Bewertung
Michael Bublé

To Be Loved

Schon komisch. Für Single-Hits ist Michael Bublé bei uns nicht bekannt. Fünf seiner sechs Studioalben landeten aber bei uns unter den ersten fünf Plätzen. Er ist also einer dieser Album-Sänger. Kommt was Neues von ihm, geht man davon aus, dass das auch auf Albumlänge gut ist. Muss wohl so sein, man kommt ja schließlich nicht umsonst in keinem Kitschfilm oder keiner Kuppelshow um ihn herum. Und irgendwie hört man auch von keinem sonst, der einem diese Art von Musik bringen würde. Komisch.

Foto: Michael Bublé - "To Be Loved" - Copyright: Warner Music Group
Michael Bublé - "To Be Loved"
© Warner Music Group

Mit "solche Musik" würden viele der Bublé-Hörer wohl Swing und Jazz meinen und dabei übersehen, dass der 37-jährige Kanadier sich mit jedem Album mehr dem Pop genähert hat. Das, was Michael Steven Bublé mittlerweile auf Platte presst, ist meilenweit von dem entfernt, was Leute wie Frank Sinatra, Nat King Cole oder Tony Bennett früher so grandios gemacht haben. Das musste unbedingt zu Anfang dieser Besprechung gesagt werden.

Das muss aber auch erst einmal nichts Schlechtes sein. Dass man heutzutage eine Jazz-Scheibe nicht so klassisch halten muss wie Robbie Williams es mit seinem Swing-Projekt oder Deborah Cox es mit "Destination Moon" taten, zeigen spannende und niveauvolle Werke wie Christina Aguileras "Back to Basics", Hamels leider viel zu unbekannte "Nobody's Tune" oder alles von Jamie Cullum (z.B. "The Pursuit"). Es dürfte auch außer Frage stehen, dass Michael diese tendenzielle Stilveränderung bewusst vollzieht – seine eher poppigen Singles hatten in den USA eben den größten Erfolg und so wird er mehr im Radio gespielt und gekauft. Was die Hörer wollen, gibt er ihnen.

Die Hauptfrage ist wie immer die nach der künstlerischen Leistung. Und da steht die Eröffnungsnummer stellvertretend für alle 14 Titel: "You Make Me Feel So Young" hat eine wunderbar spielende Big Band, die richtig Laune macht. Sie spielt aber auch den dreifachen Grammy-Gewinner an die Wand. Er hätte hier eine Stimmleistung wie früher in "The Best Is Yet to Come" oder "I'm Your Man" bringen müssen. Egal ob in den vier Sinatra-Covern, den anderen Klassikern oder den vier Neukompositionen – er tut es nirgends auf dieser Platte.

Seine Musiker spielen durchweg super – kein Wunder, wenn auf der (unheimlich) langen Liste an Mitwirkenden Kaliber wie Abe Laboriel Jr. oder die Dap-Kings zu finden sind. Auch seine Background-Sänger sorgen, sobald sie eingesetzt werden, für großartig soulig-jazzige Untermalung. "To Be Loved" reißt besonders durch sie sogar etwas mit und man freut sich, dass Monsieur Bublé mit diesem Stück und zuvor "Who's Lovin' You" seit seinem 2005er Album endlich mal wieder in die Motown-Kiste greift. Naturally 7 (Interview) dürfen wie auf der Vorgängerplatte erneut ihr stimmliches Können zeigen und das Close-Harmony-Trio The Puppini Sisters ("Betcha Bottom Dollar"), das auch auf "Christmas" vertreten war, mit seinem wunderbaren Gesang "Nevertheless (I'm In Love With You)" zum einzigen Highlight der CD pushen.

