Bewertung

Review: #4.04 Versuchsperson 9

Foto: Seth Gabel, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Seth Gabel, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Den am Ende meiner letzten Review geäußerten Wunsch, den Fokus dieser Staffel einmal auf die noch nicht ganz klare Handlung bezüglich des Konfliktes zwischen den beiden Universen zu legen, kam auch #4.04 Subject 9 nicht nach. Stattdessen zeigte man intensiviert die Auswirkungen durch die vermeidliche Auslöschung Peters, diesmal besonders in Hinsicht auf Walters und Bells Kinderexperimente mit Cortexiphan. Ach ja, und Peter ist wieder da.

Peter ist wieder da? Oh ja, Peter ist wieder da! Oder für alle, die über Peters Rückkehr genauso überrascht waren wie ich:

PETER IST WIEDER DA! ... daaaa dam!

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Auch hier muss mal wieder eine kleine Anekdote über mich und meinen kleinen Bruder her – oder viel mehr eine Tatsache. Denn während ich zu den Zuschauern gehöre, die den Verlauf bzw. den Ausgang eines Films bereits nach wenigen Minuten erahnen können, gehört mein Bruder zu denen, die zwar einen Film sehen, aber dennoch blind verfolgen und selbst bei den deutlichsten Anzeichen einer eventuellen Wendung während des Films keinen blassen Schimmer haben, bis es letztendlich so weit ist. Da war es dann immer ganz amüsant, in ein völlig perplexes oder zumindest halbwegs überraschtes Gesicht zu sehen, während man sich selbst vor dem geistigen Auge bereits ausmalt, wie der Film zu Ende gehen bzw. welche Wendung auf einen zukommen wird. Noch interessanter war dann allerdings die Tatsache, dass mein Bruder selbst die vorhersehbarsten und daher auch langweiligsten Filme immer wieder mit Spannung verfolgte und sie am Ende gar als gut befand. Da kam mir der Gedanke, dass solch ein "blindes Zusehen" eigentlich wirklich seine Vorteile hat. Es gibt ja den gemeinen Witz über Alzheimererkrankte, dass sie immerhin den Vorteil hätten, dass sie jeden Tag neue Menschen kennen lernen. Haben solche Zuschauer, wie mein Bruder, dann nicht den neidvollen Vorteil, dass sie bei jedem Film blendend unterhalten werden?

Beim Ansehen von #4.04 jedenfalls habe ich mich selbst dabei erwischt, blind zuzusehen und konnte auch wirklich gut davon profitieren. Denn obwohl man es sich wirklich hätte denken können, dass es sich bei der merkwürdigen blauen Projektion, die Olivia zu verfolgen schien, um Peter handelte, verschwendete ich keinen einzigen Gedanken daran. Umso überraschter war ich dann, als plötzlich Peters Gesicht in jener Projektion zu erkennen war. Daraus resultierte dann auch, dass ich das Mysterium um die blaue Projektion und Walters und Olivias Forschungen, was es damit auf sich hat, wirklich sehr gespannt verfolgte, da mir einfach nicht in den Sinn kam, was es damit auf sich haben könnte. An dieser Stelle bin ich also wirklich dankbar, dass ich mal nicht den vollen Durchblick hatte, denn ich kann durchaus verstehen, dass diejenigen, die aus irgendwelchen Gründen schon genau wussten, was hinter der blauen Projektion steckt, weniger Freude an der Story dieser Episode hatten. Natürlich fehlte es dann an Spannung und überraschenden Momenten – also genau an den Punkten, die mich wiederum so an diese Folge fesseln konnten.

"If you don't mind, I think I should urinate before we leave. And don't worry, I packed us sandwiches."

