ist. Trotzdem hatte sie bislang keinen Ton gegenüber Will und Diane darüber fallen lassen. Stattdessen hat sie selbst nach dem Abgang von Alicia zunächst auch Robyn nicht auffliegen lassen. Ein loyaler Arbeitnehmer sieht doch anders aus. Daher war ich mir zwischenzeitlich auch gar nicht mehr sicher, ob ihr Angebot an Cary nicht doch ernst gemeint war. Zumal an ihrem Argument, dass die Kanzlei ohne Diane nicht überleben könne, in der Tat etwas dran ist. Letztendlich scheint sie mir aber doch zu sehr verletzt zu sein, dass erstens Cary sie nicht zu ihren Bedingungen engagiert hat und stattdessen Robyn den Vorzug gab und zweitens, dass Alicia sie nicht eingeweiht hat. Allerdings sollte sich auch Will fragen, ob er Kalinda zu 100 Prozent vertrauen kann. In seiner jetzigen Lage und vor dem Hintergrund der völligen Überraschung bezüglich Alicia, sollten bei ihm Zweifel angebracht sein. Außerdem weiß er durchaus von Kalinda und ihren nicht unüblichen Alleingängen. Auch hier kann man jedenfalls gespannt sein, wie Kalinda weiter agieren wird, zumal in Robyn ja auch eine interessante und ebenfalls fähige "Gegenspielerin" existiert.

Die Reihe der starken Szenen setzt sich mit dem Telefonat von Peter und Will nahtlos fort. Und obwohl sich die beiden gar nicht persönlich gegenüberstehen, gelingt es nahezu perfekt, eine zwar beherrschte, aber aggressive Stimmung zwischen den beiden entstehen zu lassen. Die Rivalität der beiden beschränkte sich bislang stets um Alicia im Privatleben und findet nun eine zusätzliche feindliche Komponente im Hinblick auf die entstehende Konkurrenz der Kanzleien. Offen bleibt für mich nach wie vor, inwiefern Peter eigentlich von der tatsächlichen Affäre seiner Frau mit Will weiß. Unterschwellig scheint mir in dieser Hinsicht ein entsprechender Unterton bei Peter im Gespräch vorhanden zu sein. Mit der Parteiergreifung für seine Frau begibt sich Peter als frisch gewählter Gouverneur aber auch auf ein gefährlich, dünnes Eis. Seine durchaus als Drohung aufzufassenden Worte an Will sind seines Amtes natürlich nicht würdig und würden ihm sicher schaden, sollte dies an die Öffentlichkeit gelangen. Bei seiner Ethikexpertin Marilyn (wo ist sie eigentlich, wenn sie gerade einmal wirklich von Nöten ist?) würden sicher sofort die Alarmglocken schrillen. Die Rolle darf aber solange Eli übernehmen, dem die Bedenken bezüglich Peters Aktionen förmlich ins Gesicht geschrieben stehen. Schon die noch relativ gut verpackte Androhung einer Steuer für IT-Unternehmen war eine ziemlich grenzwertige, wenn letztendlich auch effektive Sache. Mit der Bitte, Eli möge sich um Ersatzkandidaten für Dianes versprochenen Richterstuhl bemühen, geht er möglicherweise einen folgenschweren Schritt zu weit. Und Diane ahnt bereits, dass ihre Chancen auf die Berufung rapide am Sinken sind. Ich bin bisher eigentlich immer ein Fan von Diane gewesen, aber in der Situation, als sie bei Eli auftauchte und nach der Richterstelle fragte, empfand ich sie doch als etwas scheinheilig. Sie war es doch, die Alicia bei Will verriet und jetzt wird ihr wohl erst richtig klar, dass sie damit ihre eigene Zukunft verspielt haben könnte. Die Reue kommt nun aber wohl zu spät. Damit bewahrheitet sich dann auch ein wenig die Spekulation, die ich bereits am Ende der vierten Staffel äußerte. Schon damals konnte ich mir nicht so richtig vorstellen, wie eine dauerhafte Einbindung von Diane als Richterin aussehen sollte. Nun deutet also alles darauf hin, dass sie zusammen mit Will weiterhin die Namensgeberin der Kanzlei bleiben wird.

Drei Dinge noch am Rande: Der Flirt von Cary Nr. 2 mit Grace in Alicias Küche deutete hoffentlich nur noch einmal an, dass Grace erwachsen wird und Alicia weiterhin noch lernen muss, dies zu akzeptieren. Für ein ernsthaftes Interesse von Cary Nr. 2 an Grace ist sie doch wirklich noch zu jung. Zudem wäre das auch keine Geschichte, die ich weiterhin sehen wollte. Für den Comic Relief der Folge sorgten, zwischen all ihrem persönlichen Stress, Will und Alicia bei ihrem Telefonat, als er ihr den Anruf von Grace ausrichtete ("Thanks." – "You're welcome."). Am Ärgerlichsten empfand ich aber den Quickie von Alicia und Peter, während zeitgleich in den Zimmern nebenan die Anwälte der neuen Kanzlei zusammensaßen. Es ist ja schön und gut, dass Peter sich von Alicias neuer Rolle angezogen fühlt, aber wirklich in dieser Situation? Solche eher irritierenden Ehemomente gab es ja auch schon während des Wahlkampfes in Staffel vier. Das wollte man damit wohl fortsetzen, empfand ich hier persönlich aber als absolut unnötig und unangebracht.

Fazit

Die Folge war für mich eins der absoluten Highlights der ganzen Serie. Neben der Intensität der Darstellung, die nahezu alle Akteure förmlich über sich hinauswachsen ließ, sind es vor allem die nun neu geschaffenen, erzählerischen Möglichkeiten, die "Good Wife" kräftig durcheinanderwirbeln werden und damit eine spannende Ausgangsbasis für den weiteren Staffelverlauf bilden. Ein dickes Lob an die Autoren, die vor den tiefgreifenden Änderungen nicht zurückschreckten und es dabei auch gut verstanden, Anwälte und Politik unter einen Hut zu bekommen. Mit Peters Manövern droht hier bereits zusätzliches Ungemach, das für Alicia möglicherweise auch Auswirkungen im privaten Bereich zur Folge haben wird. Wenn es überhaupt etwas zu mäkeln gibt, dann wäre das der unnötige Quickie, was aber in meiner Euphorie ob der grandiosen Episode zu vernachlässigen ist. Für packend, unterhaltsame Geschichten ist jetzt auf jeden Fall gesorgt und ich freue mich schon tierisch auf die nächsten Folgen.

Jan H. - myFanbase

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