Doch Können beinhaltet nicht nur das Verpflichten guter Künstler, es bedeutet auch Emotion und Charme rüberzubringen. Und eben das schafft der Sänger, der über 30 Millionen Einheiten verkauft hat, nicht mal in seinen neuen Liedern. Die größte Stimme hatte Bublé noch nie, doch das hielt ihn früher nicht davon ab, ebenso wie "Leidensgenosse" Tom Gaebel ("Easy Christmas") sein Bestes zu geben. Mittlerweile wirkt er wie ein Möchtegern und in "I Got It Easy" am Ende gar lächerlich bei dem Versuch, einen auf James Morrisons rauchiges Soul-Organ (vgl. "Songs For You, Truths For Me") zu machen.

"After All" ist eine langweilige und vergessenswerte Kooperation mit Bryan Adams – doch ebenso wie in "Something Stupid", das Michael ebenso wie Robbie damals mit einer Schauspielerin singt, schafft er es nicht, die Leistung seines sich in einem fremden Genre befindenden Duett-Partners nach oben zu ziehen. Daran hat sicher auch Produzent Bob Rock Mitschuld, der zwar an den letzten Platten auch mitproduziert hat, an für sich aber nur im Rock zuhause ist.

Die erste Single des Sunnyboys, der auf Konzerten gerne mit F-Wörtern um sich wirft, "It's a Beautiful Day", ist insofern eine perfekte Radiosingle als sie einfach nur für den Moment leicht gute Laune vermitteln mag, ehe man sie nach drei Minuten dann auch nicht wirklich vermisst. Risiko sieht anders aus – deutlicher kann Kalkulation nicht klingen. Würden in dem Song keine Hörner gespielt werden, könnte man übrigens Interpreten wie Take That oder Ronan Keating hinter ihm vermuten (Fast hätte ich auch noch Sasha aufgeführt, allerdings haben dessen Nummern immerhin Schmackes). "Close Your Eyes" könnte die zweite Single werden und wäre als solche auch ganz nett und schön, wenn es nicht mit "Home" und "Lost" zwei ähnliche Songs geben würde, die einfach besser sind. Wie an "Lost" hat hier übrigens die "Dawson's Creek"-Chanteuse Jann Arden ("Living Under June") mitgeschrieben.

Fazit

Schon komisch, wie das, was einen Künstler einst von Anderen unterschied und ihn daher bei den Menschen ankommen ließ, so verloren gehen kann. Während Michael Bublés Demo-Werke und seine ersten zwei Platten beim großen Plattenlabel noch durch unheimlichen Charme bestachen, sticht davon mit jeder Veröffentlichung weniger heraus. Nun, da der Swing immer mehr dem Pop weicht, werden die Angepasstheit und Glattpolierung der bubléschen Musik immer deutlicher. Damit ist "To Be Loved" der perfekte Soundtrack für die Untermalung von oberflächlichen Liebesfilmen wie "Valentinstag" oder "Nur die Liebe zählt"-Inszenierungen. Ganz sicher macht Michael Bublé keine Musik mehr für Streifen wie "e-m@il für dich", "Tatsächlich... Liebe" oder "Griffin & Phoenix", also für Werke mit Charme, Gefühl und Tiefgang. Komisch, dass auch deren Zeit vorbei zu sein scheint.

Anspieltipps

It's a Beautiful Day

Who's Lovin' You

Close Your Eyes

To Be Loved

Nevertheless (I'm In Love With You)

Artistpage

MichaelBuble.Com

Tracks

1.You Make Me Feel So Young
2.It's a Beautiful Day
3.To Love Somebody
4.Who's Lovin You
5.Something Stupidfeaturing Reese Witherspoon
6.Come Dance with Me
7.Close Your Eyes
8.After Allfeaturing Bryan Adams
9.Have I Told You Latelymit Naturally 7
10.To Be Loved
11.You've Got a Friend in Me
12.Nevertheless (I'm in Love with You)featuring The Puppini Sisters
13.I Got It Easy
14.Young at Heart

Micha S. - myFanbase
09.05.2013

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