Doch auch für jene, die nicht von dieser Art von Blindheit profitieren konnten, sollte diese Episode auch andere Stärken gehabt haben. Vor allem Walter, der in dieser Folge stark im Mittelpunkt stand, hatte erneut grandiose Momente zu bieten, die manche voller bitterer Tragik steckten, andere einfach nur zum Lachen animierten, weshalb diese Folge diesbezüglich wirklich eine erstklassige Balance bot. So hatte man ein breites Grinsen auf der Backe, als Walter mit Olivia in einer Bar saß und ihr zeigte, wie man ein Root Beer richtig trinkt, während man wenige Minuten zuvor noch Grand Canyon-ähnliche Sorgefalten auf der Stirn hatte, nachdem Walter aus Wut sein Hotelzimmer verwüstet hat. Generell waren besonders seine Szenen mit Olivia stark, deren Beziehung in dieser Staffel sehr interessant ist. So scheint Olivia ganz anders mit Walter umzugehen, wie noch in den vorherigen Staffeln. Zwar wirkte sie an der ein oder anderen Stelle deutlich überfordert, gleichzeitig jedoch auch weniger ungeduldig und dafür fürsorglicher. Nach schon besagter Szene, in der Walter sein Hotelzimmer auseinander genommen hat, hätte ich jede Reaktion von Olivia erwartet, aber nicht, dass sie ihn besorgt zu einem Gang in eine Bar einlädt. Daher kann man ruhig sagen, dass das Verschwinden Peters eben auch seine Vorteile hat. Zwar fehlt dem ein oder anderen sicher die schöne Vater/Sohn-Dynamik, aber Walters Zusammenspiel mit Astrid bzw. Olivia entschädigt mehr als genug dafür. Recht vorhersehbar war natürlich die Tatsache, dass Olivia Walter nicht wieder zurück in die Psychiatrie schicken wird. Nichtsdestotrotz war es herzerwärmend, als Walter erfährt, dass Olivia einer Wiedereinlieferung widersprochen hat. Grandiose Szenen führten also dazu, dass auch die Zuschauer, denen der Mainarc der Story ein wenig zu vorhersehbar ausfiel, sich gut unterhalten gefühlt haben sollten.

"Walter, did you hear Nina?" "Of course I heard her. Her voice goes right into my inner ear and rattled around like razor blades."

Derweil hat man uns Zuschauern wieder einmal gezeigt, wie sehr sich die Realität ohne Peter von der uns bekannten vorherigen Realität unterscheidet. Besonders die Beziehungsverhältnisse zwischen einigen Charakteren scheint nun völlig auf den Kopf gestellt worden zu sein. Genauer: Die Beziehung zwischen Nina und Walter, bzw. Nina und Olivia. Und ja, Nina wurde nicht aus der Zeitlinie gelöscht und war tatsächlich mal wieder, das erste Mal seit #3.20 6:02 Uhr, in der Serie zu sehen. Die schon erwähnten, neuen Beziehungsverhältnisse fallen recht markant aus. Erinnern wir uns zunächst einmal zurück, wie das Ganze in der "alten" Realität aussah. Da waren Nina und Walter enge und langjährige Freunde, die sich einiges anvertrauen konnten und immer wieder füreinander da waren. Besonders Nina half Walter nicht nur einmal auf die Beine. Dagegen war das Verhältnis zwischen Olivia und Nina immer ein wenig angespannt. Nina versuchte zwar so gut es ging, Olivias Vertrauen zu gewinnen, aber wirklich funktionieren wollte das nie. Nun, in der "neuen Realität", kehrt sich das Ganze um. Nina scheint für Olivia eine richtige Vertrauensperson zu sein, was man nicht nur an der Art und Weise merkt, wie locker und freundschaftlich die beiden miteinander umgehen, sondern auch an der Tatsache, dass erwähnt wird, dass Nina auf Olivias Abschlussball war. Andererseits müssen wir in Zukunft wohl auf schöne Walter/Nina-Szenen verzichten, denn deren Verhältnis wiederum ist mehr als angespannt und besonders Walter scheint Nina – gelinde gesagt – nicht mehr wirklich irgendwelche Sympathien entgegenzubringen. Diese neuen Beziehungsverhältnisse sind natürlich sehr interessant, doch nun hoffe ich, dass man das Ganze nicht einfach so stehen lassen wird, sondern auch in Zukunft ein wenig erläutert, wie es dazu kam. Weshalb scheint Walter so einen Hass auf Nina zu haben? Was genau ist da in der Vergangenheit vorgefallen? Und wie wirkte sich Peters Nichtexistenz auf die nun völlig verdrehte Beziehung zwischen Nina und Olivia aus? Weshalb kennen sie sich in dieser Realität bereits seit Olivias Jugendjahren oder sogar noch früher?

