Im Spotlight: 7 Gründe "Fleabag" zu schauen

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Fleabag
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Bei der Menge an Serien, mit denen wir im 21. Jahrhundert regelrecht überschwemmt werden, kann sich niemand davon freimachen, vermutlich die ein oder andere Serienperle schlichtweg verpasst zu haben. Manches Mal gelingt es einem aber doch noch, wenn auch verspätet, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen und so erging es mir mit der Comedyserie "Fleabag", die auf BBC Three in Erstausstrahlung, aber auch auf Amazon Prime zu sehen ist. "Fleabag" war in aller Munde, nicht zuletzt durch die elf Nominierungen bei den diesjährigen Emmys. Und ich dachte mir immer nur, wer oder was ist bitte Fleabag? Um meine Neugierde zu stillen, habe ich mal in die Serie hineingeschaut, die durch jeweils sechs halbstündige Episoden verteilt auf zwei Staffeln wirklich schnell zu bingen ist. Warum ich davon nicht eine Sekunde bereut habe, erfahrt ihr nun anhand von sieben Gründen.

  • Grund 1: Ich fange mal mit dem offensichtlichsten Grund an, der sich auch in den Nominierungen für die Emmys widerspiegelt: der Cast. Gleich fünf Darstellerinnen sind für ihre Auftritte in "Fleabag" berücksichtigt worden, was ich nur zu gut nachvollziehen kann. Der Cast ist insgesamt klein gehalten, so dass die Schauspieler ihre Figuren mit allen möglichen Facetten füllen können und es ist ein wahrer Genuss dabei zusehen zu dürfen. Natürlich ragt dabei Phoebe Waller-Bridge heraus, die die Titelfigur darstellt und die in jeder Szene zu sehen ist. Aber sie hat auch Darsteller zur Seite gestellt bekommen, die mit ihr problemlos mithalten können, so dass sich ein rundes Bild ergibt, auf dem die weiteren aufgezählten Gründe fußen.
  • Grund 2: Die Erzählweise dieser Comedyserie ist höchst ungewöhnlich. Hauptfigur Fleabag spricht direkt mit dem Zuschauer, was gerade in den ersten Minuten der Serie zunächst total bizarr auf einen wirkt. Während sie sich mit einem Mann im Bett vergnügt, kommentiert sie sämtliche Handlungen und genau dieses Schema macht den Stil dieser Serie aus. Im weiteren Verlauf der Staffeln ist mir das nicht mehr so extrem aufgefallen, ob nun, weil ich mich daran gewöhnt habe oder weil sie es am Anfang einfach nur auf die Spitze treiben wollten, weiß ich nicht. Es ist aber ein Alleinstellungsmerkmal, das zudem durch das Schauspiel von Waller-Bridge perfektioniert wird. Wie sie mimisch mit der Kamera spielt, ist bewundernswert. Und wäre nicht schon ihr Gesagtes zum Totlachen, so ist es spätestens ein Augenzwinkern oder eine hochgezogene Augenbraue.
  • Grund 3: "Fleabag" spielt viel mit wiederkehrenden Elementen, also mit Running Gags, die sich durch die Handlung ziehen und die Serie daher auch wirklich wie eine gut durchdachte Einheit wirken lassen. Herrlich ist z. B., dass zig Figuren keinen Vornamen erhalten. Der Name von Fleabags Vater (Bill Paterson) wird nicht erwähnt, seine zweite Frau (Olivia Colman) ist einfach nur Godmother, eine Affäre wird uns nur als Arsehole Guy (Ben Aldrige) vorgestellt, weil er auf Analsex steht, und Fleabags große Liebe in Staffel 2 ist einfach nur The Priest (Andrew Scott). Ein durchgängiges Element ist auch eine goldene Büste, die von Godmother gestaltet wurde und die als Diebesgut, Geschenk und Auszeichnung auftreten darf. Fleabags Schwester darf einen Vornamen tragen: Claire (Sian Clifford) und prompt wird hiermit gespielt, indem sie einen Verehrer an die Seite gestellt bekommt, der Klare (Christian Hillborg) heißt. Die Witze, die durch diese Homophone möglich sind, sitzen dann auch wie eine Eins.
