Bewertung
Christopher Landon

We Have a Ghost

Foto: We Have a Ghost - Copyright: 2023 Netflix, Inc.
We Have a Ghost
© 2023 Netflix, Inc.

Inhalt

Die Familie Presley sucht in Chicago den Neustart und so setzt sich Vater Frank (Anthony Mackie) durch, dass sie ein renovierungsbedürftiges und dafür sehr günstiges Haus kaufen. Die Familie weiß aber nicht, dass den niedrigen Preis vor allem ein herumspukender Geist namens Ernest (David Harbour) verursacht hat, der Familie an Familie aus den vier Wänden verjagt hat. Doch der jüngere Presley-Sohn Kevin (Jahi Di'Allo Winston) lässt sich von dem Geist nicht erschrecken und nimmt ihn stattdessen mit seinem Handy auf. Während er sich nach und nach mit Geistern beschäftigt und vermutet, dass Ernest noch durch etwas Unabgeschlossenes an die Welt gebunden ist und er ihm dabei helfen will, entdecken Frank und Fulton (Niles Fitch) das Video und sehen darin die Möglichkeit, das große Geld zu machen. Das ruft aber irgendwann die Wissenschaftlerin Dr. Leslie Monroe (Tig Notaro) auf den Plan, die Ernest für einen Terroristen hält und deswegen die CIA einschaltet, um ihn gefangen zu nehmen. Für Kevin und Ernest rast die Zeit, mehr über die Vergangenheit des Geistes herauszufinden, während sie von der CIA gejagt werden.

Kritik

Auf "We Have A Ghost" bin ich mehr der Schauspieler*innen wegen aufmerksam geworden, als dass mich die Plotidee hätte vom Hocker reißen können. Das Genre Horror ist für mich ohnehin immer eine sensible Thematik. Zwar deutete schnell alles auf eine vorrangig als Komödie zu sehende Handlung hin, aber Thema Geister genieße ich dennoch mit Vorsicht. Daher mussten Namen wie Anthony Mackie, Dabid Harbour, Niles Fitch oder auch Scene Stealerin Jennifer Coolidge herhalten, um letztlich das Zünglein an der Waage zu sein. Dennoch war es eigentlich ein ganz anderer Schauspieler, der mich im ersten Viertel emotional an die Handlung gebunden hat, nämlich: Jahi Di'Allo Winston. Ich habe ihn das erste Mal in einer Hauptrolle gesehen und ich fand schnell, dass er für Kevin toll besetzt war. Denn dieser sensible, grüblerische Jugendliche hat es mir sofort angetan. Inmitten seiner von Wahnsinn befallenen Familie ist er der Kompass, weil man sich sofort mit ihm identifiziert. Denn die Familie war wirklich stellenweise extrem anstrengend und ja fast schon unsympathisch. Da hat auch Mackie den selbstsüchtigen und ach so ultracoolen Vater Frank nicht retten können, ebenso wenig wie Fitch den älteren Bruder Fulton, der sich selbstverliebt seine Selfies anschaut und offenbar nur das eine im Kopf hat. Selbst Mutter Melanie (Erica Ash) konnte es mir da nicht antun, weil sie in dem Testosteron-Sumpf viel zu passiv erschien. Dementsprechend hat es diese Figur Kevin dringend gebraucht, um sich festhalten und in dem Film erstmal zurechtfinden zu können. Angesichts von Kevins ganzer in sich ruhender Art hat es auch gepasst, dass er auf den Geist auf dem Speicher so gelassen reagiert und angesichts seiner Versuche, das Schreckensgespenst zu geben, nur lachen konnte. Denn Kevin hat seine Familie: er kennt das Schrecken der Welt schon.

Ich fand das Duo aus Kevin und Ernest wirklich herrlich. Auch wenn Harbour als Geist nicht sprechen kann, so hat er über Gestik und Mimik genug anzubieten, um seiner Figur sofort genug Tiefe zu verleihen. Ich fand es auch einen genialen Kniff, dass er als 'Ausgleich' quasi berühren kann, wenn er will. Ihn kann niemand berühren, aber er kann wiederum bewusst eine Berührung herstellen. Schon als Ernest sich bemüht hat, Kevin zu verschrecken, hat man deutlich gesehen, wie halbherzig er das nur ausführt. Denn er ist niemand, der in der Rolle des Geistes aufgeht. Ernest kennt seine Geschichte nicht, aber er spürt, dass es etwas Ungeklärtes in seinem Leben gibt und dass er vom Wesen her eben kein Schreckensgespenst ist. Indem Kevin darüber von Anfang an hinwegsieht, können die beiden zueinander Vertrauen fassen. Da haben sich sofort zwei Seelen gefunden und ich fand es da gerade bei Harbours Mimik toll, dass man ihm so schnell angemerkt hat, wie viel der Jugendliche und seine Offenheit ihm bedeuten. Zu diesem Duo kann man dann auch noch Nachbarin Joy (Isabella Russo) hinzupacken, die für meinen Geschmack zwar noch etwas besser hätte ausgearbeitet werden können, die aber dennoch keinen Zentimeter Vorurteile in sich hat, weswegen sie das Zusammenspiel mit Kevin und Ernest auch sofort als Abenteuer sehen kann.

