Review: #3.10 Dreck begräbt die Moral
Wenn man in den aktuellen Folgen von "Prison Break" nach dem größeren Zusammenhang sucht und darauf hofft, dass Fragen nach dem Sinn des Ganzen beantwortet werden, so muss man mit einer Enttäuschung rechnen. Die Folgen bieten zur Zeit kleine abgeschlossene Handlungen, die zwar im Einzelnen ähnliche Hürden für Michaels Fluchtplan bedeuten, wie wir sie in der ersten Staffel gesehen haben, insgesamt folgen diese Geschichten aber keinem roten Faden, der mit dem des früheren Handlungsverlaufs vergleichbar wäre. Die letzten beiden Folgen könnte man beinahe als Stand-Alone-Folgen betrachten.
Genauso wie in #3.09 Boxed In ein neuer Handlungsstrang um den General Zavala aufgebaut und innerhalb derselben Folge durch seine Ermordung auch direkt wieder beendet wurde, so wird in dieser Folge durch Sammys Meuterei und Lecheros Entmachtung eine neue Richtung eingeschlagen, die aber ebenso wie in der vorhergehenden Folge durch Sammys Ermordung wieder beendet wird. Für das große Ganze hat dies allenfalls den Effekt, dass wir mehr und mehr erkennen, dass jede Partei bereit ist, kurzen Prozess mit denjenigen zu machen, die sich ihnen in den Weg stellen.
Nimmt man die Folgen nun also als mehr oder weniger abgeschlossene Episoden, so war diese ausgesprochen fesselnd! Es fehlte keinen Moment an Action und Spannung. Endlich hatte mal wieder jeder der Hauptcharaktere seine Daseinsberechtigung, und endlich hatten sowohl T-Bag als auch Alex wieder richtig gute Szenen! Robert Knepper war lange nicht so widerlich, aber auch lange nicht mehr so witzig wie in der Szene vor dem Tunnel. "You hear that, lawman?"
Michael und das Töten
Michael führt nunmehr also zum ersten Male bewußt den Tod eines Menschen herbei – Sammys. Ich denke, das war an dieser Stelle unumgänglich, wurde aber dadurch ganz gut gelöst, dass Michael ihn durch die Manipulation an der Halterung im Schacht nur indirekt getötet hat. Dieses Vorgehen ist meines Erachtens kein Bruch in Michaels charakterlichen Entwicklung. Es ist vielmehr die Konsequenz aus allem, was ihn in den vergangenen Wochen seit seiner Inhaftierung in Fox River geprägt hat. Als Alex ihm noch im Tunnel diese Waffe in die Hand drückte, mit der er zu seiner Verteidigung direkt hätte zustechen sollen, da sah man Michael deutlich an, dass er wußte, dass er das nicht kann.
Linc gegenüber war Michael sehr kalt, da liegt noch einiges im Argen. Nach dieser Szene ist bei mir der Eindruck entstanden, dass sich Michael wahrscheinlich, wenn alles einmal überstanden sein sollte, am liebsten völlig allein auf eine einsame Insel absetzen würde.
Alex und Michael
Nun aber zu den besten Szenen der Folge: Jeder Moment mit William Fichtner! Dabei ist mir nur eine Sache schleierhaft: Wieso ist Alex wieder so fit? Hat er seinen Entzug komplett überstanden? Wie es auch immer zustande kommt, ich bin unsagbar froh, dass wir so coole Szenen zwischen ihm und Michael zu sehen bekommen haben. Er hat den kühlsten Kopf von allen bewahrt und zwar zu jeder Zeit in diesem Chaos. Die Szenen, als er und Michael Whistler klargemacht haben, dass sein Geschwätz niemanden mehr interessiert, waren einfach phantastisch! Sie ähnelten in ihrer zur Schau gestellten Überlegenheit wie ein Ei dem anderen. Dadurch wirkten sie wie ein eingespieltes Team, beinahe schon manchmal wie ein altes Ehepaar. Und als Alex zu Michael sagte, dass "es" (das Töten) niemals einfacher wird, habe ich innerlich jubiliert. Das war zwar noch nicht so viel AlMi-Emotion, wie ich mir wünschen würde, aber es war hoffentlich erst der Anfang!