  • Grund 4: "Fleabag" lebt auch von ganz vielen besonderen Beziehungen, von denen ich zwei hervorheben möchte. Auf der einen Seite ist das die Schwesternbeziehung zwischen Fleabag und Claire. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein, sie streiten sich leidenschaftlich gerne und sie lassen keine Gelegenheit aus, um sich gegenseitig zu mokieren, aber dennoch merkt man in jeder gemeinsamen Szene den Respekt und die Liebe füreinander und das ist für jeden mit Geschwistern einfach nur rührselig anzusehen. Ganz anderer Natur ist dagegen die Beziehung von Fleabag zu Godmother. Die beiden hassen sich zutiefst, aber nach außen hin demonstrieren sie Liebenswürdigkeit und Anerkennung füreinander, britische Höflichkeit eben. In den eher unbeobachteten Momenten kommen dann spitzzüngige Bemerkungen hervor und wenn sie ganz alleine sind, gibt es nur noch offenes Visier. Diese Szenen sind mir in der gesamten Serie am liebsten, da sich Waller-Bridge und Colman mit ihrem Können gegenseitig an die Wand spielen. Sie sollte man demnächst nur noch zusammen besetzen.
  • Grund 5: Da es sich bei "Fleabag" um eine Comedyserie handelt, muss ich eigentlich gar nicht hervorheben, dass die Lacher sitzen. Hier wird mit sarkastischem, todernsten britischen Humor gearbeitet und das gelingt einfach super. Dennoch hat auch diese Serie eine emotionale Schwere, die sich selbst durch den lustigsten Witz zieht. Fleabag ist ganz enorm durch ihre beste Freundin Boo (Jenny Rainsford) geprägt worden, mit der sie auch gemeinsam ein Café eröffnet hat. Ihr unerwarteter Tod hat sie aber fest im Griff, auch wenn sie das durch aufgesetzte Fröhlichkeit zu überspielen versucht. Nach und nach wird aufgedeckt, was es mit den Umständen genauer auf sich hat und da vergeht einem das Lachen dann wieder.
  • Grund 6: Dieser sechste Grund ist ein ganz persönlicher, denn als Besitzerin von Meerschweinchen hat es mir sehr gefallen, dass die Rolle des Haustiers mal nicht von Hund und Katze besetzt ist. Fleabag hat Boo mit einem Geschenk vollkommen aus den Socken hauen wollen und kam mit einem Meerschweinchen an, das fortan die gesamte Gestaltung des Cafés beeinflusst hat. Obwohl Fleabag selbst keine tiefe Liebe für Hilary entwickelt hat, kann sie es nach Boos Tod nicht einfach weggeben. Über die zwei Staffeln hinweg entwickelt sich so eine nette Geschichte, wie Fleabag schließlich doch noch ihr Herz für Hilary entdeckt. Daher hat das Meerschweinchen seinen Platz auf dem Serienposter sich nun wahrlich verdient!
  • Grund 7: "Fleabag" ist nach den zwei veröffentlichten Staffeln offiziell beendet, auch wenn man in Zeiten von zahlreichen Reboots und Revivals ja nie mehr niemals sagen kann. Hier empfinde ich das Ende aber als richtig. Die erste Staffel war schon gut, aber die zweite ist noch besser und man soll ja schließlich aufhören, wenn es am schönsten ist. So gesehen habe die Involvierten alles richtig gemacht. Auch innerhalb der Serie hat man ja in jeder Szene gemerkt, wie sehr alles durchdacht ist. Nach der letzten Szene mag noch einiges offen sein, aber Fleabag selbst hat sich von den Kameras verabschiedet. Diese Szene ist genial als Schlusspunkt, von daher sollte es so bleiben, wie es jetzt ist.

Fazit

"Fleabag" ist eine vollkommen zurecht gefeierte Comedyserie, die mit einem großartigen Cast, mit klar durchdachten zwei Staffeln und zahlreichen Running Gags eine kurzweilige Unterhaltung bietet, die wohl niemand als Zeitverschwendung einstufen würde.



Lena Donth - myFanbase
20.09.2019 12:08

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