Die wahnsinnigen Presleys bleiben aber dennoch ein Faktor, denn nachdem Vater und Sohn darauf gestoßen sind, dass sie einen Geist auf dem Speicher haben, sehen sie den großen Durchbruch gekommen und tatsächlich geht das Video viral. Diese Idee des Films fand ich schon sehr lustig, zumal dann auch die Darstellung von Social Media und wie auf den diversen Kanälen reagiert wurde, ein echtes Highlight des Films war. Typische Phänomene aus den sozialen Netzwerken wurden herrlich durch den Kakao gezogen und alleine diese kurze Sequenz kann man dann auch als Anschauungsmaterial nutzen, wie unsere heutige Welt online funktioniert. Das ganze Chaos führt dann auch zum (mal wieder) ikonischen Auftritt von Coolidge. Auch wenn sie auf eine Art immer dieselben Rollen spielt, aber es jedes Mal so pointiert hinzubringen muss ihr überhaupt mal jemand nachmachen. Es ist eben auch der Moment, wo Ernest zunehmend Spaß an seiner Rolle gewinnt. Denn nun hat er in Kevin einen Freund und sie können gemeinsam darüber lachen, was er so treibt. Dieser Spaß überträgt sich auf die ganze Sequenz mit dem Filmteam im Haus der Presleys. Hier hat man insgesamt deutlich gemerkt, dass es aus Sicht der Comedy-Anteile die beste Phase des Films ist.

Ein Bruch kam für mich durch die Rolle von Leslie Monroe. Auch wenn mir spontan keine andere Möglichkeit einfällt, wie man den Film um eine weitere Wendung hätte gestalten können, aber ich fand die daraus initiierte Jagd der CIA auf Ernest etwas blass. Es gab zwar einige Action-Szenen und dabei auch viel Spaß, was die doch lange Spielfilmlänge kurzweilig erscheinen lässt, doch die ganze Motivation hinter dieser Jagd blieb mir schleierhaft. Zumal es den Eindruck weckt, dass Leslie eine persönlich motivierte Agenda hat, die aber nicht wirklich erklärt wird. Deswegen steht auch die später erfolgte emotionale Szene mit Ernest etwas leer im Raum. Deswegen hätte man es entweder noch sorgfältiger ausarbeiten müssen oder dann eben gänzlich darauf verzichten. Aber es ist eine allgemeine Beobachtung bei "We Have A Ghost", wie schon bei Figur Joy angedeutet, es gibt Ansätze, die aber bei oberflächlich verharren.

Die Suche nach der Wahrheit, wer Ernest wirklich ist und was seine Geschichte ist, ist der große Fokus des letzten Viertels und es ist auch der Aspekt, der dem Film noch eine unerwartete große Portion Tiefsinnigkeit verleiht. Auch wenn das Miteinander von Kevin und Ernest schon angedeutet hatte, dass viel möglich ist, war ich doch überrascht, wie sehr mich alles noch berührt hat. Auch wenn es zu etwas absurden Slasher-Szenen noch führt, aber es ist auch schön, dass die Presleys als Gesamtfamilie sich noch einmal beweisen dürfen. Da schließt sich dann auch der Kreis zu Frank und Fulton, die endlich etwas menschlicher werden. Zwar hätte es auch hier einfach noch etwas mehr sein können, aber es ging auch mehr um Ernest und seine Geschichte und die wurde sehr rund und wunderschön aufgelöst. Diesen Film kann man daher trotz der ganzen wilden Eindrücke sehr friedlich hinter sich lassen.

Fazit

"We Have A Ghost" ist ein wilder Genremix, aber ich war vor allem positiv angetan, dass auch inmitten von Comedy und Action noch Zeit für genug Tiefgang war, was dem Film etwas Besonderes verliehen hat. Er ist sehr kurzweilige Unterhaltung und an manchen Stellen zu oberflächlich, aber insgesamt definitiv eine Empfehlung wert.

Zum Netflix-Special auf myFanbase

Lena Donth - myFanbase
08.03.2023

Diskussion zu diesem Film