Linc und Sofia
Linc lässt man endlich mal wieder die Haare wachsen, darüber bin ich froh, weil ich Dominic Purcell bald echt nicht mehr anschauen mochte. Schließlich war "Prison Break" ja doch immer eine Serie, bei der man wenigstens ab und zu auch mal auf Eye-Candy zählen konnte... Offenbar scheinen sich nun bei Linc Gefühle für Sofia zu regen, und um ihn in eine romantische Story einzubinden, ist man sicher nicht schlecht beraten, ihn optisch wieder ein bißchen aufzumöbeln. Also, liebe Maskenbildner, überdenkt bitte mal die Menge an Schweiß, die den Männern dieser Serie so zu Gesichte steht – die Frauen scheinen dieses Problem ja erstaunlicherweise nicht zu haben.
Susan und "Sugar"
Wo wir gerade bei den Frauen sind. So sehr mich Sofia leider auch diesmal wieder gelangweilt hat, so amüsiert war ich von Susan. Sie hatte Lincs und Sucres recht dilettantischen Trick natürlich durchschaut, alles andere hätte mich auch überrascht, und hat sich Sucres Geldnot zu Nutze gemacht, um auch gegen ihn ein Druckmittel in die Hand zu bekommen. Zuerst hat sie Sucre dazu gebracht, ihre Gefährlichkeit zu vergessen, indem sie ihm mit einer hinreißend verspielten Art "Sugar" genannt bzw. Honig um den Bart geschmiert hat. Sucre, der ihren weiblichen Reizen vollkommen unterlegen ist, tappt in die Falle, indem er ihren Scheck arglos annimmt und das Geld sofort an Maricruz überweist, ohne darüber nachzudenken, dass Susan diese Überweisung möglicherweise nachverfolgen würde. Als sie ihn dann dort hat, wo sie ihn haben will, bellt sie ihn förmlich an, wobei ihre wasserblauen Augen eiskalt und beinahe unmenschlich wirken, um ihm klarzumachen, dass er sich nunmehr erpressbar gemacht hat. Jodi Lyn O’Keefe hat diese Facetten wirklich brilliant rübergebracht!
Randnotizen
Bellick sorgte wieder für den ein oder anderen Lacher wegen seinen aufgeblasenen Geschichten, stellt sich aber, als ihm nichts anderes übrig bleibt, doch todesmutig in den Ring, um mit Sammy zu kämpfen. Für einen Moment habe ich geglaubt, wir müssen uns von Wade Williams verabschieden. Erstaunlicherweise bin ich froh, dass dies noch mal abgewendet wurde. Als dagegen Sammy das Zeitliche segnete, entfleuchte mir seltsamerweise nur ein spontanes "Tschö Sammy!" Diesen Charakter werde ich nicht vermissen. Wahrscheinlich weil Laurence Mason ihn so gut gespielt hat. Super war allerdings der Moment, als Sammy im Tunnel den Ausbruchsplan nunmehr durchschaute, und nach allem, was bis dahin passiert war, Lechero wie ein enttäuschtes Kind, dem man sein Spielzeug abgenommen hat, fragte, ob er wirklich ohne ihn hatte gehen wollen.
McGrady hat mich in dieser Folge tief berührt. Bringt all sein Erspartes zu Michael, um mit ausbrechen zu dürfen. Der Junge ist wie ein Welpe, den man knuddeln möchte! Ich denke, Michael wird ihn mitnehmen bzw. ich möchte es schwer hoffen, denn irgendwo in ihm drin muss doch noch etwas von seiner Gutherzigkeit und seinem Bedürfnis, Menschen zu helfen, verborgen sein. Wir hätten damit allerdings auch bald die selbe Anzahl Leute, wie beim Ausbruch aus Fox River. Fraglich, wie eine Flucht der vielen Männer bei der Schießbereitschaft der Wachen vor den Toren Sonas durchführbar sein soll. Der Schacht, den die Männer buddeln, mündet ins freie Feld, und das Überqueren dieses hat ja schon den ersten Fluchtversuch scheitern lassen, als es sich nur um Michael und Whistler handelte.
Fazit
Wo das Ganze hinführen soll, ist mir leider nicht klarer geworden, aber als einzelne Episode hat mir diese Folge endlich wieder großen Spaß gemacht. Bleibt zu hoffen, dass sich sehr bald auch wieder ein Sinn hinter der Geschichte bemerkbar macht.
Nicole Oebel - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Dirt NapErstausstrahlung (US): 21.01.2008
Erstausstrahlung (DE): 05.03.2009
Regie: Michael Switzer
Drehbuch: Matt Olmstead & Seth Hoffman
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