Abgesehen davon durfte es natürlich auch nicht fehlen, dass man früher oder später in der Realität ohne Peter Walters Experimente an Kindern in Jacksonville thematisieren wird. Dieser Part war allerdings ein wenig schleppend, denn im Prinzip wurde uns nichts wirklich Neues geboten, bis auf die ein oder anderen kleinen Veränderungen, wie etwa der Tatsache, dass die Experimente bereits gestoppt wurden, nachdem Olivia geflohen war bzw. dass die Fringe Devision niemals Kontakt mit den anderen Cortexiphan-Subjekten, wie bspw. Nick Lane, aufnahm. Während das noch recht interessant war, wurde es ein wenig schleppend, als Olivia und Walter Subjekt 9 alias James Cameron kontaktierten, also eines der ehemaligen Kinder, an denen Walter früher Cortexiphan testete. Was wir dann erlebten, war im Prinzip nur ein Aufwasch von Szenen, die wir im Verlauf der Serie schon auf ähnlicher Art und Weise gesehen haben, sei es das Faktum, dass James durch diese Experimente ein recht bedauerliches Leben führen muss oder eben die ständigen Anschuldigungen, was für ein schlimmer Mensch Walter früher gewesen war. Die einzig gute Szene, die es in diesem Zusammenhang im Übrigen zu sehen gab, war der Moment, in dem Astrid das erste Mal erfährt, dass Walter mit Kindern experimentierte, wo man dann deutlich sehen konnte, wie sehr Walter auch in dieser Realität unter seinen vergangenen Taten zu leiden hat. Insgesamt hätte man dem Handlungsstrang in dieser Folge allerdings nicht so viel Relevanz schenken müssen, denn trotz neuer Realität wirkte das Ganze schon bekannt.

"Olivia! Thank God you're here!" "Who are you?"

So, kommen wir nun zum Paukenschlag der Episode. Und da werden wohl auch die überrascht gewesen sein, die die ganze Zeit eine Verbindung zwischen der blauen Projektion und Peter hergestellt haben, denn auch diejenigen werden nicht unbedingt erwartet haben, dass #4.04 mit Peters Rückkehr endet. Passenderweise, und im wahrsten Sinne des Wortes, taucht Peter wieder dort auf, wo er eigentlich hätte gestorben sein sollen, nämlich im Reiden Lake. All diejenigen, die während der Season die Befürchtung äußerten, dass mit Peters Rückkehr wieder der Status Quo hergestellt werden könnte, werden Olivias Worte an Peter gerne gehört haben. Und all jene, denen nach wie vor das Herz blutet, weil Olivia und Peter nach Peters Verschwinden wohl auf ewig eine Beziehung verwehrt bleibt, werden bei Olivias Worten wiederum gespürt haben, wie innerlich ihr Herz zerreißt. "Who are you?", fragte Olivia, nachdem Peter ihr freudestrahlend in die Arme fallen wollte. Olivia, und somit wohl auch alle anderen, haben keine Ahnung, wer Peter ist, während Peter sich offenbar noch an alles zu erinnern scheint.

Nun bleibt es spannend abzuwarten, wie die Autoren Peters Rückkehr angehen werden. Wie wird Peter damit umgehen, dass sich niemand an ihn zu erinnern scheint? Und wie gehen Walter und Olivia damit um, dass plötzlich ein Mann aufgetaucht ist, der behauptet, Walters eigentlich verstorbener Sohn bzw. Olivias große Liebe zu sein? Werden sich die anderen Charaktere jemals wieder an Peter erinnern? Und wenn ja, verfällt die Serie dann wieder in die alte Realität und der Handlungsstrang um Peters Verschwinden war letztendlich doch nur Zeitverschwendung? Und was werden die Beobachter tun? Schließlich wollten sie Peter aus der Zeitlinie rauslöschen.

Die kommenden Folgen haben sehr viel aufzuholen, weshalb ich schon fast befürchte, dass der rote Faden um die beiden Universen noch weiter in den Hintergrund gerät. Daher wäre ich auch mehr als enttäuscht, wenn man die ganze Handlung um Peter nicht früher oder später intensiv in die Hauptmythologie der Serie mit hineinverflechtet und sich am Ende herausstellt, dass das Ganze relativ für die Katz’ war. Aber eigentlich hatte ich mir ja geschworen, die Storyline um Peter erst dann genauer unter die Lupe zu nehmen und zu bewerten, wenn man auch wirklich weiß, welche Funktion sie hatte ... bzw. ob sie überhaupt irgendeine relevante Funktion einnahm.

"Claire, will you please man the cameras in my absence?"

"Claire? Really? That doesn't even start with an A."

Daher belassen wir es bei folgenden Tatsachen: Peters Rückkehr verspricht enorm interessantes Potential für #4.05 Novation, während #4.04 Subject 9 erneut beweisen konnte, dass "Fringe" zu den Serien gehört, denen es gelingen könnte, ihre Charaktere für eine ganze Episode nur in einen gemeinsamen Raum zu sperren und daraus dennoch so spannende, mitreißende und herzerwärmende Momente resultieren würden, wie man sie nur selten in einer Serie zu Gesicht bekommt. Und dennoch hat man nach den mittlerweile ersten vier Folgen der vierten Staffel irgendwie das Gefühl, dass "Fringe" noch nicht auf dem Niveau angekommen ist, das es locker erreichen könnte.

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:

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